Fall Kiesewetter:

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Opium fürs Volk?

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3.9.2013 - Wer den Abschlußbericht des sog. NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags zum Komplex “Kiesewetter” aufmerksam durchliest, muß feststellen, daß dieser zahlreiche Ungereimtheiten offenbart.

Obendrein erweist sich der Aussagewert als mit Vorsicht zu genießen.
Jetzt wird zwar beispielsweise eine darin erwähnte Zeugin bekannt, die entgegen den stets medial verbreiteten Behauptungen, niemand habe Schüsse gehört, doch zwei Schüsse gehört zu haben angibt. Doch dürfte dieser Bericht nicht nur zu dieser Feststellung noch nicht der Weisheit letzter Schluß sein, denn uns ist auch bekannt, daß ein weiterer Zeuge, der zum Tatzeitpunkt ebenfalls Schüsse gehört hat, nicht einmal protokolliert wurde.

"Nicht nur dazu stellt sich die Frage nach dem ‘Warum’, was in Zeiten von Wikileaks und Snowdon nicht einmal mehr überrascht. Nach wie vor bleibt unsere Forderung nach einem eigenen baden-württembergischen Untersuchungsausschuß bestehen”, erklärt Alfred Dagenbach abschließend, “insbesondere deshalb, weil man sich gerade in Heilbronn in verdächtig vorauseilendem Gehorsam schnellstens bemüht hat, am Tatort im Widerspruch zu allen rechtsstaatlichen Gepflogenheiten den Tathergang fest zu dokumentieren.”

Verwunderlich bleibt insbesondere, weshalb niemals die umstrittenen Phantombilder veröffentlicht wurden und keines der Bilder des verdächtigen "Mordtrios" mit den Erinnerungen der Zeugen korrespondiert - und viele weitere Punkte, wie die Frage, ob die Polizei womöglich weisungsgebunden mit angezogener Handbremse ermittelt hat und weshalb. Vieles andere wurde der Öffentlichkeit nämlich zu lange aus angeblich "ermittlungstechnischen Grründen" falsch dargestellt, so daß man immer noch nicht weiß, was Wahrheit, Dichtung oder gar "Opium, für's Volk" ist - siehe auch Der Sumpf.

Damit zum uns interessierenden Komplex des Mordanschlags die Darstellung des der Tatortes Heilbronn im Untersuchungsbericht des sog. NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags (Drucksache 17/14600) transparenter wird, veröffentlichen wird hier die wichtigsten diesbezüglichen Aussagen dazu.

 

Anm.: Der Text ist gescannt, Übertragungsfehler daher nicht auszuschließen. Auf die Wiedergabe von Fußnoten wurde verzichtet. <...> sind Hinweise auf die Fundstellen im Online-Bericht, in (Klammern): Punkte im Bild.

 

<S. 71/72>

[...]

Schließlich fielen zwei Polizeibeamte dem NSU zum Opfer:

Am 25.April 2007 töteten die Täter die 22 - jährige Polizeimeisterin Michèle Kiesewetter und ver letzten ihren Kollegen, den zur Tatzeit 24 - jährigen Polizeimeister Martin A., schwer.
Kurz vor 14 Uhr traten die Täter von hi nten an den neben dem Trafohäuschen auf der Theresien - wiese in Heilbronn geparkten Streifenwagen heran, in dem Michèle Kiesewetter auf der Fahrerseite und Martin Aauf der Beifahrerseite bei geöffneten Fahrzeugtüren Pause machten.
A us kürzester Entfernung gaben sie j eweils von schräg hinten Kopfschüsse auf die ahnungsl osen Beamten ab und nahmen ihnen ihre Dienstwaffen, drei Magazine, Handschellen, ein Reizstoffsprühgerät, eine Taschenlampe und ein Multifunktionswerkzeug ab.
Michèle Kiesewetter starb an den Folgen des Kopfschu sses aus der Pistole Radom, Mod. VIS 35, Kaliber 9 mm Luger noch am Tatort, Polizeimeister A., den eine Kugel a us der Pistole TOZ, Modell TT 33, Kaliber 7,62 mm Tokarew, getroffen hatte, konnte durch intensivmedizinische Behandlung gerettet werden.

<S. 275>

a) V - Mann Q1

Q1 war aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit in der Lage, im gesamten Bundesgebiet unterwegs zu sein.
Der Zeuge G.B. hat zum Werdegang von Q1 bis zu seiner Anwe rbung als V - Mann des BfV in den 1990er Jahren berichtet, dass er um den Zeitpunkt der Wende, also Anfang der 1990er Jahre, sein Elternhaus verlassen habe und erstmal „ein bisschen in der Republik unterwegs gewesen“ sei.
Während dieser Zeit habe er auch Kontakt zur rechten Szene bekommen und sei dann über verschiedene recht sextremistische Organisationen in Kontakt zu einer später verbo tenen neonazistischen Organisation gekommen.
Der Fü hrer dieser Gruppe habe ihn dann sozusagen in die Zentrale geholt.
Das sei Anfang der 1990er Jahre gew esen.
Danach habe er sich mit dem Anführer überworfen und habe sich schließlich an die Polizei eines Bundesla ndes gewandt mit dem Hinweis, er könne der Po lizei einige wertvolle Informationen liefern, wenn diese ihm auch helfen.
Er sei dann von verschiedenen Sicherheitsbehö rden in verschiedenen Bundesländern weitergereicht wo rden und dann schließlich durch ein LfV als Informant gew orben worden.
Im Folgejahr sei er dem BfV überg eben worden.
Seit den 1990er Jahren sei also das BfV mit der Quellenführung bedacht und habe ihn später zum V - Mann hochgestuft.
Q1 sei in den Jahren 1997/1998 zur Beobachtung der rechtsextremistischen Internetszene eingesetzt worden.
Das BfV habe die Internetaktivitäten von Q1 zunächst nicht überwacht, da das BfV keinen Zugriff gehabt habe.
Als jedoch gegen ihn wegen der Einstellung von histor ischen Bildern auf der Homepage ein Ermittlungsverfa hren eingeleitet und er auch wegen Verwend ens von Ken nzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt worden sei, habe das BfV die Internetaktivitäten des Q1 so organisiert, dass nichts mehr ohne Kontrolle durch das BfV eingestellt werden habe können.
Vor einigen Jahren sei jedoch erneut ei ne rechtskräftige Verurteilung erfolgt, weil Q1 Individualrechtsgüter Dritter durch Ve röffentlichung von deren personenbezogenen Daten ve rletzt habe.
Diese Personen hätten Strafantrag wegen der Verletzung des Rechts am eigenen Bild gestellt.
Das BKA bezei chnete Q1 als Namensgeber und Initiator einer neonazistischen Gruppierung.
Annähernd während des gesamten Untersuchungszei traums – mit einer Unterbrechung – war Q1 als V - Mann des BfV tätig.
Der Zeuge G.B. hat angegeben, dass ihm persönliche Kontakte vo n Q1 zu „Combat 18“ nach England nicht bekannt seien.
Allerdings habe es über das Internet Ko ntakte gegeben, die Q1 an das BfV weitergegeben habe.
Bemerkenswert an der Quelle ist, dass Q1 als einzige Quelle des BfV zumindest einmaligen Kontakt mit einem M itglied des Trios hatte, sein Name auf Kontaktlisten des Mundlos eingetragen ist, er im Auftrag des BfV Kontakt zum Herausgeber der Fanzine Der Weisse Wolf hatte, in dem sich im Editorial des Heftes 18 aus dem Jahr 2002 die bekannte Danksagung an den NSU f indet und er auch im Bereich KKK aktiv war, zu dem möglicherweise ein Bezug im Zusammenhang mit dem Mord und versuchten Mord in Heilbronn am 25. April 2007 besteht.

<Bl.. 510>

Im Brandschutt der Frühlingsstraße 26 in Zwickau wurden außerdem Stadtpläne von Heilbronn, Ludwigsburg und Stuttgart mit Markierungen verschiedener Örtlichkeiten aufgefunden.
Diese Pläne waren ab 2003 bis 2006 im Handel.
Die Ermitt lungsgruppe Rechts, die am 17. November 2011 zur Aufklärung möglicher Bezüge zu relevanten Personen und Gruppierungen aus dem NSU - Verfahren eing erichtet wurde, 4106 gelangte zu der Bewe rtung, dass es sich bei den Markierungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um mögliche Anschlag sziele in Baden - Württemberg handelte, die ausgespäht wurden, was mit dem Campingplatzaufenthalt und dem Aufent halt in der Nordbahnhofstraße in Stuttgart korrespondiert.

<S. 463>

d) Kontakte des Trios zu weiteren Personen aus der rechten Szene in Baden - Württemberg

In einem Bericht v om 24. Januar 2013 teilte das LKA Baden - Württemberg mit, dass es Kontakte des NSU oder dessen Umfelds auch in die Regionen Heilbronn, Schw äbisch Hall, Rems - Murr - Kreis und Stuttgart gegeben h aben soll.
Auch soll sich das Trio bereits vor der Tat in Heilbron n aufgehalten haben.
Eine abschließende Bewe rtung könne diesbezüglich jedoch zum derzeitigen Zei tpunkt noch nicht abgegeben werden.

<S. 464>

In den aktuellen Ermittlungsakten zum Heilbronner Polizistenmord findet sich der Hinweis eines Zeugen ( F.H., als Mitläufer der rechten Szene zugeordnet), wonach es in Deutschland neben dem NSU als „zwe i te radikalste Gruppe“ die „Neoschutzstaffel“ (NSS) gebe.
NSU und NSS hätten sich – Datum u nbekannt – zu einer gemeinsamen Veranstaltung in Öhringen (B aden - Württemberg ) getroff en.
Der Hi nweis konnte nicht verifiziert werden.

<S. 466>

b) Mangelnder Zugang des LfV Baden - Württemberg zur rechten Szene im Raum Ludwigsburg

Der Zeuge Dr. Rannacher , der von 1 995 bis 2005 das LfV Baden - Württemberg leitete, hat dargelegt, dass sich die Zugangslage in Ludwigsburg für das LfV ausgespr ochen schwierig gestaltete: „Das Problem war nicht zuletzt auch - wenn ich noch einen anderen Ort nennen kann: Ludwig sburg - die Zug angslage, die sich für uns teilweise ausgesprochen schwie rig gestaltet hat.
Wir haben natürlich Wer bungsversuche gemacht, wobei wir uns von vornherein im Klaren waren, dass es in der Skinhead - Szene ausgesprochen schwierig und problematisch vor allem auch ist, hier V - Leute zu führen, Stichwort ‚ Alkohol ’ , Stich wort ‚ Gewaltb ereitschaft ’.Das heißt, wir sind hier mit einer e rhe b lichen Vorsicht ans Werk gegangen.
Leute, wo wir meinten, die sind nicht führbar, etwa wegen zu großem Alko holgenuss oder zu starke r Gewaltb ereit schaft, sind von vornherein ausgeschaltet oder ausgesondert worden.
Wir haben auch in den von Ihnen zitierten Räumen Versuche gemacht.
Ich bin jetzt nicht in der Lage, noch zu sa gen, i nwieweit das von Ihnen genannte Ge biet Mo sbach/Heilbro nn damals positiv ab gedeckt war.
Das habe ich schlicht und ein fach nicht mehr präsent.
Ich weiß nur, dass gerade der Großraum Stut tgart/Ludwigsburg immer ein - ja, ich will nicht s agen - weißes Gebiet blieb, aber jedenfalls ausg esprochen schwierig - vo n der VP - Führung her dort überhaupt Informanten zu gewinnen.“ 4141 Die Zeugin Neumann, die von 1993 bis 2011 Referatsle iterin für den Bereich Rechtsextremismus im LfV Baden - Württemberg war, hat bestätigt, dass das LfV Baden - Württemberg im Raum Ludwigsburg nich t genügend Informationen erhalten habe.
Auch in Stuttgart hätten sie sich gewünscht, mehr Informationen zu bekommen.
Dies sei aber leider nicht der Fall gewesen.
Das Problem des mangelnden Zugangs in einigen Regi onen hat der Zeuge Dr.
Rannacher wie folgt bewertet: „Ich muss allerdings sagen - das muss in Gottes Namen auch akzeptiert und toleriert werden - : Auf Teufel komm raus irgendeinen Zugang zu scha ffen, nur um vielleicht mehr oder weniger unzuve rlässige Informationen zu erhalten, das kann es ja auch n icht sein.
Und ich sage Ihnen jetzt etwas, was Sie mir vielleicht um die Ohren hauen: Wir sind nicht allzuständig im Land.
Ich bekenne mich zu den weißen Flecken, weil ich zumindest nie den Ehrgeiz hatte, das Land nun dicht mit einem Netz zu überziehen, da ss uns also gar nichts entgeht.
Dass das hier tragische For men angenommen hat, zumindest in anderen Ländern und ja dann am E nde bei uns auch in Heilbronn, das ist die ganze Tragik der Situation.“

 

<Bl. 516>

g) Hinweisgeber Günter Stengel (Vorgang Erbse)

aa) Sachverhalt

Am 23. November 2011 wandte sich Günter Sten gel , ein ehemaliger Mitarbeiter des LfV Baden - Württemberg, an das BKA und gab an, Erkenntnisse bezüglich der Vo rgänge Heilbronn und Rechtsterrorismus zu haben.
Gegenüber dem BKA trug er im Folgenden vor, bereits 2003 von einem Informanten Informationen u.a. zu Mundlos und einer Organisation namens NSU erhalten zu haben.
Der Kontakt sei damals über einen Pfarrer in Flein/Heilbronn zustande gekommen.
Der Informant habe außer zu Rechtsradikalen in Thüringen auch über einen Mossad - Agenten und einen ungeklärten Mordfall in Stuttgart berichtet.
Der Kontakt des Informanten zu rechtsradikalen Kreisen aus Thüringen sei während einer Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal zusta nde gekommen und danach fortgesetzt worden.
Der Info rmant habe zu einem spätere n Zeitpunkt Mundlos in Th üringen aufgesucht.
Dieser sei im Gegenzug auch 2003 in Heilbronn gewesen.
Der Informant sei seinerzeit als „nicht seriös“ eingestuft worden.
Im Jahr 2005 habe sich der Informant an den damaligen Vorsitzenden des Bu ndestagsi nnenaus schusses, Abg.
Edathy, gewandt, was zu einer Berichterstattung an das BfV geführt habe.
Im Ve rmerk des BKA zu Herrn Stengel wurde festgehalten, dass dieser einen sehr glaubwürdigen Eindruck gemacht h abe.
In seiner hieraufhin durchgeführten Zeugenvernehmu ng am 25. November 2011 führte Herr Stengel ergänzend aus, sein Informant sei zwei - bis dreimal von seinen Th üringer Freunden in Heilbronn besucht worden.
Bis auf den Namen Mundlos erinnere er sich aber an keinen Namen mehr, den sein Informant genannt habe.Der Informant habe angegeben, dass die Thüringer mit ihm in Heilbronn eine Gruppe hätten aufbauen wollen, deren Finanzierung über Banküberfälle erfolgen sollte.
Des Weiteren habe man auch gegen Ausländer vorgehen wollen.
Konkret sei die Rede davon gewese n, „Ausländer plattzumachen“ oder sie zu einem Wohnortwechsel zu zwingen.
Die Th üringer seien der Meinung gewesen, dass es an der Zeit sei, aus der Planungsphase in die Aktionsphase einzutreten.
Sie seien an den Informanten herangetreten, um dessen gute Or tskenntnisse in Nord - Württemberg zu nutzen.
Ergänzend erklärte Herr Stengel während der Zeugenve rnehmung, er habe 2003 zu den vom Informanten genan nten drei Themen jeweils einen Bericht geschrieben.
Die Berichte seien aber nach Überprüfung durch den damal igen Hausjuristen im LfV Baden - Württemberg aus date nschutzrechtlichen Gründen und aufgrund der Vorgaben des Verfassungsschutzgesetzes vernichtet worden.
Das Wesentliche habe er in einem drei oder vier Seiten umfa ssenden Bericht zusammengefasst, der noch bei m LfV Baden - Württemberg verwahrt sein müsse.
Seines Erac htens müsse der Bericht in einem Ordner beim „persone llen Geheimschutz“ abgelegt sein.
Dies sei ein Ordner für Mitteilungen von offenbar verwirrten Personen.
 Am 29. November 2011 wurde der Pfarrer, a n den sich der Informant seinerzeit gewandt hatte, als Zeuge ve rnommen.
Er konnte sich noch daran erinnern, dass ein Mann sich in dem Zeitraum zwischen 2001 und 2003 an ihn gewandt hatte, meinte aber, dass nicht vom Thema Rechtsextremismus gesprochen worde n sei.
Er könne nicht ausschließen, dass der Name Mundlos gefallen sei.
Das Kürzel „NSU“ habe er bis vor K urzem nicht g ekannt.
In einem Vermerk vom 12. Januar 2012 hielt das BKA fest, dass eine Vernehmung des Pfarrers keine weiterführenden Informationen o der Ermittlungsansätze ergeben hätte.
Außerdem sei O. niemals in der JVA Bruchsal inhaftiert gewesen.
In seiner Vernehmung am 2.Dezember 2011 bestätigte der damalige Informant, Herr O ., mit Herrn Stengel vom LfV Baden - Württemberg gesprochen zu haben.
Er gab aber an, keine Erkenntnisse zu Verbindungen von Recht sextremisten aus dem Raum Heilbronn in die neuen Bu ndesländer zu haben.
Auch habe er keine Kontakte zu rechtsradikalen Personen aus Thüringen gehabt.
Der N ame Mundlos sage ihm nichts. Den Begriff NSU kenne er nur im Zusammenhang mit „Audi - NSU“.
Bei dem G espräch mit Herrn Stengel sei weder der Name Mundlos noch der Begriff NSU gefallen.
Der Informant räumte allerdings ein, unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu leiden, da er während seiner Tätigk eit in der JVA Ha nnover als Tischler Möbelteile mit isozyanathaltigem Zweikomponentenlack lackiert habe.
Am 9. Dezember 2011 wandte sich das LKA Baden - Württemberg im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zum NSU schriftlich an das LfV Baden - Württemberg mit Fra gen zu diesem Sachverhalt.
In einer Stellungnahme vom 29. Dezember 2011 an das LKA Baden - Württemberg teilte das LfV Baden - Württemberg mit, dass es den von Herrn Stengel behaupteten Sachverhalt nicht bestätigen könne.
In dem als „Verschlusssache – Vertra ul ich – amtlich geheimgehalten“ eingestuften Vermerk aus dem Jahr 2003 über das Gespräch mit Herrn O.
seien keine Hinweise auf den „Thüringer Heimatschutz“ , den NSU, Mundlos oder andere rechtsextremistische oder rechtsterroristische Aktivitäten im Raum Heilb ronn oder anderswo zu finden.
Bei dem Informanten, Herrn O. ha ndele es sich um eine verwirrte Persönlichkeit, deren Glaubwürdigkeit als nicht sonderlich hoch einzustufen sei.
Am 13. Januar 2012 kam es zu einem Informationsau stausch zwischen Kollegen des LKA Baden - Württemberg und des LfV Baden - Württemberg.
Anlässlich dieses G espräches wurde den Kollegen der betreffende Aktenve rmerk von Herrn Stengel aus dem Jahr 2003 vorgelegt.
In einem Aktenvermerk des LfV Baden - Württemberg zu diesem Gespräch heißt es: „G leich zu Beginn des Treffens wurde den Koll egen der betreffende Aktenvermerk vorgelegt.
Sie bestätigten nach dessen Kenntnisnahme, dass Herr O. bei seiner Vernehmung auf Grund des Hinwe ises von Herrn Stengel keinerlei Angaben zur NSU bzw. zu einer Person n amens ‚ Mundlos ’ machen konnte.
So habe er wohl glaubhaft versichert, w eder zur Organisation noch zu in diesem Umfeld handelnden Personen je Kontakt gehabt zu haben.
Die Kollegen [....] betrachteten die Spur somit als ausermittelt und erledigt.“

Tatsächlich enthält der Vermerk des Herrn Stengel vom 12. August 2003 keine Hinweise auf den heute von ihm behaupteten Sachverhalt.
Vielmehr befasste sich der Vermerk mit anderen Sachverhalten, wie beispielsweise den Kontakten des Informanten zum isrealischen G eheimd ienst Mossad.
Abschließend führte Herr Stengel in dem Vermerk aus: „Herr Torsten O. hat nach Meinung von UZ.
Pro bleme bei Wahrnehmungsempfindungen und zeigt deutlich Symptome, die auf Realitätsverlust in B ezug auf Geschehensabläufe hindeuten.
Er mischt off enbar Gelesenes mit z.T. Erlebtem und fügt di ese Erkenntnisse zu seiner Wahrheit zusa mmen.“ 4179 In seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss hat der Zeuge Stengel ausgesagt, er könne sicher beze ugen, dass die beiden Begriffe, der Name Mundlos und die O rganisation NSU, während des Gespräches mit dem Informanten gefallen seien.
An den NSU könne er sich deshalb gut erinnern, weil es das alte Kennzeichen von Neckarsulm sei.
Der Name Mundlos sei ihm in Erinn erung geblieben, weil sie darüber einen Spaß gema cht hätten.
An fünf weitere Namen, die sein Informant g enannt habe, könne er sich dagegen nicht mehr eri nnern.
Er müsse aber zugeben, dass er dem Informanten damals nicht geglaubt habe.
Er habe damals drei B erichte gefertigt.
Einer habe sich mit der Moss ad - Sache, einer mit dem Rotlichtmilieu und einer mit dem Rechtse xtremismus befasst.
Die Juristen im LfV Baden - Württemberg hätten die Berichte geprüft.
4184 Sie hätten ihm gesagt, es entspreche nicht dem Datenschutz diese Daten zu erheben.
Das LfV beobachte nur Institutionen, die vom Innenministerium genannt worden seien, und registriere keine Einzelpersonen.
Er habe die Berichte daraufhin wieder vernichtet.
Das Einzige was er habe erreichen können, sei eine NADIS - Speicherung gew esen.
Der Zeuge Stengel hat wei terhin dargelegt, der Informant sei mit seinen Behauptungen an viele andere Personen und Institutionen, u.a.
an Abgeordnete, das Justizminist erium, den Auswärtigen Ausschuss und das Regierung spräsidium, herangetreten.
4186 Außerdem habe der Info rmant hierzu ei n Buch geschrieben, das er u.a.
auch an den damaligen Vorsitzenden des Bundestagsinnenausschu sses, Abg.Edathy , geschickt habe.
Anhaltspunkte dafür, dass das Buch tatsächlich existiert, hat der Ausschuss nicht finden können.
Der Zeuge Stengel hat ausgefüh rt, nach der Übersendung des Buches an den Vorsitzenden des Bundestagsinnenau sschusses sei ein Kollege vom BfV, der dort Mitglied des Leitungsstabes des Präsidenten gewesen sei, aufgrund der NADIS - Speicherung im Jahr 2005 an ihn herangetreten und habe ihn um Informationen zu dem Informanten gebeten.
Diese habe er ihm zur Verfügung gestellt, was eine Rüge seines Vorgesetzten und des Präsidenten zur Folge gehabt habe, da er es versäumt habe, den Vo rgang zuvor juristisch von dem Hausjuristen des LfV B aden - Wür ttemberg prüfen zu lassen.
Von dem Sachve rhalt seien aufgrund verschiedener Besprechungen der damalige Referatsleiter, der Abteilungsleiter und der damalige Präsident unterrichtet gewesen.
 Ein G espräch mit dem Präsidenten Schmalzl habe im Jahr 2005 statt gefunden.
 

bb) Bewertung des Sachverhaltes durch die Zeugen Dr.Rannacher, Schmalzl und Neumann

Der Zeuge Dr. Rannacher hat erklärt, Herr Stengel sei ein qualifizierter Beamter des gehobenen Dienstes mit viele rlei Erfahrungen gewesen.
Er könne insofern dessen B ehauptungen nicht abschließend bewerten.
Es ergäben sich aber aus seiner Sicht eine ganze Reihe erheblicher Zwe ifel an dem Wahrheitsgehalt dieses Sachverhaltes. Zum einen hat er ausgeführt, dass die Person des Hinweisg ebers nicht unproblematisch gewesen sei.
Dieser sei im Grunde genommen nicht führbar gewesen, weil er über das Ziel hinausgeschossen sei und selbst Dinge erfunden habe.
So habe der Hinweisgeber eine Aktion angekündigt, die sich so nicht bestätigt habe, was dazu geführt habe, dass man nach Ab sprache mit dem Landeskriminalamt die Zusammenarbeit mit dem Hinweisgeber nach wenigen Monaten aufgegeben habe.
Weiterhin hat er zur Person des Hinweisgebers ausgeführt: „Er hat es, wie gesagt, dann immer wieder probiert und kam mit den absonderlichsten I nformation en, die immer absonderlicher wurden.
Er glaubte, den Palme - Mord aufklä ren zu können.
Er glaubte, den Barschel - Mord aufklären zu können, und hat sich mit solchen Information en sowohl an uns als auch, glaube ich, an eine Vielzahl, wie das ja häufi g der Fall ist, von anderen Institutionen - prominenten - gewandt, sodass wir also jeg lichen Kontakt abg ebrochen hatten.“ 4193 Zudem hat der Zeuge Dr.
Rannacher ausführlich darg elegt, dass die Darlegungen von Herrn Stengel , wonach er sich mit dem Hausjuriste n unterhalten habe, welcher ihm abgeraten habe, die Hinweise in den Bericht aufzune hmen, vollständig der Arbeit des LfV Baden - Württemberg widersprächen.
Im E inzelnen hat er folgende Argumente vorgetragen: „Wenn es einen Vorgang gab, etwa so bei einer Befra gung mit verschiedenen Kompo nenten, etwa hier Spionageabwehrbereich plus Rechtsextremi smus, dann hätte es nach uralter Tradition zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder der Vermerk wird in doppelter Ausfertigung gemacht - einer geht in die Ab teilung Spionag eabwehr, der andere zum Bereich Rechtsextremismus - , oder man hätte einen zweiten Vermerk gemacht und hätte den an den Bereich Rechtsextremis mus geschickt.
Nachdem in dem Vermerk, den er nun abgeliefert hat damals, überhaupt nichts drinsteht, unterstelle ich mal, dass dies da mals auch nicht der Fall war; aber ich kann es letztlich nicht mit Gewissheit s agen.
Wenn er nachgefragt hätte, dann hätte natü rlich nahegelegen, nachdem es ja angeblich um rechtsextremistische Bestrebungen hätte gehen so llen, im Bere ich Rechtsextremismus der ‚Auswe rtung‘ nachzufragen, und spätes tens dann - ich glaube, der Name Mundlos soll ja gefallen sein - hätte man über eine banale NADIS - Abfrage, selbst wenn man den Namen vielleicht nicht präsent ha tte, erkennen können: Tatsächlic h, der ist ja ge - speichert über Thüringen; das heißt, da muss mö glicherweise was dran sein.
Also, der Weg, den er beschritten haben will, wäre völlig ungewöhnlich: Aber ich kann hier nicht d efinitiv sagen: Das stimmt nicht, was er gesagt hat.
- Es wäre nur sehr unge wöhnlich und für mich de shalb insgesamt in der Summe sehr zweifelhaft.“ 4194 Der Zeuge Schmalzl , der ab August 2005 Präsident des LfV Baden - Württemberg war, hat ausgesagt, er könne sich nicht daran erinnern, dass ein Gespräch während seiner Amtszeit mit Herrn Stengel zu diesem Vorgang stattgefunden habe.
Herr Stengel sei krankheitshalber auf eigenen Wunsch wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden.
Die Zeugin Neumann , die von 1993 bis 2011 Referatsle iterin für den Bereich „ Rechtsextr emismus/Auswertung “ im LfV Baden - Württemberg war, hat erklärt, sie wolle die Angaben von Herrn Stengel nicht bewerten.
Wenn er aber die Informationen in Kombination der Begriffe „Mundlos“ , „NSU“ und „Thüringen“ gegeben hätte, dann hätte dieser Vorgang auf ihrem Schreibtisch oder dem ihrer Mitarbeiter landen müssen.
Dann wären bei ihnen alle Alarmglocken angegangen und sie hätten den Fall dem LfV Thüringen zukommen lassen.


cc) Vorwurf der Verletzung des Dienstgehei mnisses

Die Stellungnahme des LfV Baden - Württem berg vom 29. Dezember 2011 an das LKA Baden - Württemberg enthielt den Hinweis, dass sich Herr Stengel durch seine Aussage bei der Polizei wegen der Verletzung des Dienstgehei mnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht nach § 353b StGB strafbar gemach t haben könnte.
Den Akten ist weiterhin zu entnehmen, dass sich das für den personellen Geheimschutz zuständige Referat bereit erklärte, ein Gespräch mit Herrn Stengel zu führen, um ihn an seine Pflichten zu erinnern, wobei man die Frage, ob dieser sich nach § 353b StGB strafbar gemacht habe, eher verneinte.
Konkret wurde in einer internen E - Mail des Verfassungsschutzes unbekannten Datums ausgeführt: „Gleichwohl halte ich es, wie bereits eingangs g esagt, für vernünftig, ein persönliches Gespräch mit Herrn Stengel zu führen.
Vielleicht kann man ihn auf diese Weise veranlassen, sich zunächst einmal an unser Amt zu wenden, bevor er seine spekulat iven Einschätzungen an die Polizei weitergibt und so einen erheblichen Arbeitsaufwand veru rsacht.“
Krit ik ist im A usschuss daran geübt worden, dass es nicht im Sinne eines gemeinsamen Interesses an einer Aufkl ärung sei, auf die eventuelle strafrechtliche Verantwortung hinzuweisen, wenn ein ehemaliger Mitarbeiter des Ve rfassungsschutzes sich nach dem 4. November 2011 a n die Polizei wende.
Der Zeuge Stengel hat hierzu bei seiner Vernehmung vor dem Ausschuss erklärt, es sei im Nac hhinein betrachtet ein Fehler gewesen, dem BKA einen Hinweis zum NSU gegeben zu haben.


dd) Einsichtnahme in Haftakten

Mit dem Ziel, offen gebliebene Fragen zur Aussage des Zeugen Stengel zu klären, hat der Ausschuss beim Ju stizministerium Baden - Württemberg die Haftakten des damaligen Hinweisgebers O.durch Beweisbeschluss angefordert.
Aus diesen ergibt sich, dass O.in der Zeit des Bestehens des NSU z wischen 1998 und 2011 in ke iner Justizvollzugsanstalt des Landes in Haft war  – dort also auch nicht, wie laut der Aussage des Zeugen Stengel behauptet, von Mundlos besucht worden sein konnte.

3.Kenntnisse des Staatsschutzes Baden - Württemberg zum Trio, zu se inem Unte rstützerumfeld und zu Bezügen des Trios nach Baden - Württemberg

a) Allgemeines zur Beobachtung der rechten Szene in Baden - Württemberg durch den Staatsschutz

Der Zeuge KD Rück , der vom 1.Oktober 1999 bis zum 6.Oktober 2005 Leiter der auch für Rechts extremismus zuständigen Inspektion „Auswertung/Information “ in der Abteilung „Staatsschutz“ des LKA Baden - Württemberg war,  hat ausgeführt, maßgeblich sei im Großraum Stuttgart bzw. Heilbronn/Ludwigsburg Anfang der 2000er Jahre im Bereich des Rechtsextremi smus eine Gruppi erung namens „Furchtlos & Treu“ gewesen.
Hierbei habe es sich um eine Organisation gehandelt, in der Personen aktiv gewesen seien, die sich zuvor bei „Blood & Honour“ bis zu deren Verbot engagiert hätten.
Diese Organisation sei insbesonder e mit repressiven polizeil ichen Mitteln bekämpft worden.
Ihre Aktivitäten seien intensiv überwacht worden.
Für ein Verbot habe es seines Wissens nie gereicht.
Eine Musikband, die der Staatsschutz besonders im Blick gehabt habe, sei die Band „Noie Werte“ gewesen.
Ein Kriterium in der Bekämpfungskonzeption in Baden - Württemberg sei gewesen, jedes Skin - K onzert und rechtsgerichtete Konzert möglichst zu unterbinden.
Im Raum Stuttgart/Ludwigsburg habe der Staatsschutz keinen guten Zugang der Szene über V - Perso nen gehabt.
Zu den Gründen hierfür hat er ausgeführt: „Es ist immer schwierig, Personen in bestim mten - oder im Umfeld zu gewinnen.
Das hängt manch mal von Unwägbarkeiten ab, wie in der Szene grundsätzlich gedacht wird, in einer regi on a len Szene.
Oder: W enn eine regio nale Szene r elativ klein oder klein ist und in sich stark verw oben, ist es schwieriger, dort jemanden herausz ubrechen, als wenn Sie viel - wie soll ich sagen? - Laufkundschaft in diesen Gruppen haben.“  Eine Zusammenarbeit mit Thüringen und/ oder Sachsen bei Ermittlungsverfahren habe es nicht gegeben.
Ledi glich bei einem Ermittlungsverfahren wegen einer Nac hfolgeorganisation von „Blood & Honour“ habe es Ko nta k te zu sechs Staatsanwaltschaften in der übrigen Repu blik und damit u.a. auch nach Ger a gegeben.
Was dort konkret im Einzelnen passiert sei, könne er nicht s agen.
 

 b) Kenntnisse des LKA Baden - Württemberg zum Trio und zum Unterstützerumfeld

Der Zeuge KD Rück hat ausgeführt, vor dem 4.Nove mber 2011 habe er keine Berührungspunkte zu dem Trio ge habt.
Er sei nie mit einer Adressliste konfrontiert wo rden, welche bei der Durchsuchung der Garage von Böhnhardt in Thüringen gefunden worden sei.
In alten Sachakten, die er zur Vorbereitung der Zeuge neinvernahme gelesen habe, seien ihm die Namen Michael E.und Hans - Joachim S. begegnet.
Von Kontakten zwischen Chemnitzer und Ludwigsburger Rechtsextr emisten habe er nichts mitbekommen.
Der Name Markus F.sage ihm nichts.

Auch könne er sich nicht an eine Erkenntnisabfrage zu Rechtsextremisten erinnern, die i hren Wohnsitz nach Baden - Württemberg verlegt hä tten.
 

c) Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens zu „Blood & Honour“ gewonnene Erkenn tnisse

Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens zu „Blood & Honour“ wurden in den Jahren 2003 bis 2006 u.a.Ma ßnahmen der Telekommu nikationsüberwachung durchg eführt.
In diesem Zusammenhang wurde mehreren B eschuldigten vorgeworfen, zumindest eine Teilorganisation der verbotenen Vereinigung mit dem Ziel aufrechtzue rha l ten, die alte Organisation wiederzubeleben.
Bei den Recherchen zu den Beweisbeschlüssen BW - 2 und BW - 8, mit denen nach Einsätzen operativer nachrichtendienstl icher Mittel oder verdeckter polizeilicher Ermittlungsma ßnahmen zu Personen der sog.
„41er Liste“ gefragt worden war, ergaben sich Bezüge von Beschuldigten aus dem Ermi ttlungsverfahren „Blood & Honour“ des LKA B aden - Württemberg zu Beschuldigten aus dem Verfahren des Generalbundesanwalts zum NSU bzw. zu Personen der sog. „41er - Liste“.
So gab es folgende fünf Treffer zu Ralf Wohlleben , der Beschuldigter im Verfahren des GBA gegen den NSU ist:

– Ralf Wohlleben war Anschlussinhaber der Rufnu mmer 03641 /211xxx , 07747 Jena, Jenaische Straße 25.
– Bei einer Wohnungsdurchsuchung beim Beschuldi gten K.wurde eine CD aufgefunden, auf welcher in einem Worddokument mit der Bezeichnung „ e - mailadressen“ zwei Mal der Eintrag „Kontakt@ralf - wohlleben.de“ festgestellt wurde.– Das LKA Baden - Württemberg wertete aufgrund des Kontaktes des Beschuldigten André K apke zu einem Beschuldigten H. eines Ermittlungsverfahrens der P o lizei Ludwigshafen die Mo biltelefoneinträge des H. aus.
Hierbei wurde unter dem Namen André Kapke die Festnetznummer 03641 /211xxx von Ralf Wohlleben sowie unter dem Namen Ralf die Hand ynummer 0163 /2475xxx , deren Anschlussinhaberin die Ehefrau von Ralf Wohlleben war , festgestellt.
Die Ehe besteht seit 2005.Eine Liste mit ermitte lten Anschlussinhabern enthält außerdem ebenfalls den Eintrag Ralf Wohlleben , Jenai sche Straße 25, 07745 Jena.
– ln einer E - Mail vom 9.Juni 2005 befindet sich der Auszug eines lnternetbeitrags zu einer mögl ichen Verlagerung des „Fests der Völker“ von Jena nach Altenburg.
In diesem Beitrag wird Ralf Wohlleben als Anmelder des „Jenaer Nazifestes“ bezeichnet, der wiederholt in Altenburg gesichtet worden sei.
– ln Protokollen der Telefonüberwachung ergaben sich me hrere Treffer, die darauf schließen lassen, dass der Beschuldigte H. des Verfahrens der Polizei Ludwig shafen CDs und T - Shirts bei seinem Freund Ralf Wohlleben für eine Abholung durch den Beschuldi gten K apke gelagert hatte, da er selbst verhindert war.
Verm utlich kam es zumindest am 9.August 2004, nach vorausgegangenen Telefonaten, zu einem pe rsönlichen Kontakt zwischen dem Beschuldigten K apke und Ralf Wohlleben.
Zu Jan Werner ergaben sich in diesem Zusammenhang folgende drei Treffer: – In einem überwachten Telefonat im Juni 2004 zw ischen dem Beschuldigten Kapke und dem Beschu ldigten H. des Verfahrens der Polizei Ludwigshafen wurde ein „ Jan , der Werner aus Chemnitz“ erwähnt.
Aufgrund des lnhalts des Telefonats und den polize ilichen Erkenntnissen, wonach Jan W erner Betreiber des Labels „Movement Records“ und für den Ve rtrieb von Musik - CDs mit rechtsgerichtetem Hinte rgrund verantwortlich war, geht das Innenministerium Baden - Württemberg davon aus, dass es im Telefonat des Beschuldigten K apke um Jan Werner ging.
– D er Beschuldigte L. telef onierte im Mai 2005 mit einem „ Ed “ in den Vereinigten Staaten von Amerika.
In dem Telefonat wurden auch Probleme mit Jan Werner in Bezug auf „ Landser“ angesprochen.
– Der Nutzer einer Rufnummer, dessen Anschluss Jan Werner zugeordnet wird, schrieb im September 2005 eine Kurznachricht an den Beschuldigten K apke , in welcher es um den Versand von CDs geht.
Zudem wurden zu folgenden Personen weitere Treffer festgestellt: – Im Rahmen der Auswertung der Mobilfunkgerätei nträge des Beschuldigte n H.des Verfahrens der Pol izei Ludwigshafen durch das LKA Baden - Württemberg konnte der Eintrag Thomas G. mit z ugeordneter Rufnummer festgestellt werden.
A nschlussinhaber der Rufnummer war eine Frau aus Meuselwitz, über die keine polizeilichen Erkenntni sse beim Landeskriminalamt Baden - Württemberg vorliegen.
– Außerdem konnte der Eintrag Frank S chwerdt mit zugeordneter Rufnummer festgestellt werden.
A nschlussinhaber war Frank Schwerdt aus Berlin.
– Mehrere Einträge gab es zu Thorsten Heise.
Bei me hreren überwa chten Gesprächen wurde über Thorsten Heise gesprochen bzw. war er selbst Gesprächspar tner und nutzte hierbei eine auf sich registrierte Tel efonnummer.
Bei diesen Telefonaten wurde haup tsächlich der Tausch von Musik - CD's der rechten Szene bzw. Geschäfte mit diesen besprochen.
Zudem wurde Thorsten Heise als Veranstalter von Konzerten und als Redner bei Veranstaltungen thematisiert und als Parteifunktionär der NPD erwähnt.
Bei einem T elefonat im April 2005 fiel der Begriff „Raubüberfall“.
Zu diesem Gespräch li egen dem LKA keine weiteren Erkenntnisse vor.
In den Telekommunikationsübe rwachungsmaßnahmen des Ermittlungsverfahrens gab es eine weitere Stelle mit dem Begriff „Raubübe rfall“.
Dieses Gespräch hatte einen vom Beschuldigten K apke verübten Raubüberfall zum Gegenstand, bei dem die Eintrittskasse eines getarnten Skinkonzerts Raubgut war.
Wegen des Überfalls leitete die Staat sanwaltschaft Frankfurt/Main ein Ermittlungsverfa hren gegen K apke ein und beauftragte das hessische LKA mit den Ermittlungen.
Zu dem Erge bnis der Recherchen im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren „Blood & Honour“ stellte das Innenministerium Baden - Württemberg fest, es hätten sich keine Bezüge zu begangenen Taten oder drohenden G efährdungen durch den NSU oder ihren vermutlichen Mi tglie dern ergeben.
Verdeckte polizeiliche Maßnahmen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens „Blood & Honour“ des LKA Baden - Württemberg hätten sich nicht gezielt gegen Personen der sog. „41er - Liste“ gerichtet.
Vielmehr seien Personen der Recherchelisten von solchen Ma ßnahmen betroffen gewesen.
 

 4. Zusammenarbeit zwischen LKA Baden - Württemberg und LfV Baden - Württemberg

Der Zeuge Dr. Rannacher , der von 1995 bis 2005 Präs ident des LfV Baden - Württemberg war, hat dargelegt, dass die Zusammenarbeit mit dem LKA während seiner Amt szeit deutlich verbessert worden sei.
Allerdings habe es auch eine gewisse Konkurrenzsituation gegeben.
Konkret hat er hierzu ausgeführt: „Beide Häuser sind nicht nur räumlich benachbart, sondern treffen sich ja nun auch in vielen Dingen ihres Aufgabenb ereichs, und gerade das b aden - württemberg ische Lan deskrimi - nalamt hat sehr i ntensiv, sehr früh mit VPs und dann auch VEs gea rbeitet, was natürlich gewisse Überschneidungen mit unserem Bereich des Verfassungsschutzes e rgeben hat.
Wir haben dann logischerw eise ve rsucht, uns gegenseitig etwas abzustim men, alle rdings nicht - wie Sie vielleicht den ken oder ho ffen - , dass nun Klarnamen ge laufen sind, sondern man hat natürlich ge sagt - etwa, wenn das LKA einen VE platzie ren wollte - : Gibt es Probleme mit eu ch? Seid ihr da vielleicht schon vertreten? - Also eine allgemeine Abstimmung, das hat es schon g egeben.
Tiefer ist es aber nicht gegangen.
Also, es ging natürlich nicht so weit, dass etwa wir eine Quellenliste übergeben haben und das LKA umg ekehrt auch.
D as nicht, aber eine Abstimmung , dass man hier nicht etwa mehrfach vertreten ist, das hat es schon gegeben.“
Der Zeuge Schmalzl , der von August 2005 bis Dezember 2007 Präsident des LfV Baden - Württemberg war, hat ausgeführt, zwischen Verfassungsschutz und P olizei habe es eine enge Zusammenarbeit gegeben.
Dies sei nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass es eine gezielte Pe rsonalentwicklung und einen Personalaustausch zwischen Verfassungsschutz und Polizei gegeben habe.
50 Prozent der Mitarbeiter seien ehema lige Polizeivollzugsbeamte.
Es habe einen Verbindungsbeamten beim LKA gegeben und es hätten gegenseitige Hospitations - und Informat ionsbesuche stattgefunden.
Der Zeuge Rück hat ergänzend ausgeführt, dass ab Spä therbst 2000 im Rahmen der Schwerpunktsetzung B ekämpfung des Rechtsextremismus wöchentliche Treffen mit Verantwortlichen des LfV zur Intensivierung des Informationsaustausches eingerichtet worden seien.
Seit Mai 2004 sei ein ständiger Verbindungsbeamter des LfV in die Abteilung Staatsschutz des Lande skriminalamtes auf Sachbearbeiterebene entsandt worden.
Dieser Verbi ndungsbeamte sei ab diesem Zeitpunkt an Fach - und Fü hrungsbesprechungen der Abteilung Staatsschutz beteiligt gewesen.

<Bl. 636>

b) Möglicher Zusammenhang der Mordserie mit der Tat in Heilbronn

Im Sachstandsbericht der BAO „Bosporus“ vom Mai 2008 wird erwähnt, dass u.a. ein Datenabgleich mit dem Mor dfall in Heilbronn vorgenommen wurde.
Der Ze uge Geier hat dies seinem „krimina listischen Bauchgefühl“ zugeschrieben.
Um alle Möglichkeiten auszuschließen, sei auch dies überprüft worden.
Es hätte sich irgendeine Verbindung ergeben können, was aber nicht der Fall war.

<Bl. 687 ff>

 G. Mord an Michèle Kiesewetter und Mordversuch an Martin A.
Die aktuellen Ermittlungen zu beleuchten, gehörte au s drücklich nicht zum Auftrag des Ausschusses – schon um jede Beeinträchtigung einer rechtlich einwandfreien Durchführung des Strafverfahrens zu vermeiden.
Der A usschuss hat aus der Beweisaufnahme den Eindruck gewonnen, dass in diesem Fall viele Fragen nicht a b schließend geklärt sind.
Die 2013 erfolgte Bildung der EG „ Umfeld“ durch die Landesregierung Baden Württemberg unterstreicht, dass dies nicht nur der Aussch uss so sieht.


I.Überblick über Tatgeschehen und Ermit t lungen

Den Ermittlungsberichten der Soko „ Parkplatz “ vom 8.Februar und 20.Juli 2012 lässt sich folgendes Ta t geschehen entnehmen:
Am 25.April 2007 verrichteten Polizeimeisterin Kies e wetter und Polizeim eister A., Angehörige der Berei t schaftspolizei Böblingen, ab 9.30 Uhr ihren Dienst im Rahmen des Konzeptionseinsatzes „Sichere City“ im Stadtgebiet Heilbronn.
Nach einer Schulungsveransta l tung auf dem Polizeirevier Heilbronn verließen sie zw i schen 13.30 un d 13.45 Uhr mit ihrem Streifenwagen, einem BMW 5er Kombi mit dem Kennzeichen GP 3464, das Polizeirevier.
Sie fuhren auf die Theresienwiese in Heil bronn, um dort im Schatten eines Stromverteiler g e bäudes eine kurze Pause zu machen.
Bis zu diesem Zei t punkt s oll es laut Aussage von Martin A. keinerlei beso n dere Vorkommnisse im Rahmen der Streifentätigkeit gegeben haben.
Es wurden lediglich einige Kontrollen durchgeführt.
Bereits am späten Vormittag hatte sich die Streifenwagenbesatzung Kiesewetter / A. für eine Pause am späteren Tatort aufgehalten.
Die Rekonstruktion des möglichen Tathergangs führte laut Ermittlungsbericht zu folgenden wesentlichen Erge b nissen: „Die beiden Polizeibeamten saßen bei offenen Tü ren und Fenstern, ohne den Sicherheitsgurt ang e legt zu haben, im Streifenwagen.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit näherten sich mindestens zwei Schützen von hi n ten, aus dem Schutz der Rückwand des Transfo r matorenhauses kommend, dem Streifenwagen und traten rechts und links (der Weg zur Fahrertüre war minimal länger) an diesen bis auf Höhe der Vordertüren heran.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde von den Pol i zeibeamten der auf der Beifahrerseite herantretende Täter zuerst wahrgenommen, da beide ihre Aufmerksamkeit in diese Richtung lenkten, was mit ihrer Kopfhaltung im Moment der Schussab gabe korrespondierte.
Die Täter eröffneten auf PM A. und PM’in Kies e wetter das Feuer aus zwei unterschiedlichen Wa f fen der Kaliber 7,62 mm und 9 mm und schossen den beiden Polizeibeamten mit jeweils einem Schuss ge zielt in den Kopf, was mit den vorgefu n denen Patronenhülsen korrespondiert.“

Die Täter entwendeten den Opfern ihre Dienstwaffen (zwei Pistolen Heckler & Koch , Modell P 2000), drei Magazine mit insgesamt 39 Patronen (Kaliber 9 mm), eine Handschelle (Marke Clejuso ), ein Reizstoffsprühg e rät (Marke Hoernecke ), eine Taschenlampe ( Mini Mag Lite ) sowie ein Multifunktionstool der Marke Victorinox .
Kurz nach 14 Uhr entdeckte der Zeuge S. das Streifen fahrzeug im Bereich der Theresienwiese.
(Punkt 1)
Aus der Nähe konnte er er kennen, dass ein Polizeibeamter mit blutve r schmiertem Hemd aus der geöffneten Tür heraushing.
Er fuhr darauf hin sofort mit seinem Fahrrad Richtung Bah n hof, wo er auf den Taxifahrer K. traf und diesen informierte.
Um 14.12 Uhr gab dieser die Information an das Polizeirevier Heilbronn weiter.
Die Polizeibeamten Kiesewetter und A. wurden von der am Tatort eintreffenden Streife blutüberströmt in ihrem Streifenwagen neben dem Stromverteilergebäude im nördlichen Parkplatzbereich der Theresienwiese aufgefunden.
Du rch die zeitgleich eintreffende Notärztin wurde der Tod von Polizeimeist e rin Kiesewetter festgestellt.
Polizeimeister A. wurde mit lebensgefährlichen Kopfverletzungen in das Krankenhaus Ludwigsburg eingeliefert.
Beide Beamte wiesen Kopfschüsse auf.
Zur Du rchführung der Ermittlungen wurde bei der Polizeidirektion Heilbronn die Soko „ Parkplatz “ eingerichtet.
Diese wurde im Februar 2009 in das Landeskriminalamt Baden Württemberg überführt.
Zu den ersten Ermittlungsmaßnahmen zählte eine Tatort bereichsfahndung im Radius von fünf Kilometern um den Tatort sowie eine Ringalarmfahndung.
Des Weiteren wurden Spezialeinheiten, mehrere Polizeihubschrauber sowie alle in Heilbronn und Umgebung verfügbaren Pol i zeikräfte zusammengezogen und in die ersten Ermittlungshandlung en eingebunden.
Hierzu zählten laut Ermittlungsbericht die Verständigung der Taxizentralen, die Absuche möglicher Fluchtwege, die Überprüfung von
Gaststätten in Tatortnähe, die Feststellung von Kennze ichen sämtlicher Kraftfahrzeuge, die in Tatortnähe gepar kt hatten sowie die Erstbefragung möglicher Tatzeugen.
Dadurch sollten mögliche Tatzeugen und sonstige Au skunftspersonen festgestellt werden.
Unmittelbare Tatze ugen konnten im Rahmen dieser Maßnahmen jedoch nicht ermittelt werden.
Kriminaloberrat Axel Möge lin, der die Soko „ Parkplatz “ be im LKA Baden - Württemberg vom 1.August 2010 bis zum 8. November 2011 leitete, hat in seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss erklärt, dass mehrere Umstände die Ermittlungen in diesem Mordfall wesen tlich erschwert hä tten: Zum einen habe es zwar zahlreiche Zeugen gegeben, jedoch hätten deren Hinweise nicht zu einem stimmigen Gesamtbild zusammengefügt werden können.
Die Soko habe bis November 2011 über 5 000 Einzelspuren verfolgt, über 300 Maßnahmen durchgeführt und meh r als 1 000 Hinweise bearbeitet.D ie sich daraus ergebenden Daten hätten jedoch nicht sinnvoll zu einem stimmigen Bild kombiniert werden können.

II. Operative Fallanalysen

Die erste Operative Fallanalyse (OFA) wurde am 21.Mai 2007 erstellt.
Darin ging man vo n zwei Schützen aus, die mit zwei unterschiedlichen Tatwaffen nahezu zeitgleich Schüsse abgegeben haben sollen.
Bei der anschließenden Flucht soll wahrscheinlich zunächst ein Ort aufgesucht worden sein, an dem die Täter sich reinigen beziehung sweise umzieh en konnten, weil beide Täter, insbesondere der Täter auf der Fahrerseite, Blutspuren der Opfer au fweisen mussten.
Die Motivstruktur beider Täter wurde wie folgt umschrieben: – Wegnahme von Waffen und Ausrüstungsgegenstä nden spielte eine zentrale Rolle , – Persö nliches Rachemotiv als primäres Ziel eher au sgeschlossen , – Realisierung eigener Überlegenheitsbedürfni sse/Wieder - gutmachung erfahrener Unterlegenheit g egenüber der Polizei/Machtdemonstration.Abschließend wurde festgestellt, dass die Täter der örtl ichen kri minellen Szene zuzuordnen sein dürften.
Nachdem sich Ende März 2009 herausgestellt hatte, dass sich hinter der Spur zu der DNA einer unbekannten wei blichen Person (uwP) lediglich verunreinigte Wattestä bchen verbargen, 5.*
5 wurde am 7.April 2009 in einer B esp rechung zwischen KR Huber , KHK Zeiner , KHK Fa lkenstein und KHK Tröster festgelegt, dass die Soko nach dem Verwerfen der Serienhypothese „uwP“ und der nu nmehr ausschließlichen Konzentration auf den „Polizistenmord“, nach wie vor an einer Einbindung der Oper ativen Fallanalyse interessiert sei.“
Daraufhin wurde durch das LKA Baden - Württemberg am 22.Mai 2009 eine weitere Fallanalyse erstellt.
Darin wurde festgestellt, „dass das Motiv der Tat eher nicht im Bereich rat ional nachvollziehbarer Beweggründe liegt, wie Bereicherung, Raub von Polizeiausrüstung oder Verdeckung.
Auch persönlich begründete Motive im Zusammenhang mit einer gemeinsamen Vorg eschichte eines der beiden Opfer oder der Täterseite erscheinen eher unwahrscheinlich.“
In der Fallanalyse findet si ch auch eine Stellungnahme zu möglichen politischen Hintergründen: „Ein politisch motivierter Anschlag ‚ gegen Staat sorgane ‘ ist eher auszuschließen.
Es fehlt an einem Bekennerschreiben und die Tat weist insgesamt zu viele Elemente einer allgemeinkriminelle n Tat auf.“ 5.*
8 Diese Passage ist dem Zeugen Mögelin vom Unters uchungsausschuss vorgehalten worden.
Der Zeuge hat darauf erwidert, eine O F - Analyse (OFA) sei lediglich eine Ermittlungshilfe für den Soko - Leiter.
Sie gebe eine Ein - schätzung ab, der man folgen od er die man ablehnen könne.
Der Zeuge ist gefragt worden, ob es in den Überlegungen der Soko eine Rolle gespielt habe, dass Polizisten als Feindbilder der rechten Szene schon häufiger Opfer von Neonazis geworden seien.
Daraufhin hat der Zeuge erklärt, dass im vorliegenden Fall keinerlei Hinweise auf einen etwaigen Bezug zur rechten Szene vorgelegen hä tten.
Weiter konstatierte die OFA, es werde nach wie vor von einer Motivkonstellation ausgegangen, die aus einer Kränkung, einer massiven Verärgerung, erlebte n Demüt igungen oder Degradierungserlebnissen in der Vergange nheit rühre und entsprechende Rachefantasien in Gang gesetzt habe.
Abschließend wurde in der Fallanalyse angenommen, dass die Täter einen regionalen Bezug zum Raum Heil bronn aufwiesen.
Es wurde d avon ausgegangen, dass sich zumindest einer der Täter bereits des Öfteren in der Nähe des Tatortes aufgehalten habe.
Wörtlich heißt es: „Die Tatsache, dass eine sehr hohe Belohnung ausgesetzt ist und bislang keinerlei sachdienliche Täterhinweise zu verzei chnen sind, legt den Schluss nahe, dass es, wenn überhaupt, nur einen sehr eingeschränkten ‚ Mitwisserkreis ‘ gibt oder dass sich die Täter in Kreisen bewegen, in denen ein sehr strenger Ehrenkodex eine Zusammena rbeit mit staatlichen Behörden verbi etet/ verhi ndert.“ Der Zeuge Mögelin hat in seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss dargelegt, dass die Erkenntnisse der Operativen Fallanalyse einen Ermittlungsschwerpunkt der Sonderkommission bildeten.
Es seien mehrere Pers onen aus dem polizeilichen Syste m herausgefiltert worden, die unterschiedlichen Rastern entsprächen.
Unter anderem sei der These, dass die Täter einen ört lichen Bezug nach Heilbronn haben könnten, nachgegangen worden.
 

III. Handelte es sich um Zufallsopfer?

In dem Ermittlungsbericht der Soko „ Parkplatz “ vom 29.April 2010 5582 wird ausgeführt, dass das Streifenteam Kiesewetter/ A.
am Tattag zum ersten Mal zusammen fuhr.
Martin A. war darüber hinaus zum ersten Mal im Rahmen des Konzeptionseinsatzes „Sichere City“ in Heilbronn.
Michèle Kiesewetter w ar letztmalig am 3.April 2007 in Heilbronn eingesetzt.
Sie entschied sich kurzfristig – entgegen der ursprünglichen Planung – an diesem Tag Dienst zu machen.
Erst am Wochenende wurde per SMS - Kontakt geklärt, dass sie an diesem Tag zusammen mit Martin A.
f ahren würde.
Diese Information konnte daher auch nur einem sehr begrenzten Personenkreis bekannt gewesen sein.
Wäre es den Tätern darauf angekommen, gerade diese beiden Personen zu überfallen bzw.
zu töten, wären Insiderkenntnisse oder eine umfangreiche Ob serv ation der beiden Opfer im Vorfeld erforderlich gewesen.
Laut Ermittlungsbericht ist der Platz auf der Theresienwiese neben dem Trafo - Gebäude polizeiintern bei der Bereitschaftspolizei als Rückzugsraum oder Pa usenplatz bekannt und wurde in vorangegangen er Zeit bevorzugt und gerade auch zur tatrelevanten Zeit (Mi ttagszeit/früher Nachmittag) entsprechend genutzt.
Im Ausschuss ist hinterfragt worden, ob dieser Pause nplatz tatsächlich regelmäßig von den Beamten der Bereit - schaftspolizei genutzt werde, da die se in Vernehmungen nach dem 4.November 2011 größtenteils angaben, diesen Platz gar nicht oder nur selten für Pausen zu nutzen.
Der Zeuge Mögelin hat in seiner Vernehmung vor dem Unte rsuchungsausschuss erläutert, dass in der relevanten Zei tspanne um den Ta ttag – insbesonde re zwischen dem 16.und dem 25.April 2007, einem Zeitraum, in dem die Täter das Wohnmobil gemietet hatten – fast täglich um die Mittagszeit ein Streifenwagen an dieser Stelle Pause machte.
Weiterhin ist im Ausschuss thematisiert worden, ob der Umstand, dass der für den Tatzeitraum vermutlich von Böhnhardt abgeschlossene Mietvertrag für ein Wohnm obil nachträglich verlängert wurde, als Indiz für eine g ezielte Opferauswahl gewertet werden müsse: Der Mie tzeitraum endete nach dem ursprüngli che n Mietvertrag bereits am 16.April 2007, jedoch ist durch Zeugenauss agen nachgewiesen, dass vermutlich Böhnhardt das Wo hnmobil über den Tattag des 25.
April hinaus zumi ndest bis zum Abend des 26.April 2007 bzw.bis zum Morge n des 27.April 2007 in Besitz hatte.
5584 In der Presse war Ende 2011 – eine Bemerkung von BKA - Präsident Ziercke aufgreifend – spekuliert worden, dass es sich beim Mord an Frau Kiesewetter um eine „Beziehungstat“ handeln könne.
Ziercke hatte in der 58. Sitzung des Innenausschusses d es Deut schen Bundestages am 21.November 2011 ausgesagt: „Im Hinblick auf den Mord an der jungen Polizi stin in Heilbronn, der ja eigentlich in das Schema so gar nicht hineinpasste und wo von Anfang an die Frage war: ‚ Was kann man daraus für eine Hyp othese entwic keln? ‘ , zeigt sich eine erstaunliche Veränderung.
Wir gehen inzwischen davon aus, dass es sich hier um ein Beziehungsdelikt handeln könnte, ein Beziehungsdelikt, das darauf zurückz uführen ist, dass 2007 im Umfeld der Familie der jungen Polizistin eine Gast stätte angemietet we rden sollte, man aber nicht zum Zuge kam, sondern dass einer unserer jetzt Beschuldigten diese Gas tstätte gemietet hat, um dort seine rechtsradikale Szene zu empfangen.“
Laut dem BKA - Bericht „Opferumfeldermittlungen – Maßnahme 321“ vo m 20.März 2012 hat die umfassende Überprüfung allerdings keine Anhaltspunkte dafür erg eben, dass die Beweg gründe der Tat am 25.
April 2007 in einer wie auch immer gearteten Vorbeziehung der Opfer zu den Tatverdächtigen Böhnhardt , Mundlos oder Zschäpe lieg en könnten.
Der Zeuge Mögelin hat ausgesagt, es seien über 200 Ve rnehmungen im gesamten Umfeld von Frau Kiesewetter durchge führt worden.
Nach dem 4.November 2011 sei gezielt das Umfeld von Frau Kiesewetter nicht nur in Thüringen eingehend untersucht word en.
Jedoch seien keinerlei Hinweise gefunden worden, dass die Familie oder Frau Kiesewetter irgendwelche Kontakte in die rec hte Szene hätten oder selbst der rechtsextremen Szene angehörten.
Auch habe man weder beim LKA Baden - Württemberg noch beim parallel arbeitenden Ein satzabschnitt „Thüri ngen“ des BKA Hinweise auf einen ge zielten Anschlag auf die Personen Kiesewetter oder A. gefun den.
Auf Nachfrage hat der Zeuge Mögelin erklärt, dass auch keine Hinweise darauf gefunden wurden, dass Kiesewe tter bereits zuvor in irgendeiner Weise Opfer der rechten Szene gewesen sei.
Die Zeugen Mögelin und Meyer - Manoras , Erster Staat sanwalt bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn, haben vor dem Untersuchungsausschuss ferner angegeben, dass ein zielgerichteter Personenanschl ag auf Kiesewetter und A.oder zumindest auf eine dieser beiden Personen zwar nie ausgeschlossen wurde, jedoch grundsätzlich davon ausg egangen wurde, dass sich die Tat gegen die Polizei als Institution beziehungsweise gegen Staatsvertreter richt ete.
Im Au sschuss ist die Frage aufgeworfen worden, weshalb bei einem Polizistenmord nicht an eine extremistische oder terroristische Motivation gedacht worden sei.
Der Zeuge Meyer - Manoras hat erklärt, es habe keinerlei Hi nweise gegeben, die darauf hindeuteten.
Von Seiten des Ausschusses ist dies vor dem Hintergrund kritisiert wo rden, dass Neonazis ihre Taten nicht nur gegen Migranti nnen und Migranten, sondern gerade auch gegen Polizisten richten.


IV.Suche nach einer unbekannten weiblichen Person (uwP)

Am 31.Mai 2007 teilte das Landeskriminalamt Baden - Württemberg der Heilbronner Soko „ Parkplatz “ mit, dass am Dienst - Kfz von Michèle Kiesewetter und Martin A.eine DNA - Spur sichergestellt worden sei.
Deren Profil stimme überein mit dem Profil einer unbekannten weibl ichen P erson („uwP“), welches an zahlreichen Tatorten im In - und Ausland festgestellt worden sei.
Die Ermittler wähnten sich auf einer heißen Spur nach dem „Phantom“, wie die unbekannte Frau rasch in den Medien genannt wurde.
Intensive Ermittlungen im In - und A usland führten jedoch nicht zum Ziel.
erwies sich diese DNA - Spur endgültig als Trugspur.
Es konnte nachgewiesen werden, dass die im Rahmen der Spurens icherung an den Tatorten der vorgeblichen Spurfunde verwendeten Wattestäbchen die Spuren vortäuschten , da sie durch eine DNA - Antragung einer Mitarbeiterin des Herstellers verunreinigt waren.
Der Ausschuss hat hinterfragt, ob die anfängliche Ko nzentration auf die sogenannte „Phantom - Spur“ die Ermit tlungen fehlgeleitet und dazu geführt habe, dass man and er e Ermittlungsansätze zurückgestellt und insbesondere weitere genetische Spuren, wie beispielsweise die in Ta tortnähe aufgefundenen blutverschmierten Taschentücher, nicht mit der gebotenen Intensität untersucht hat.
Der Zeuge Mögelin hat erklärt, dass die Prioritätensetzung bei der Verfolgung einer Spur notwendigerweise zu einer gewissen Bindung von Personal - und Sachressourcen führe, jedoch andere Spuren weiterhin parallel verfolgt würden.
Die Ermittlungsergebnisse seien nach Aufl ösung der Spur zur unbeka nnten weiblichen Person noch einmal umfassend überarbeitet worden.
Als er die Soko 2010 übernommen habe, sei nochmals ein umfassendes Controlling durchgeführt worden, um sicherzustellen, dass man durch Verfolgung der „ uwP “ - Spur nicht andere tatrelevante Hi nweise übersehen habe.
Auch der Zeuge Erster Staatsanwalt Meyer - Manoras hat vor dem Unters uchungsausschuss bekräftigt, dass seiner Auffassung nach keine entscheidenden Spuren wegen der Suche nach dem so genannten „ Phantom “ liegen geblieben seien.
 Im Unte rsuchungsausschuss ist auch die Frage erörtert worden, ob die Tatsache, dass die Taten sowie die Tatorte der mutmaßlichen unbekannten weiblichen Person keine rlei Zusammenhang aufwiesen und nicht zu einem sinnvo llen Gesamtbild zusammenzufügen waren, nicht z u Zwe ifeln an der DNA - Spur hätte führen müssen.
Hierzu hat der Zeuge Meyer - Manoras ausgeführt, dass er sich z unächst nicht einmal habe vorstellen können, dass die T aten von einer Frau begangen worden sein sollen.
Der fehlende Zusammenhang habe zu zunehmen den Zweifeln bei ihm geführt.
Jedoch hätten Wissenschaftler bis Dezember 2008 bekräftigt, dass ein Irrtum ausgeschlossen sei.
Zudem habe es Überprüfungen dieser Spur gegeben.
Beispielsweise habe das Kriminaltechnische Institut des Landeskriminalamtes im Ap ril 2008 300 oder 500 Blin dproben überprüft, mit negativem Ergeb niS. Dennoch hat der Zeuge eingeräumt: „Aber ich hätte offensiv der Öffentlichkeit – - Oder: Ich hätte darauf hinwirken müssen – ich se lber hätte es gar nicht machen müssen – , dass man der Ö ffentlichkeit sagt: Wir haben er hebliche Zweifel, und das kann aus krimina listischer Sicht eigentlich nicht sein, und wir arbeiten mit Hoc hdruck dran, um den Fehler herauszufinden.“ .
Bei auftretenden Fehlern in der DNA - Analyse werde zwar zunächst an Veru nreinigungen gedacht, jedoch habe er dies für ausgeschlossen gehalten, da es eine entsche idende Fehlinformation aus Österreich gegeben habe: Die Kollegen hätten bis zum Frühjahr 2009 angegeben, andere Wattestäbchen zu verwenden, erst später sei dieser Irrt um korrigiert und klargestellt worden, dass die Österreicher die selbe Sorte Wattestäbchen verwendeten wie die deu tschen Kollegen.
 

V. Tatverdacht gegen Angehörige der Minderheiten Sinti und Roma

Der Ausschuss hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wie es zu einer öffentlichen Berichterstattung kam, in der ein Tatverdacht gegen Angehörige der Minderheiten Sinti und Roma geäußert wurde.
Beispielsweise führte der stern in einem Artikel „Die Jagd nach dem Phantom“ vom 29.
Juni 2007 aus: „Die Fahnder recherchi eren auch bei den Mitgli edern von ‚ mobilen sozialen Gruppen ‘ wie Sinti und Roma, doch die sind schwer zu erfassen.
‚ Diese Gruppen kann man nicht flächendeckend spe ichern ‘ , sagt der Freiburger Kriminalhauptkommi ssar Bruno Bösch.[ ...] Die Spur in Kreisen der Si nti und Roma gilt im Moment in Heilbronn als die heißeste.
Offiziell will das niemand bestätigen, aber ‚ wir prüfen auch intensiv im Zigeunermileu ‘, sagt ein Ermittler vage und politisch unkorrekt.
[ ...] Und schließlich hielten sic h an jenem ve rhängnisvolle n 25.April mehrere Sinti - und Roma - Familien mit ihren Wohnwagen keine hundert M eter vom Tatort entfernt auf der Theresienwiese auf.
Doch niemand will etwas gesehen haben.“ .
Dem Ermittlungsbericht der Sok o „Parkplatz“ lässt sich hierzu folgender Hintergrun d entnehmen: „Zur Tatzeit lagerten auf der Theresienwiese eine Gruppe Angehöriger Reisender Familien.
Bei einer ersten Kontrolle konnten nur 6 dieser Personen a ngetroffen werden.
Weitere 9 Personen wurden durch Folgeermittlungen zwar namhaft gemacht, es ko nnte jedoch nicht festgestellt werden, wo g enau sie sich zum Tatzeitpunkt in Heilbronn aufhielten.
In der Folge wurde im Rahmen verschi edener Kontrollaktionen versucht, die Anzahl und die Identität der Personen aus der Gruppe von A ngehörigen Reisender Fami lien ausfindig zu m achen, die am 25.04.2007 tatsächlich in Heilbronn waren.
Die hierbei ermittelten 32 Personen wurden zwi schenzeitlich – soweit sie angetroffen werden konnten – als Zeugen zur Sache gehört.
Dabei ergaben sich jedoch keine sachdienlichen Hi nwe ise.
Die Vernehmungen der Angehörigen Reisender Familien befinden sich in der Hauptakte.“ 5602 Tatsächlich wurden die im Ermitt lungsbericht von Bea mten der Soko „ Parkplatz “ so bezeichneten „Angehörigen Reisender Familien“ nicht nur als Zeugen vernommen, son dern es wurden auch konkrete Ermittlungen zur Spur „Nr.101/104 Landfahrer“ geführt.
So wurde die Staatsanwaltschaft Heilbronn am 28.April 2008 darum ersucht, beim Amtsgericht Heilbronn einen Beschluss gem.
§ 163e StPO zur polizeilichen Beobachtung der vo n den „Ang ehörigen Reisender Familien“ genutzten Fahrzeuge zu erwirken.
Zur Begründung wurde ausgeführt, gegen einen Großteil dieser Personen lägen zahlreiche polizeiliche Erkenntnisse im Bereich des Betruges, Trickbetruges und besonders schweren Einbruchs diebstahls an überregion alen Tatorten vor.
Der Antrag wurde im Einzelnen u.a.wie folgt begründet:
„Aufgrund – eines vertraulichen Hinweises, wonach die T äter aus dem Bereich der Sinti/Roma stammen, – dessen, dass Sinti/Romas zur Tatzeit am Ta tort anwesend w aren, – dessen, dass die DNA - Spur im Zusamme nhang mit dem versuchten Mord innerhalb e iner Sinti - Sippe (Fall W.
in Worms) aufg etaucht ist, – der bisher ermittelten Tatverdächtigen mit u nterschiedlichsten Staatsangehörigkeiten, die Bezüge zu Sinti/Romas aufweise n ( T., G., D.), – der Mobilität der Täter (Tatorte in Freiburg, Offenbach, Saarbrücken, Österreich, Fran kreich) und – der mutmaßlichen Tatbegehungsweise (mögl icher sog. „Glas - Wasser - Trick“ im Fall Schlenger in ldar - Oberstein 1993), liegen ausreichend Tatsachen vor, die nahelegen, dass die bislang unbekannte, spurenlegende Person konkrete Bezüge und Kontakte zu Sinti/Romas hat.“ Durch die erneuten Spurentreffer der unbekannten, sp urenlegenden Per son in Kornwestheim vom 10./11.August 2007 und im Zusammenhang mit dem Dr eifachmord in Heppenheim am 30.Januar 2008 sei festzustellen, dass sich diese immer wieder im näheren Tatortbereich aufzuhalten scheine.
Es sei daher anzunehmen, dass die unb ekannte, spurenlegende Person mit den vorgenannten Pe rsonen in Verbindung stehe oder eine solche Verbindung herstellen werde.
Als Beschuldigte wurden die Personen nicht geführt.
Dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft entsprechend wu rde für 15 „Angehörige Reisender Familien“ vom Amtsg ericht Heilb ronn mit Beschluss vom 30.April 2008 die Ausschreibung zur Beobachtung anlässlich von polizeil ichen Kontrollen angeordnet, welche die Feststellung von Personalien zulassen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass am Opferfahrzeug die DNA - Spur einer unbekannten mutmaßlich weiblichen Person (uw P) festgestellt worden sei, die an 29 weiteren Tatorten in Deutschland, Öste rreich und Frankreich festge stellt worden sei.
Unter anderem sei die DNA - Spur auch bei den Mordfällen in Idar/Oberstein im Jahr 1993, in Freiburg im Jahre 2001 und in Heppenheim im Jahr 2008 festgestellt worden.
Wie sich später herausstellte, wurde diese zunächst als tatrelevant eingestufte DNA - Spur auf Grund einer Ko ntaminierung durch eine an der Produktion der Wattestä bchen beteiligte Mitarbeiterin verursacht.
Am 19.Mai 2009 wu rde durch einen Beschluss des Amtgerichts Heilbronn gegen die gleichen Personen eine erneute Ausschreibung zur Beobachtung anlässlich von polizeilichen Kontrollen angeordnet, also zu einem Zei tpunkt, nachdem bereits erkannt worden war, dass die gesuchte „u wP“ nicht existierte.
Dieser Beschluss wurde nunmehr auf Zeugenaussagen gestützt.
So hatte eine Ze ugin angeführt, sie habe im Sommer 2007 ein Gespräch zwischen ihrem Vater und einem ihr „unbekannten Lan dfahrer“ mitgehört, wonach dieser zu ihrem Vater im Hi nblick auf die Tat am 25.April 2007 gesagt habe, „Es waren Zigeuner“.
Des Weiteren wird im Beschluss ang eführt, dass die „Anwesenheit von Sinti - und Roma - F amilien zur Tatzeit am Tatort belegt“ sei.
Im Übrigen wurde der Beschluss auf eine Zeugenaussage ges tützt, wonach sich am 24.
April 2007 ein älteres, braunes Wohnmobil ohne Alkoven direkt am Pumpenhäuschen auf der Theresienwiese befunden habe, im Besitz eines solchen Wohnmobils sei auch ein e der Personen, die sich am 25.April 2007 auf der Theresienwiese aufgehalten hätten.
5606 Der Zeuge Mögelin , der vom 1.August 2010 bis zum 8.November 2011 Leiter der Sonderkommission „ Par kplatz “ war, hat ausgesagt, man habe nach der Tat alle Personen, die auf der Theresienwiese ihr Auto abgestellt hätten, ermittelt.
Hier zu hätten auch „ Angehörige Reise nder Familien“ gehört.
Man habe weitere Zeugen gesucht, was ohne Ansehen von Person und Nationalität erfolgt sei.
Konkreten Hinweisen auf Personen gehe man una bhängig von Nationalitäten nach.
Es habe einen Hinweis auf eine k onkrete Person gegeben, wonach das Tötungsdelikt im Zusammenhang mit einem Vorauszahlungsb etrug (Rip - Deal) stattgefunden habe.
Dies sei dann, zum Teil mit operativen Maßnahmen, ausermittelt worden, bis sich keine weiteren Ermittlungsansätze mehr geboten hä tten.
Darüber hinaus habe es Hinweise auf eine Einbr echerbande gegeben.
Es sei nicht Aufgabe der Sicherheit sbehörden, die öffentliche Berichterstattung zu beeinflu ssen.
Die Unabhängigkeit der Presse sei ein hohes Gut in Deutschland.
Als Grund für die Ermi ttlungen zu Sinti und Roma hat der Zeuge Meyer - Manoras auf Nachfrage im Ausschuss a ngegeben: „Der Grund liegt natürlich darin, dass an dem Ta ttag auf der Theresienwiese, wo der Tatort war, sehr viele Sinti und Roma auch tatsächlich waren.
Das war der Haupt grund.“
Romani Rose , Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, hat diese damals auch in der Presse aufgegriffenen Ermittlungen öffentlich kritisiert.
„Hier wurde eine Minderheit unter den Genera lverdacht gestellt, eine Polizistin hingerichtet zu haben,“ sagte Rose gegenüber der tageszeitung.Er hoffe, „dass die ermittelten Fakten endlich zu mehr V erantwortungsbewusstsein bei den Ermittlungsb ehörden beitragen“.
Der Ausschuss hat sich auch für die Frage interessiert, inwieweit es eine Entschul digung bei den von den Ermit tlungen betroffenen Angehörigen der Minderheiten Sinti und Roma gegeben hat.
Dazu hat der Zeuge Meyer - Manoras angegeben: „Mir ist natürlich schon klar, dass gerade die Sinti und Roma, die wie keine andere Bevölkerung sgruppe Disk riminierungen alltäglich erleiden mü ssen, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern in Ungarn, in Rumänien usw., und zwar in sehr heft iger Form - Wenn die sich durch die Ermittlungen kriminalisiert fühlen, habe ich dafür Verständnis, und wenn sie das au ch medial zum Ausdruck bri ngen, habe ich dafür auch volles VerständniS. Da würde ich mich auch nie gegen wehren, weil we hleidig darf man da nicht sein.
Dafür kriege ich halt mein Geld, dass ich das dann auch aushalte.
Aber dass man in dieser Richtung Nachf orschungen m achen muss - Ich meine, wir haben sie nicht als Beschuldigte geführt; die Unschuldsvermutung sollte man immer wieder deutlich machen, und das geht leider des Öfteren unter.
Wie gesagt, ich habe die konkrete Berichterstattung von damals nicht mehr im Kopf.
Ich bedaure es immer, wenn Me nschen von Ermittlungen beeinträchtigt werden, und Sinti und Roma werden stärker beeinträchtigt als andere.
Entschuldigen im klassischen Sinne kann ich mich leider nicht dafür.“

 

VI. Zusammenarbeit mit anderen Behörden

Bereits am Tatabend wurden Befragung en aller Quellen des LfV Baden - Württemberg aus allen Phänomenbereichen des Verfassungsschutzes durchgeführt.
Das LfV Baden - Württemberg te ilte mit, dass diese bis zum 3.
Mai 2007 negativ verlaufen sei en.Die Quellen des LfV Baden - Württemberg seien aber sensibilisiert und angewiesen, Informationen schnellstmöglich zu me lden.
Mit E - Mail vom 30.April 2007 wurde das BfV in die Ermittlungen einbezogen.
Es wurde darum gebeten, den BND sowie alle LfV zu unterrichten und um Un te rstützung hinsichtlich der Befragung von Vertrauenspers onen und Informanten zu bitten.
Derzeit lägen keine Ve rdachtsmomente in Richtung Phänomenbereich Terrori smus/Extremismus vor.
Am 14.Mai 2007 übermittelte das LfV der Heilbronner Polizei Hinweise, w onach der Mord an Michèle Kiesewe tter und der Mordversuch an Martin A.
von zwei Tätern aus einem Dorf in der Nähe von Heilbronn begangen worden sei.
Der Hinweis wurde überprüft und erwies sich als falsch.
erner gab es noch im Frühjahr 2011 einen Informa tionsaustausch mit dem LKA Baden - Württemberg in Bezug auf türkischen Rechtsextremismus („Graue Wölfe“).
Am 9.April 2009 nahm ein Mitarbeiter des LKA Kontakt mit dem LfV auf.
Ziel war es, Erkenntnisse „aus dem Milieu Schausteller und Landfahrer“ zu gewinn en.
Bei einer gemeinsamen Bespre chung am 21.April 2009 zw ischen der Soko „ Parkplatz “ und Kollegen des LfV wurde über Hinweise zu „Schaustellern und Landfahrern“ unte rschiedlicher Ethnien berichtet.
Unter Hinweis auf vermu tliche Erfolglosigkeit wurde angeb oten, Auskunftspers onen zu befragen, die über Balkanbezüge verfügten und mittelbar sachdienliche Hinweise geben könnten.
Sachstands - und Zwischeninformati onen erfolgten am 28.April und am 29.Mai 2009.
Im Juni 2009 wurde tel efonisch mitgeteilt, dass alle Bemühungen, sachdienliche Informationen zu erhalten, ergebnislos gewesen seien.
Im Jahre 2011 stand das LKA Baden - Württemberg in direktem Kontakt mit dem bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz.
Dabei ging es um Hinweise auf eine russische Rauschgiftg ruppierung, deren mögliche Beteil igung an dem Polizistenmord überprüft werden sollte.
Ferner gab es Kontaktaufnahmen der Polizei zum BND : So wurden im Jahre 2007 von Seiten der Heilbronner Polizei Anfragen zu etwaigen Luftbildern vom Tatort veranlasst.
D arüber hinaus führte ein Mitarbeiter d es LKA Baden - Württemberg am 22.April 2009 eine B esprechung mit einem Vertreter de s BND durch und richt ete am 27.April 2009 eine schriftliche Anfrage mit de r Bitte um Unterstützung der Sok o „ Parkplatz “ , unter and erem in Bezug auf „‚ Quellen‘ im Bereich von Angehörigen reisender Familien (sog. ‚Landfahrer‘)“ 5619 sowie hi nsichtlich von BND - Erkenntnissen zu Einzelpersonen.
Da raufhin teilte der BND am 22.Juli 2009 mit, dass dort keine Erkenntnisse zu Mitgliedern oder Umfeldpe rsonen der Organisierten Kriminalität (insbesondere russische oder italienische) mit persönlichen oder räumlichen B ezügen zur Region Heilbronn vorlägen.
 

VII. Im Ausschuss beleuchtete mögliche E rmittlungspannen

1.Späte Auswertung von blutigen Taschentüchern

In d en Akten finden si ch Hinweise darauf, dass am 27.April 2007 – zwei Tage nach der Tat – Gegenstände in der Nähe des Tatorts sichergestellt wurden.
Dabei handelte es sich unter anderem um fünf Taschentücher mit Blutantragungen, eine Zigarettenkippe, einen Ohranh änger, ein Herrenhemd und ein Paar Wollsocken.
Der Untersuchungsausschuss hat sich mit der Frage befasst, weshalb eine molekulargenetische Untersuchung dieser Asservate erst zwei Jahre später, am 14.Mai 2009, veranlasst wurde.
Der Zeuge Mögelin hat hierzu in seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss dargelegt, dass grundsätzlich zunächst nur die im näheren Tatortbereich aufgefundenen Asservate umgehend molekulargenetisch sowie auf Spuren und Fasern untersucht würden.
Da DNA - Analysen mit einem beachtlichen Aufwand verbunden seien, wü rden die Asservate aus dem weiteren Tatortbereich z unächst nur gesammelt und aufbewahrt.
Ergäben sich im Laufe der Ermittlungen weitere Hinweise, die auf eine Tatrelevanz der vorrätigen Asservate hindeuteten, so wür den diese anlassbezogen ausgewertet.
Die blutve rschmierten Taschentücher seien mehrere Hundert Meter entfernt vom Neckarufer aufgefunden worden und daher zunächst nicht ausgewertet worden.
Im Jahr 2009 sei dann die molekulargenetische Untersuchung erfolgt, nachdem eine Zeugenaussage auf die mögliche Tatrelevanz der Taschentücher hingedeutet habe.
Die molekulargenetische Untersuchung der blutverschmierten Gegenstände im Jahre 2009 ergab ein männliches und ein weibliches Profil.
Ein Bezug der Gegenstände zur Tat konnte allerdings weder bestätigt noch ausgeschlossen werden.
Des Weiteren erkannte der Zeuge A.M. im September 2009 anlässlich einer Wahllichtbildvorlage eine Ähnlichkeit mit einer in Heilbronn polizeibekannten weiblichen Person.
Anregungen der Polizei, in Bezug auf diese Person Beschlüsse für ve rdeckte Ermittlungsmaßnahmen zu erwirken, wurden j edoch von der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Zwischen dem Datum dieser Anregung (4.August )und der Ablehnung du rch die Staatsanwaltschaft (15.November 2010) vergingen über drei Monate.

 

2.Zeugenaussagen von besonderem Int eresse

a) Zeugen, die Personen mit Blutflecken an der Kleidung gesehen haben

Den Akten lässt sich entnehmen, dass mehrere Zeugen unabhängig voneinander in ihren Vernehmungen durch di e Polizei Angaben zu blutverschmierten Personen mac h ten, die sie entweder in unmittelbarer Tatortnähe oder im Bereich potentieller Fluchtwege gesehen hatten.
Der Zeuge A.M. gab in seiner Vernehmung an, dass er am Tattag mit seinem Fahrrad am Neckaruferweg von der Böckinger Brücke in Richtung Otto - Konz - Brücke gefahren sei.
Den Zeitraum seiner Fahrradfahrt an diesem Tage bezeichnete er zwischen 14 Uhr und 14.40 Uhr.
Gegen 14.05 Uhr/14.10 Uhr bemerkte der Zeuge von der Otto - Konz - Brücke ihm entgegenkommend drei Personen auf dem Radweg.
Hierbei handelte es sich um zwei männliche Personen und eine weibliche Person.
Eine der män nlichen Personen begab sich an der dortigen Treppe zum Neckar und wusch ihre blutigen Hände im Neckar.
(Punkt 2)
Diese männliche Person lief ihm au f dem unterhalb des Ra dwegs befindlichen Uferweg entgegen, während ihm die weibliche und die andere männliche Person oberhalb auf dem Radweg begegneten.
Nach einem kurzen Gespräch mit der weiblichen Person auf dem Radweg fuhr der Ze uge wieder in Richtung Böckinger Brücke zurück.
Im Anschluss an einen kurzen Aufenthalt auf einer Bank in der Nähe des Freibades fuhr der Zeuge A.M. mit se inem Fahrrad über den Radweg entlang des Neckars durch den Wertwiesenpark, um nach Hause zu fahren.
Am Ende des Wertwiesenp arks, Beginn des dortigen Sportgelä ndes/Vereinsgaststätte , sah er die drei Personen auf dem Radweg/Fußweg wieder.
Nachdem die Personen ihn b emerkt hatten, sprang eine männliche Person nach rechts in die Uferböschung des Neckars, die anderen beiden bogen na ch links ab.
Für den Zeugen entstand der Eindruck, dass sie sich vor ihm verstecken wollten.
(Punkt 3)
 Die Zeugin M.M. h atte am 25.April 2007 gegen 11 Uhr im Bereich der Badstraße zwei Personen gehört, die sich in italienischer Sprache stritten.
(Punkt 4)
Als sie zwischen 14 und 14.30 Uhr wieder auf dem Weg zu ihrem Pkw gewesen sei, seien ihr die vermutlich gleichen Personen wieder aufgefallen, die auf der Oberen Neckarstraße
(Punkt 5) Richtung Kilianskirche gingen.(Punkt 6)
Bei dem Mann seien ihr hierbei sieben bis elf fingernagelgroße Blut spritzer auf dem Hemd im Bereich Brust und Bauch aufgefallen.
Die Frau beschrieb sie: ca. 23 bis 24 Jahre alt, ca.
160 cm groß, zierlich, schlank, bekleidet mit einer schwarzen Stoffhose und einem weißem Langarmhemd.
Den Mann beschrieb die Zeugin als 25 bi s 26 Jahre alt, 170 bis 175 cm groß, schlank, dunkle Haare, bekleidet mit einer schwarzen Stoffhose und einem weißen Langarmhemd, auf dem im Bereich Brust/Bauch die Blutspritzer festgestellt wurden.
Die Personen führten keinerlei Gegenstände mit sich.
Ein weiterer Zeuge berichtete, dass er am 25.April 2007 gegen 14.30 Uhr, von Sontheim kommend zu Fuß Ric htung Stadtmitte Heilbronn gegangen sei.
Am südlichen Ende des Wertwiesenparks, unweit der Einmündung Kolpingstraße/Sontheimer Brücke , sei links am rec ht en Fahrbahnrand ein Fahrzeug mit laufendem Motor gestanden.
(Punkt 7)
Das Fahrzeug, ein dunkelblauer Audi 80, habe ein Mosbacher Kennzeichen gehabt.
Als der Zeuge noch ca. vier bis fünf m von dem Fahrzeug entfernt gewesen sei, habe er gesehen, wie ein Mann von der g egenüberli egenden Seite aus auf das Fahrzeug zu rannte.
Er habe noch gehört, wie der Fahrer „dawei dawei“ rief und der Mann mit dem Kopf voran ins Fahrzeug hechtete.
Die Tür wurde geschlossen und der Wagen fuhr mit quietschenden Reifen weg.
Der Mann sei ca.180 cm groß und trage eine auffällige Tätowierung (Kreuz auf Hügel) am muskulösen Unterarm.
Er sei schlank, habe kurze, glatte, hellblonde Haare, an seiner Hose seien an den Knien grüne Flecken (vermutlich Grasflecken) gewesen.
Am auffälligsten an dem Mann sei jedoch, dass dessen rechter Arm voller Blutflecken gewesen sei, auch im vorderen rechten Bereich des T - Shirts seien Blutspritzer zu sehen gewesen.
Die Zeugin W. fuhr von Nordheim kommend mit ihrem Fahrzeug die Neckartalstraße Richtung Hauptfriedhof von Heilbronn.
Ca. 150 bis 200 m vor der Otto - Konz - Brücke, hörte sie ganz deutlich zwei Schüsse.
(Punkt 8)
Als sie dann auf der Brücke an einer Ampel anhalten musste, sah sie an der Kreuzung Karlsruher Straße/Theresienstraße einen Mann mit einem blutverschmierten A rm, bzw. die ganze linke Seite dieses Mannes war mit Blut verschmiert.
(Punkt 9)
Es hielt ein Fahrzeug und der Mann stieg möglicherweise hinten im Fahrzeug ein.
Der Mann war ca. 30 bis 36 Jahre alt, hatte breite Schultern, ein rundes Gesicht und dunkelblonde, glatte Haare.
Die Zeugin hielt diesen Mann für einen Russen.
Der Zeuge Mögelin hat diese Zeugen gegenüber dem Untersuchungsausschuss als „mit das Interessanteste“ bezeichnet, was die Polizei zu diesem Zeitpunkt als H yp o these gehabt habe.
Einerseits, weil die Po lizei diese Zeugen – jeden für sich genommen – für glaubwürdig gehalten habe, andererseits, weil sie möglicherweise mi teinander korrespondieren könnten.
Der Zeuge Mögelin hat in seiner Vernehmung allerdings erläute rt, dass die Zeugen nach dem 4.November 2011 keine der aktuell dem NSU zugerechneten Personen bei einer Wahllichtbildvorlage erkennen konnten, so dass auch jetzt nicht verifiziert werden konnte, ob die B eobachtungen der Zeugen im Zusammenhang mit der Tat standen.


b) Zeugin, die Schüsse hörte

Der Z euge Mögelin hat dem Untersuchungsausschuss von der Aussage der Zeugin W.berichtet.
Diese sei über eine Brücke gefahren und habe zwei Schüsse gehört, die sie zunächst der Eröffnung des Frühlingsfestes zugeordnet habe.
Dann habe sie jedoch bemerkt, dass di eses noch nicht begonnen hatte, und hielt an einer Ampel.
Die Ze ugin habe dort einen Mann mit Blutantragungen in ein Auto steigen sehen, welches sie zunächst als dunkel, später als hell beschrieben habe.
Mit der Zeugin seien Phantombilder erstellt worden.
Erster Staatsanwalt Meyer - Manoras hat in seiner Ve rnehmung vor dem Untersuchungsausschuss dargelegt, dass aufgrund der Schilderungen von Zeugin W. eine Tatrekonstruktion erfolgt sei.
Dabei habe sich herausg estellt, dass die Zeugin die von ihr angegebenen Beobac htungen nicht gemacht haben könne.
Der Tatverdächtige hätte nicht in der von W.
angegeben Zeit zwischen Schussabgabe und Sichtung von dem Ort, an dem W.angab, die Schüsse zu hören zu dem Ort, an dem sie den Tatverdächtigen gesehen haben will, laufen können.
 

 c) Umgang mit diesen Zeugen

Der Zeuge Mögelin hat gegenüber dem Untersuchung sausschuss dargelegt, dass es zwischen der Polizei und der Staatsanwaltschaft unterschiedliche Auffassungen darüber gegeben habe, wie die Zeugenaussagen zu werten seien.
Die Polizei habe die Aussagen für tatrelevant gehalten und daher eine Öffentlichkeitsfahndung mit Phantombi ldern angeregt.
Dies wurde von Staatsanwalt Meyer - Manoras jedoch abgelehnt.
Im Untersuchungsausschuss ist in diesem Zusammenhang kritisiert worden, da ss die Ablehnung ohne schriftliche Begründung erfolgte.
Hierzu hat der Zeuge Meyer - Manoras erläutert, dass es bei seiner letzten schriftlich begründeten Ablehnung zu Reibungen mit der Polizei gekommen sei, die aber später geklärt worden seien.
Diesmal habe er daher lediglich eine ausführliche mündl iche Begründung abgegeben.
Der Zeuge hat dem Untersuchungsausschuss anschließend seine Beweggrü nde für die Ablehnung geschildert.
Zunächst sei die Staat sanwaltschaft von einer geplanten Tat ausgegangen, so dass d ie Beschreibungen unkontrollierter Fluchtversuche nicht als tatrelevant eingestuft worden seien.
Des Weit eren habe es heftige Widersprüche in den jeweiligen Ze ugenaussagen gegeben.
Die Veröffentlichung von Pha ntombildern erfordere jedoch einen richterliche n Beschluss und damit die Annahme, dass die Abgebildeten mit Wahrscheinlichkeit Beschuldigte seien.
Diese Vorausse tzung habe jedoch nicht vorgelegen.

 

3.Ringfahndung

a) Ablauf Ringalarmfahndung

Aus dem Ermittlungsbericht der Soko „ Parkplatz “ vom 20.Juli 2012 g eht hervor, dass im Rahmen der ersten Fahndungsmaßnahmen der Polizei um 14.15 Uhr (Fun kuhrzeit) eine Ringalarmfahndung ausgelöst wurde.
Bei der Kontrollstelle Oberstenfeld, die ca. 25 bis 30 Minuten beziehungsweise 20 Kilometer vom Tatort en tfernt ist, wu rde unter anderem ein Wohnmobil registriert.
Eine Kontrollliste zum Kontrollpunkt LB 3 bestätigt, dass ein Wohnmobil mit dem Kennzeichen C - PW 87 an di esem Kontrollpunkt erfasst wurde.
Im November 2011 stellte man fest, dass es sich dabei um das Kennzeiche n eines im betreffenden Zeitraum auf den Namen Holger Gerlach angemieteten Wohnmobils ha ndelte.
Dem Ermittlungsbericht lässt sich entnehmen, dass das Wohnmobil die Kontrollstelle zwischen 14.30 Uhr und 14.37 Uhr passierte.
Eine detaillierte Weg - Zeit - Berec hnung des LKA ergab, dass es im Zeitfenster zw ischen Tat und Registrierung möglich gewesen wäre, vom Tatort zur Kontrollstelle zu gelangen.
Im Untersuchungsausschuss ist die Frage erörtert worden, ob es möglich gewesen wäre, innerhalb dieser Zeitspanne di e Kontrollstelle zu erreichen, wenn man vorher be ispielsweise ein Fahrrad im Wohnmobil verstauen müsste.
Der Zeuge Mögelin hat dargelegt, dies sei grundsätzlich möglich, könne aber nicht eindeutig festgestellt werden.
Man habe einige Varianten eruiert, abe r sicherlich nicht alle Möglichkeiten abschließend klären können.

b) Auswertung der Kontrolllisten

Die Auswertung der Kontrolllisten begann im Sommer 2010 und wurde in mehreren Etappen durchgeführt.
Zunächst erfolgte am 14.August 2010 eine stichprobena rtige Überprüfung der erfassten Daten aus der Ringfah ndung.
Diese ergab, dass die Kontrollstellenlisten nur u nvollständig elektronisch erfasst und nur zum Teil in CRIME (Criminal Research Investigation Management Software), einer Datenbank - Software zur struktur ierten Verwaltung komplexer Sachverhalte und Erkenntnisse, 5647 recherchierbar waren.
In einem Aktenvermerk wurde daraufhin festgestellt, dass aufgrund der teilweise fehle nden Listen nicht alle Kennzeichen zur Verfügung stünden und möglicherweise bestehende Zu sammenhänge nicht erfasst werden könnten.
Die Halter der erfassten Fahrze uge waren bis dahin nicht festgestellt worden.
Am 1.September 2010 schließlich erhielten zwei Beamte den Auftrag, die Listen aufzubereiten, die EDV - Erfassung in CRIME vorzubereiten und die Halter der Kennzeichen zu ermitteln.
Insgesam t wurden 201 Listen mit rund 33 000 Kennzeichen erstellt.
Ein Aktenvermerk vom 1.November 2010 enthält die Empfehlung, vor dem CRIME - Import eine Massenanfr age beim Kraftfahrt - Bundesamt ( KBA) zur Fes ts tellung der Halter der am 25.April 2007 mit den Kennzeichen versehenen Fahrzeuge durchzuführen.
Darüber, ob bzw.wann dies geschehen ist, ist keine Aufzeichnung ersich tlich.
Am 11.Februar 2011 wurde der Auftrag zum CRIME - Import erteilt.
Der Import war l aut Abschlussbericht zur Bearbeitung d er Kontrollstellenlisten am 16.März 2011 abge schlossen.
Laut Vermerk vom 19.April 2011 war seit Abschluss des CRIME - Imports eine Beamtin mit der Bearbeitung der CRIME - Treffer beschäftigt, also mit der Korrektur, der Fusion von Dubletten sowie der Bewertung und Weitergabe an die zuständigen Sachbearbeiter.
Der Untersuchungsausschuss ist der Frage nachgegangen, weshalb keine umgehende Ermittlung der Halter erfolgte.
Hierzu ist der Zeuge Mögelin befragt worden.
Der Zeug e hat das Vor gehen bei der Auswertung von so genannten Massendaten, die beispielsweise nach Durchfahrtskontro llen entstehen, ausführlich erläutert.
Diese würden nicht als eigenständige Ermittlungsgrundlage dienen, sondern vielmehr als zusätzliche Informatio nssammlung, die a nderweitigen Ermittlungsergebnissen ein größeres Gewicht verleihen kann.
Als Beispiel führte er unter anderem e inen Zeugenhinweis auf einen Mosbacher Audi als Fluch tfahrzeug an.
Nach diesem Kriterium könne dann der D atenbestand durchsucht werden.
Im Falle eines Treffers würde der durch die Zeugenaussage begründete Verdacht erhärtet.
Hingegen sei es aus kriminalistischer Sicht unverhältnismäßig, Massendaten dieser Größenordnung verdachtsunabhängig auszuwerten.
Der Zeuge hat betont, dass dies e Problematik nicht nur bei der Halterermittlung nach Durchfahrtskontrollen auftrete, sondern beispiel sweise auch im Zusammenhang mit der Ermittlung von Anschlussinhabern aus Funkzellendaten.
Dies ergebe eine sehr große Datenmenge.
Es sei nicht möglich ei ne so große Anzahl unbescholtener Bürger, gegen die kein Tatverdacht bestehe, mit polizeilichen Maßnahmen zu belegen.
Bei Fahrzeugkontrollen erhöhe sich die Zahl der Betroffenen dadurch, dass die Halter nicht den Fahrern entsprechen müssten.
Auf diese Aus führungen hin ist dem Zeugen der Hinweis auf das Wohnmobil vorgehalten worden, welches nach Angaben des Schaustellers L.am Tag vor der Tat dort geparkt haben soll.
Dies werfe die Frage auf, weshalb diese Information nicht als Rasterkriterium für eine Durc hsuchung der Kontrolllisten qualifiziert wurde.
Der Zeuge Mögelin hat hierzu erklärt, dass die Tatrel evanz eines Hinweises eine Bewertungsfrage sei.
In diesem Fall hätten mehrere Erwägungen dafür gesprochen, den Hinweis auf das Wohnmobil als nicht releva nt einzust ufen.
Zum einen habe der Zeuge weder Personen in dem Wohnmobil beobachtet, noch habe er gewusst, wann dieses weggefahren sei.
Zum anderen hätten sich au fgrund des anstehenden Festes viele Wohnmobile der Schausteller auf dem Gelände befunden.
Fern er hätte der Zeuge nichts Verdächtiges beobachtet.
Auch habe es keine weiteren Zeugen gegeben, denen das Wohnmobil aufgefallen sei.
Abschließend ist im Ausschuss kritisiert worden, dass der beachtliche Ermittlungsaufwand aufgrund von Hinweisen im Zusamme nhang mit Organisierter Kriminalität vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar erscheine.
Diese Hinweise hätten zu umfangreichen Ermittlungen im Ausland geführt, die man offenbar für angemessen geha lten habe.
Gleichzeitig sei aber die Auswertung erhoben er Massendaten als zu aufwendig klassifiziert worden.


c) Wohnmobil - Mietvertrag

Im Ausschuss ist die Frage erörtert worden, ob eine zei tnahe und gründliche Überprüfung der Daten aus der Ringalarmfahndung schon damals auf die Spur der mu tmaßlichen Täter hätte f ühren können.
Die Halterüberpr üfung zu dem mutmaßlich von Böhnhardt gemieteten und in der Ringalarmfahndung erfassten Wohnmobil hätte auf die Spur eines Chemnitzer Caravan verleihs geführt.
Dort hätte festgestellt werden können, dass die Anmietung des Wohn mobils am 16.
April 2007 mit dem Ausweis des Holger Gerlach erfolgte, auf dem Mietvertrag aber eine nicht auf ihn ausgegebene Handy - Nummer vermerkt war.
Zudem ging Holger Gerlach in Niedersachsen einer ger egelten Beschäftigung nach, so dass hätte überprüft werden können, ob er als Nutzer des Wohnwagens überhaupt in Frage kam.
Böhnhardt und Gerlach sehen sich auf Lich tbildern ähnlich.
Die auf dem Mietvertrag vermerkte Ha ndy - Nummer gehörte zu einem in der Zwickauer Wohnung gefundenen Handy.
In dieser Wohnung wurde n auch der Mietvertrag für das Wohnmobil sowie der zugehörige Zahlungsbeleg gefunden.


4.Auswertung des E - Mail - Kontos

Michèle Kiesewetter verfügte über eine private E - Mail - Adresse beim Betreiber Yahoo.Dieses E - Mail - Konto wurde in den damaligen Ermittlun gen nicht ausgewertet.
Dafür wurde die Begründung gegeben, dass dieses Konto nicht allgemein bekannt gewesen sei.
Für die Auswertung hätte es eines internationalen Rechtshilfeersuchens b edurft.
Wörtlich heißt es in der Unterlage: „Von der Stellung eines Re chtshilfeersuchens wurde abgesehen, da keiner der bis dahin befra gten Personen im privaten und beruflichen Umfeld die E - Mail - Adresse bekannt war.“ 5655 Als die Auswertung des E - Mail - Kontos während der aktuellen Ermittlungen nachgeholt werden sollte, stand es n icht mehr zur Verfügung, da bei Nichtnutzung eines Yahoo - E - Mail - Accounts die Inhalte nach vier Monaten und der Account nach 18 Monaten gelöscht werden.
Im Untersuchungsausschuss ist die Frage erörtert worden, ob der Verzicht auf eine Auswertung des private n E - Mail - Accounts einen Ermittlungsfehler darstelle.
Mögliche rweise seien im Hinblick darauf, dass das Umfeld von Kiesewetter die Adresse nicht kannte, gerade über diesen Account entscheidende Korrespondenzen geführt wo rden.
Hierzu hat der Zeuge Mögelin v or dem Untersuchung sausschuss erläutert: „Darüber hinaus muss noch darauf hinge wiesen werden, dass ein Teil der Bewertung auch sein kann, dass der Laptop bei Frau Kiesewetter nicht internetfähig war und dass nach den Aussagen i hres Umfeldes das Umfeld vo n Frau Kiesewetter e igentlich eher mit SMS damals kommuniziert hat und zu mindest in dem Ganzen, was wir wissen, e ine E - Mail - oder Internetkommunikation zwischen dem gesamten Umfeld und Frau Kiesewetter nicht stattgefunden hat.“ 56.*
Abschließend hat der Zeuge jedoch eingeräumt, dass er es bei einem Kapitalverbrechen der Vollständigkeit halber für geboten hielte, auch das E - Mail - Konto auszuwerten.
Der Zeuge Meyer - Manoras, der damals mit dem Ermit tlungsverfahren beauftragte Erste Staatsanwalt , hat ang egeben, das s die Yahoo - Adresse „offensichtlich schon seit Jahren stillgelegt“ gewesen sei.
Keiner von Kiesewetters Freunden, Verwandten oder Bekannten hätte die Adresse gekannt.
Im Ausschuss ist daraufhin problematisiert wo rden, dass das Interesse des Accounts möglic herweise gerade darin gelegen haben könnte, dass über ihn Konta kte gepflegt würden, die nicht zum bekannten Umfeld von Kiesewetter gehörten.
Der Zeuge Meyer - Manoras hat seine damalige Entscheidung dennoch auch unter diesem Gesichtspunkt für plausibel erklä rt.
Er hat darauf hing ewiesen, dass es stets eine Fülle von Ermittlungsansätzen gebe und daher nicht jede Eventualität ausgeschlossen werden könne.
Er hielte es für „extrem unwahrschei nlich“, dass dieser Account interessante Informationen beinhaltet habe.
 

 5. Gutachten zum Schussverlauf

Prof. Dr. Wehner , ein ehemaliger Gerichtsmediziner der Universität Tübingen, der nach seiner Emeritierung ein Forensik - Labor betreibt, erstellte ein Gutachten vom 30.Mai 2008, welches sich auf mögliche Standorte der Täter zum Zeitpunkt der Schussabgabe, mögliche Ang aben der Körpergrößen der Täter, Schussentfernungsb estimmung sowie die mögliche Sitzposition der Opfer bezog.
Es konnten damit – abhängig von der Sitzposition der Opfer – grobe Schlüsse auf die Körpergröße der Täter gezogen werden.
 

 6. Verspätete Auswertung von Videoaufzeichnungen

Im Umfeld des Tatortes, der There sienwiese, gab es zah lreiche Video überwachungskameras, beispielsweise in privaten Ge schäften wie Bäckereien oder Gebäuden wie dem Bahnhof.
Die potentiell rel evanten Videos wurden nach der Tat sichergestellt, jedoch erst 2010 vollständig ausgewertet.
Der Untersuchungsausschuss hat krit isiert, dass von einer zeitnahen umfassenden Auswertung abgesehen wurde.
Der Zeuge Mögelin hat bestätigt, dass die vollständige Auswertung 2010 begonnen und unter seiner Leitung noch einmal intensiviert wurde.
Videoau fnahmen seien punk tuell schon früher ausgewertet worden, wenn es einschlägige Hinweise gegeben habe.
Einen solchen Hinweis habe es beispielsweise im Zusamme nhang mit einer blutverschmierten Person gegeben.
Auch der Zeuge Meyer - Manoras hat die zeitlich stark verzögerte Auswertung der Videoaufzeichnungen nicht als problematisch angesehen.
Er hat auch in diesem Ko ntext bekräftigt, dass aus seiner Sicht wegen der Verfo lg ung des „ Phantoms “ „keine entscheidenden Spuren liegen geblieben“ seien.
Der Zeuge hat allerdings best ätigt, dass die Videoaufnahmen in der Sit uation nach dem 4.
November 2011, in der man nach konkreten Tatve rdächtigen suchte, eine wichtige Rolle spielten.
 

VIII. Hinweis des Onkels von Michèle Kiesewe tter

Am 4.Mai 2007 gab der Onkel der ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter, ein Kriminalbeamter aus ihrer Heimat Thüringen, den Hinweis, die Tat habe etwas mit den „Türkenmorden“ zu tun.
Wie dem Protokoll der damal igen Zeugenvernehmung zu entnehmen ist, äußerte er konkret: „Aufgrund meiner Berufserfahrung muss ich s agen, dass es für mich aussieht wie aus dem Bereich der organisierten Kriminalität und dort im Bereich russisch oder georgisch.
Das entnehme ich dem skrupellosen Vorgehen.
Meiner Meinung nach besteht auch aufgrund der verwendeten Kaliber und der Pistolen, die ich aus den Medien kenne ein Zusammenhang mit den bundesweiten Türkenmorden.
So viel ich weiß , soll auch ein Fahrradfahrer bei den Türkenmorden eine Rolle spielen.
Ich sage nicht, dass ein Zusammenhang besteht.
Ein Kollege von der Kl 1 hat mich nur angesprochen, dass ein Zusammenhang bestehen könnte.“ .
Konsequenzen aus diesem Hinweis folgten nicht.
Der Zeuge Mögelin hat ausgesagt, dass ihm diese Ze ugenaus sage das erste Mal nach dem 4.November 2011 bekannt geworden sei, nachdem man sich noch einmal alle Vernehmungen angeschaut habe.
Vor dem Bekanntwerden der sogenannten Zwickauer Terrorzelle sei er nicht von Kollegen auf diese Zeugenaussage hingewiesen worden.
Die in der Zeugenaussage genannten Fakten seien nicht zutreffend.
So hätten die Waffen nicht das gleiche Kaliber gehabt und Radfahrer hätten in Heilbronn keine wesentliche Rolle gespielt.
Der Zeuge sei noch einmal nachvernommen worden und habe aus seiner Erinnerung nicht sagen können, dass er dies überhaupt gesagt habe.
Er habe sich seine Aussage im Nachhinein nur so erklären können, dass er einen Hinweis von einem Kollegen erhalten habe, den er nur wiedergegeben habe.
 

IX. Angebliche Hinweise der Auskunftsperson und späteren Informantin Krokus an das LfV Baden - Württemberg im Jahre 2007

Der Untersuchungsausschuss ist der Frage nachgegangen, ob bereits kurz nach der Tat in Heilbronn beim LfV B aden - Württemberg Hinweise der Auskunftsperson und späteren Informantin Krokus vorlagen, wonach der Gesundheitszustand des verletzten Polizisten A.durch rechtsextremistisc he Kreise beobachtet worden sei und ob es unterlassen wurde, diese Hinweise an die Polizei we iterzugeben.
 

1.Behauptungen des Herrn Gronbach

Anl ass für diese Prüfung gab eine E - Mail von Alexander Gronbach vom 14.April 2012 an das Innenministerium Baden - Württemberg.
Hierin gab Herr Gronbach an, er habe Informationen einer Vertrauensperson des LfV zu Verbindungen des rechtsextremistischen Spektrums zum Mordfall in Heilbronn.
Bei der Quelle handelte es sich um die Lebensgefährtin des Herrn Gronbach , Frau K.Sie wurde in der Zeit von Juli 2007 bis zur ihrer Abschaltung im März 2011 als Quelle des LfV Baden - Württemberg unter dem Namen Krokus geführt.
In der E - Mail führte Herr Gronbach aus, Krokus habe im Zuge ihrer Tätigkeit für das LfV Baden - Württemberg den Auftrag gehabt, Kontakte zu Frauen aus dem rechtsrad ik a len Spektrum im Raum Hohenlohe herzustellen.
In diesem Zusammenhang habe sie die NPD - Funk tionärin Nelly R.kennengelernt.
Von dieser habe sie erfahren, dass eine Krankenschwester an einem geheim gehaltenen Ort, dem Krankenhaus Ludwigsburg, Informationen für rechtsgerichtete Kreise sammele.
Hierbei sei zunächst mitgeteilt worden, dass der Poliz ist im Koma läge und wohl den Mordanschlag nicht überleben werde.
Später sei berichtet worden, dass man keine weitere Aktion ausfü hren müsse, da sich der Polizist nicht mehr an den Tata blauf oder an Personen erinnere.
Dies habe Krokus ihrem VP - Führer unmit telbar nach dem Polizistenmord und dem Mordversuch gemeldet.
Die Meldung sei vom LfV nicht an die zuständigen Ermittler der Soko „ Parkplatz “ weite rgeleitet worden.
Vielmehr habe ihr V - Mann - Führer ihr erklärt, sie solle sich aus der Sache raushalten, denn es sei Sache der Polizei, in diesem Mordfall zu ermitteln.
In einer „Vereidigten Aussage beim zuständigen Ermit tlungsrichter Bundesgerichtshof Karlsruhe“ führte Herr Gronbach aus, er sei gemeinsam mit dem Zeugen E.J. am Ostersonntag 2012 auf dem Anwesen von Nelly R. vorstellig geworden.
In diesem Gespräch habe sich he rauskristallisiert, dass die Rechtsextremisten seit 2009 den Verdacht gehegt hätten, bei Krokus könne es sich um eine Quelle des Verfassungsschutzes handeln.
Im Anschluss sei es zu einem Tref fen mit Nelly R., Matthias Brodbeck sowie Alexander N.in einer Gaststätte gekommen.
Dort habe er diese Personen mit den Punkten Polizistenmord, Krankenhaus Ludwigsburg, Krankenschwester und I nformationen an diese rechtsextremistischen Kreise ko nfrontiert.
Nelly R. habe bestätigt, dass die Quelle bei di esen Gesprächen anwesend gewesen sei und ihr Ehemann über die Quelle wüst geschimpft habe.
Alexander N.sei totenbleich und Matthias Brodbeck fassungslos gew esen.
In der Folge soll es am 6.Mai 2012 an einem Schießstand eines Schützenvereins zu einer Konfrontation zwischen Krokus , Matthias Brodbeck , Tanja W., Patrick W.sowie einer vierten Person gekommen sein.
Patrick W . hat nach Einschätzung des BKA nachgewiesene Kontakte zu Beschuldigten im Ermittlungsver fahren des Generalbu ndesanwaltes im Zusammenhang mit dem NSU.
 

 2. Umgang mit Quelleneigenschaft von Krokus durch LKA Baden - Württemberg und LfV Baden - Württemberg

Frau K. wurde am 3. Mai 2012 zeugenschaftlich vernommen.
Während der Vernehmung äußerte sie sich zu der Behauptung von Herrn Gronbach , er habe durch sie e rfahren, dass Personen aus der Nazi - Szene sich Informat ionen über den Gesundheitszustand des verletzten Polizi sten Martin A.
beschafft hätten, wie folgt: „Dazu kann ich gar nichts sagen.
Das ist abs oluter Bullshit.
Von mir kam keine derartige Information an Herrn Gronbach.
Das Einzige, was ich in di esem Zusammenhang sehe, ist ein Besuch bei me iner Friseurin, Nelly R. aus Wolpertshausen.
Im Gespräch bei einem Friseurbesuch kam man auf das Thema Polizi stenmord.
Das war aber nicht jetzt vergangenen Herbst, sondern im Jahr 2007, als das Thema noch aktuell war.
Die Nelly erzäh lte, dass sie eine Bekannte habe, die im Kranke nhaus Ludwigsburg arbeitet, wo A.
behandelt wu rde.
Diese habe berichtet, dass es Mart in A. soweit gut gehe.
Mehr wurde nicht gesprochen.
Diese Geschichte habe ich irgendwann mal dem Alexander erzählt.
Es war vielleicht vor einem halben Jahr.“ .
Außerdem bestritt Krokus , jemals einer nachrichtendiens tlichen Tätigkeit nachgegangen zu sein.
Vor dem Hintergrund, dass Krokus jegliche nachrichte ndienstliche Tätigkeit bestritt, bewertete das LKA den Sachverhalt zunächst wie folgt:
.„Im Ergebnis ist festzuhalten, dass es nach derze itigem Kenntnisstand, außer der Aussage von Hr. Gronbach selbst, kein e Anhaltspunkte dafür gibt, dass seine Angaben über den von Fr. K. beschri ebenen Sachverhalt hinaus zutreffen.
Insbesondere gezieltes Interesse der rechtsextremen Szene, Mordpläne und der Rücktritt von diesen Plänen nach der Feststellung des Gedächtnisverlustes von PM A. können aus den hier vorliegenden Inform ationen nicht untermauert werden.
Es trifft jedoch zu, das s die im rechtsradikalen Milieu verkehrende Fr. R. über den Gesundheitszustand von PM A. i nformiert war.“ .
Am 10.Juli 2012 fand beim BKA eine Besprechung statt, an der auch Vertreter des LfV Baden - Württemberg tei lnahmen.
Während dieses Treffens wurde den Bespr echungsteilnehmern offenbart, dass Frau K. zu einem fr üheren Zeitpunkt als Quelle des LfV Baden - Württemberg geführt wurde.
Aufgrund dieses Hinweises kam das LKA Baden - Württemberg zu einer veränderten Einschätzung.
Demzufolge müsse damit gerechnet werden, dass sich Frau K. aufgrund ihrer Geheimverpflichtung durch das LfV Baden - Württemberg zu falschen Angaben gezwu ngen gesehen habe.
Vor diesem Hintergrund wurde vorg eschlagen, weitere Ermittlungen durchzuführen.
Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehörte u.a., mit dem LfV Baden - Württemberg Kontakt aufzunehmen, um eine partielle Entpflichtung von Frau K. und eine Aussageg enehmigung für ihren Quelle nführer zu erreichen.
In einem abschließenden Bericht vom 28.Februar 2013 hielt das LKA Baden - Württemberg fest: „Das LfV BW weigert sich aus Gründen der S icherstellung der nachrichtendienstlichen Aufg abenerfüllung und zum Schutze der für das LfV BW tätig en Quellen zu Fragen über Quellen - o ffen - Stellung zu nehmen.
Dies könne im Einzelfall nur in Form von als VS - Geheim eingestuften Ste llungnahmen erfolgen.
Das LfV verweist auf seine Stellungnahme vom 16.05.2012: ‚ Herr Gronbach behauptet, ihm sei bekannt, dass sich zeitnah zu dem Mord und Mordversuch an den Polizeibea mten Kiesewetter und A. gewisse Personen nach dem Gesundheitszustand des A. erkundigt hätten.
Zudem sei überlegt worden, ob etwas zu tun sei, sofern sich der Polizeibeamte A. wieder an den Mord bzw. Mordversuch erinnern würde.
Er habe dies von einer Quelle des LfV BW erfahren, die dies auch so ihrem VM - Führer mitgeteilt habe.‘ Zu dieser Sachverhaltsschilderung liegen dem LfV BW keinerlei Erkenntnisse vor.
Wären dem LfV BW solche Erkenntnisse be kannt geworden, hätte man sie an die ermittelnde Polizeidienststelle we itergeleitet.“ .
Zudem wurde in dem Schreiben des LKA vermerkt: „Die beabsichtigte Zeugenbefragung des für Frau K.
angeblich zuständigen Quellenführers beim LfV unterbleibt aus rechtlich en Gründen.“ .
Um welche rechtlichen Gründe es sich hierbei handeln könnte, wurde nicht ausgeführt.


3.Tätigkeit der Auskunftsperson/Informantin Krokus für das LfV Baden - Württemberg

Da der von Gronbach behauptete Sachverhalt – auch aufgrund der durch das LfV B aden - Württemberg verwe igerten Aussagegenehmigung für den Quellenführer von Krokus – im Vorfeld nicht zweifelsfrei widerlegt werden konnte, hat der Ausschuss diesen Quellenführer, Herrn Rainer Oettinger , selbst vernommen.
Dieser hat ausgesagt, dass Krokus v or ihrer Tätigkeit für das LfV Baden - Württemberg Informationen aus dem Kleinkriminellenbereich an den Staatsschutz weitergeg eben habe.
Der zuständige Staatsschutzbeamte habe Kr okus an das LfV Baden - Württemberg weiter vermittelt, da Krokus Interesse daran ge habt habe, für ihre Informati onen Geld zu be kommen.
Hieraufhin habe am 19.Juli 2007 ein sog. „Aufwärmungsgespräch“ stattgefunden, welches dazu gedient habe, sich ein Bild von der betre ffenden Person zu machen.
Die Zielrichtung für die Täti gkeit von Krokus für das LfV Baden - Württemberg habe sich daraus ergeben, dass ihre Freundin mit einem NPD - Funktionär liiert gewesen sei und dass sie regelmäßig zu einer rechtsextremistischen Friseurin gegangen sei.
Auch habe er sich vorstellen können, über Krokus an Publi kat ionen aus dem rechtsextremistischen Bereich zu ko mmen..
Tatsächlich war Krokus auch nach den vorli egenden Akten ab Juli 2007 „Auskunftsperson“ des LfV Baden - Württemberg zur rechtsextremistischen Szene.
Während dieser Tätigkeit bot sie Informationen übe r die Skinszene an, die sie in dem Friseurladen von Nelly R. (NPD) erhielt.
Vom LfV wurde sie als freundlich, aufg eschlossen und in geordneten Verhältnissen lebend eing eschätzt.
Sie lehne rechtsextremistische Aktivitäten kateg orisch ab und habe eine demokr atische Gesinnung.
Krokus sei eine intelligente und zuverlässige Person, die über größeres Potential verfüge.
Zu der auch in der Presse wiedergegebenen Einschätzung, wonach es sich bei der Quelle Krokus um die „geborene Quelle“ handele, die zuverlässig, verschwiegen und überaus einsatzwillig sei, .hat der Zeuge Oettinger ausgeführt, es müsse zwischen der beschriebenen Persönlichkeitsstruktur und der Zugangslage differenziert werden.
Bei Krokus habe es sich zunächst nur um eine Auskunftsperson g ehandelt.
Mit Auskunftspersonen fänden nur gelegentliche Treffen statt.
Diese berichteten dann, was sie mehr oder weniger durch Zufall in Erfahrung gebracht hätten.
Zudem sei der Zugang bei Kroku s zumeist indirekter Natur gewesen: „Insgesamt kann konstatiert werden , dass es sich bei der Quelle bis zum Jahreswech sel 2010/2011 um eine Person mit eher un terdurchschnittlichem Zugang handelte, de ren Informationsgehalt jedoch bis dato als im Allgemeinen zuverlässig galt.
A nders ausge drückt: keine Superquelle, aber ein e durch aus nachrichtenehrliche Person.“ .
Die von Krokus gelieferten Informationen hat der Zeuge Oettinger wie folgt bewertet: „diese ganze Schiene war alles andere als befriedi - gend.
Es kam wenig rüber, extrem wenig.
Ich hatte mir ursprünglich mehr verspr ochen.
Das Wenige, das rüberkam, gerade in Bezug auf den NPD - Funktionär, habe ich, wie man bei uns sagt, mat eriell umgesetzt.“ .
Krokus habe v orrangig über Skinhead - Termine Auskünfte geben sollen.
Ihre Informationen seien aber nicht ergiebig gewesen.
Die F rage, ob Krokus ihm nach dem Mord an der Polizi stin Kiesewetter und dem versuchten Mord an dem Pol izeibeamten A.
Informationen des Inhalts habe zukommen lassen, dass die rechtsextreme Szene Baden - Württemberg versuche, sich mittels einer Krankenschwester ei n Bild über den Gesundheitszustand des schwerverletzten Pol izeibeamten zu verschaffen, hat der Zeuge Oettinger ve rneint.
Hierzu hat er ausgeführt: „Wenn eine Information dieser Art an mich hera ngetragen worden wäre, dann wäre bei mir ein äh nlicher Me chani smus abgelaufen wie wahrschei nlich bei anderen Menschen auch, die auf die In - formationen anderer angewiesen sind, ob das nun Polizeibeamte sind oder Journalis ten.
Und diese Information hätte mich auch aus damaliger Sicht - jetzt nicht nur heute mit all de m Wissen, das wir haben, sondern auch aus damaliger Sicht - deshalb fasziniert oder elektrisiert, weil es ja darum gega ngen wäre, dass ein Kollege von mir - ich komme aus den Reihen der Polizei - möglicherweise gefährdet ist.
[ ...] Das wäre eine Situation ge wesen, auf die ich ganz sicher reagiert hätte, und die ich im Anschluss nach dem Abfragen all dieser Details telefonisch in die Zentrale gegeben hätte.
Und ich garan tiere I hnen: Ich wäre sofort in die Zentrale gerufen wo rden, und man hätte sich über diese n Fall unterha lten.“ 5688 Ab Januar 2008 wurde Krokus Informantin des LfV B aden - Württemberg.
Eine Höherstufung Krokus zur Info rmantin war mit Schreiben vom 17.Dezember 2007 ang eregt worden.
Bei dieser Tätigkeit beobachtete sie vor allem die Partei DIE LINKE.
Laut Aktenlage wurde der Wechsel zum linksextremistischen Bereich damit begründet, dass Krokus nur periphere Zugänge zu recht sextremistischen Einzelpersonen habe.
Die rechtsex tremistischen Beobachtungsfelder im Großraum Heil bronn/Schwäbisch Hall/Ostalb s eien mittels der dort eing esetzten Quellen [...] relativ gut abgedeckt.
Es böte sich an, die AP in den Bereich Linksextremismus zu steuern, solange ihre rechtsextremistischen Kontakte noch nicht zu intensiv seien.
Vorstellbar und vermutlich auch realisie rbar , wäre eine Verbindungsaufnahme zur Partei „Die Linke“, die im Wohnbereich der AP über eine eigene Ortsgruppe „Schwäbisch Hall - Hohenlohe“ verfüge.
Zu einem späteren Zeitpunkt wurde der Wechsel mit der persönlichen politischen Einstellung der Informantin u nd finanziellen Aspekten begründet.
Der Zeuge Oettinger hat hierzu ausgeführt, Krokus sei Ende 2007 auf ihn zugekommen und habe ihr Interesse bekundet, ihre Tätigkeit auszuweiten.
Er sei hieraufhin an die Auswertungsleiterin rechts herangetreten.
Diese ha be mit Blick auf die gute Zugangslage zum rechtsextremist ischen Bereich im Raum Hohenlohe keine Möglichkeit eines erweiterten Einsatzes gesehen.
Der Auswertungsle iter „ links “ dagegen habe es für denkbar gehalten, dass Krokus die Linkspartei, bei der damals ein hoher Aufkl ärungsbedarf bestanden habe, beobachte.
Da es keinerlei Außenwirkung bei ihren Aktivitäten im Rechtsbereich gegeben habe, sei ein Wechsel gefahrlos möglich gewesen.
Krokus habe dann weiterhin gelegentlich auch über Gespräche mit ihrer Frise urin berichtet.
Nachdem Krokus eine Beziehung mit Herrn Gronbach aufgenommen hatte, wurde sie für das LfV Baden - Württemberg nicht mehr steuerbar.
In einem Vermerk wurde festgehalten, sie habe nun eine richtige Agentin werden und „am großen Rad drehen“ wo llen.
Der Zeuge Oettinger hat hierzu ausgeführt, dass sich zu B eginn des Jahres 2011 unter dem unheilvollen Einfluss von Herrn Gronbach ein krasser Wandel ihrer Persönlichkeit ereignet habe.
Krokus habe sich von Herrn Gronbach wie eine Marionette behandel n lassen.
Mit einem solchen Menschen habe der Zeuge nicht mehr zusammenarbeiten können.
Im Januar 2011 habe er während ihrer Täti gkeit für das LfV letztmalig telefonischen Kontakt zu ihr gehabt.
Die Zusammenarbeit mit Krokus sei am 15.
Februar 2011 beende t worden.
Der Zeuge Oettinger hat ausgesagt, im April 2012, nac hdem sich Krokus vorübergehend von Herrn Gronbach getrennt habe, sei noch einmal ein telefonischer Kontakt zwischen ihnen zustande gekommen.
Herr Gronbach habe seine ehemalige Freundin bei all en möglichen Ste llen als Quelle des LfV geoutet und sie so massiv bedroht, dass er - Oettinger - besorgt um sie gewesen sei.
Auf Wunsch seines Abteilungsleiters habe er Krokus anger ufen und ihr geraten, Herrn Gronbach anzuzeigen.
Seitdem habe es keinen wei teren Kontakt seinerseits zu Krokus gegeben.
 

4. Hintergrundinformationen zu den von Kr okus beobachteten Personen aus rechtsex tremistischen Kreisen

Die von Krokus beobachteten Personen ha b en eine gewi sse Prominenz in der rechtsextremistischen Szene.
Laut Sch reiben des LKA Baden - Württ emberg vom 15.Mai 2012 ist die Kontaktperson der damaligen Au skunftsperson und späteren Informantin Krokus , Frau R., in rechtsextremistischen Kreisen einschlägig bekannt.
Bei der letzten Landtagswahl ist sie als NPD - Kandidatin a ngetreten und es liegen einschlägige Staatsschutzerkenn tnisse über sie vor.
Zu Frau R. hat sich das LKA wie folgt geäußert: „Insbesondere muss davon ausgegangen werden, dass sie mit dem stv.
LV und LGeschFührer der NPD, Hr. N.bekannt ist.
[ ...] Hr.N. unter hält bundesweit Kontakte in rechtsextremistische Kreise [ ...] überfiel [ ...] eine Postaußenstelle in Lübeck und flüchtete anschließend nach Südafrika.
Dort wurde er wegen Beihilfe zum versuchten Mord an zwei Polizeibeamten und illegalem Waffenbesitz zu zweiein halb Jahren auf Bewährung verurteilt und im Jahr 1994 abgeschoben.“
Zur Person von Frau R.stellt der Bericht d es LKA Baden - Württemberg zudem F olgendes fest: „Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass Frau R. einen od er mehrere Angehörige des Trios kennenlernte: Frau R.
und ihr Mann Stefan sollen im gesamten Bundesgebiet, vorwiegend in Ostdeutschland an Veranstaltungen der politischen Skinheadszene teilgenommen haben.
Frau R. sei überwiegend bei Skinheadkonzerten und d amit verbundenen Partys aufgefallen.
Konkrete Anhaltspunkte gibt es dafür aber nicht.
In den Briefen und Vernehmungen, die bislang ausgewertet wurden und in denen Besuche des Trios im Raum Ludwigsburg geschildert we rden, ist vom Ehepaar R., Alexander N.un d den a nderen von Herrn Gronbach verdächtigten Personen nicht die Rede.“ .
Alexander N.wurde am 17.Dezember 2012 vom LKA Baden - Württemberg vernommen.
Er gab an, er habe noch nie etwas darüber gehört, dass sich die rechte Szene für den Gesundheitszustand d es verletzten Polizisten intere ssiert habe.
Es sei in der rechten Szene nicht einmal über den Polizistenmord selber gesprochen worden.
Dies sei erst Thema geworden, nachdem im November 2011 in den Medien berichtet wurde, dass die Täter aus der rec hten Szen e gekommen sein sollen.
Weiterhin erklärte er, Zschäpe , Mundlos und Böhnhardt sowie auch weitere Personen, die mit diesen bekannt seien, nicht zu kennen.
Die Frage, ob er jemanden vom „Thüringer Heima tschutz“ persönlich kenne, beantwortete er wie folgt: „ Den THS gibt es glaube ich schon 10 Jahre nicht mehr.
Ich war früher öfters in Thüringen unterwegs. Vom Sehen her sind mir Personen aus dem THS bekannt.
Frau Zschäpe , Herr Mundlos und Herr Böhnhardt habe ich hier nicht kennengelernt.
Ich schätze die drei P ersonen eher so ein, dass sie der ‚ Skinheadszene ‘ angehört haben.“ .
Zu der Person des Alexander N.wurde in dem Bericht de s LKA Baden - Württemberg vom 28.Februar 2013 festg estellt:
„Es konnte festgestellt werden, dass der von Herrn Gronbach verdächtigte Al exander N.mit einer Person aus dem Umfeld des NSU bekannt ist, nä m lich mit Jan Botho Werner , dem ehemaligen Leiter der Sektion Sachsen des Blood&Honour Netzwerks und ehemaligen Teilinhaber des Ve rlags ‚ Movement Records ‘.Jan Botho Werner soll mit dem Trio in Verbindung gestanden haben.
Er ist Beschuldigter im Ermittlungsverfahren der G eneralbundesanwaltschaft gegen den NSU.
Die I ntensität der Kontakte von N.ist jedoch nicht bekannt.
Es ist auch nicht bekannt, wann der Kontakt letztmals bestand.“ .
Zu der w eiteren von Krokus beobachteten Person, dem NPD - Funktionär Matthias Brodbeck , hat das LKA Baden - Württemberg mitgeteilt, dieser sei stellvertretender Bu ndesvorsitzender der Jungen Nationaldemokraten (JN), stellvertretender Landesvorsitzender der NPD Baden - W ürttemberg und Kreisvorsitzender der NPD Heilbronn.
Er sei Besucher diverser rechtsmotivierter Veranstaltu ngen gewesen und habe u.a. im Jahr 2010 eine Demonstr ation in Leipzig besucht.
Von 2001 bis 2007 habe er in Hardthausen am Kocher gewohnt.
In dem gle ichen Ort habe Tino Brandt ein Haus gekauft, in dem dieser aber nach aktuellem Kenntnisstand nicht gewohnt habe.
Zu Matthias Brodbeck hat der Zeuge Oettinger ausg eführt: „diese Person in dieser Region, im Großraum Heilbronn, ist eine absolute Schlüsselfigur; sonst hätte ich diese Schiene nicht weiterverfolgt.“ .
Die Frage, ob es ihm vertretbar erschienen sei, eine Que lle damit zu beauftragen, Informationen zu besorgen, die eigentlich keinen Zugang zu der Szene habe, hat der Ze uge Oettinger wie folgt beant wortet: „Mir schien vertretbar, über diese Person eine zweite Informationsquelle über Termine, Örtlic hkei ten von Versammlungen etc.
zu bekommen.
Sie müssen sich vorstellen: Wenn wir nur einen vagen Hinweis haben auf eine, ich sage mal, NPD - Versammlung und eine Ob servation machen, die dann nachher deshalb nicht funktioniert, weil sich dieser Termin als nicht richtig herausstellt, dann ist das viel Geld.
Und deshalb sind wir immer bemüht natürlich, zwei unabhängige Termine von einander zu bekommen.
Und nur das hatte ich mir damals von dem Krokus - Einsatz bei der Freundin indirekt zu diesem M.B. erhofft; aber das ist leider nicht so gekom men, wie ich mir das vorgestellt habe.“

 

5.Ermittlung der Krankenschwester und Bewertung ihrer Aussage

Aufgrund des Hinweise s von Herrn Gronbach , wonach es sich bei der Person, die Informationen zu dem verletzten Polizisten weitergegeben habe, um eine Krankenschwe ster des Krankenhauses Ludwigsburg gehandelt habe, wurde erhoben, welche weiblichen Pflegekräfte ihn wä hrend seines Aufenthaltes dort betreuten bzw. Zugriff auf wesentliche Informationen zu seinem Gesundheitszustand hatten.
In einem abschließenden Bericht vom 28. Februar 2013 stellte das LKA Baden - Württemberg fest, dass keine der in Frage kommenden 55 Personen bisher als recht sextrem bekannt geworden oder eine Kontaktperson von Frau R. sei en..
In einer Zeugenvernehmung am 17.Dezember 2012 gab die Friseurin Frau R. an, sie habe vor einigen Jahren eine Kundin gehabt, die Krankenschwester gewesen sei.
Sie habe im Rahmen e ines Friseurbesuches von dem Polize ibeamten erzählt, der auf ihrer Station liege und schwer angeschlagen sei.
Frau R. gab an, sich daran zu erinnern, dass die Kundin das Wort „Schwarz“ als Namensbestan dteil gehabt habe.
Zu dem Zeitpunkt, als die Kundin ihr von dem Polizeibeamten erzählt habe, sei möglicherweise auch Frau K. im Friseursalon anwesend gewesen.
Da der verletzte Polizist A.vom 16.Mai 2007 bis zum 18.Juni 2007 im SRH Fachkrankenhaus Neresheim stat ionär in Behandlung war, wurde überprüft, ob sich dort zu dieser Zeit eine Krankenschwester mit dem Namensb estandteil „Schwarz“ im Einsatz befunden habe und es wurde eine Krankenschwester namens Lilli S.ausfindig gemacht.
Diese hatte mittlerweile geheiratet und heißt nun Lilli R.Lilli R.wurde am 8.Februar 2013 vom LKA Baden - Württemberg vernommen.
Sie gab an, mit der Pflege des verletzten Polizisten selbst nicht befasst gewesen zu sein.
Sie habe ihn nicht ein einziges Mal gesehen.
Der Polizist sei auf der Station 3, der Intensivstation, gepflegt worden.
Sie selbst sei aber auf der Station 2 tätig gewesen.
Alle rdings hätten sich die Pflegekräfte beim Rauchen über den Gesundheitszustand des Pol i zisten unterhalten.
In diesem Zusammenhang habe sie gehört, dass es ihm nicht so gut gehe und dass sein Zust and schlecht sei.
In Vorbereitung ihrer Hochzeit habe sie mehrmals eine Friseurin in Wolpertshausen aufgesucht.
Auf die Frage, ob sie sich mit dieser über den Gesundheitszustand des Polizeibea mten unterhalten habe hat sie wie folgt geantwortet: „Ich kann mich an das Gespräch mit Frau R. konkret nicht mehr erinnern.
Beim Haarefärben sitzt man ja auch lange und hat viel Zeit sich zu unte rhalten.
Ich könnte mir aber vorstellen, dass Frau R. mich nach meinem Beruf gefragt hat und dann hätte ich ihr bestimmt ge sagt, dass ich in der SRH Klinik Neresheim arbeite und dort schwere Schädel - Hirn - Traumatisierte gepflegt werden.
So hätte es dazu kommen können, dass ich das beiläufig erwähnt hätte, dass der angeschossene Polizist bei uns gepflegt wird.
Wie gesagt, ich ka nn mich an ein solches Gespräch nicht mehr erinnern.“ .*
10 Weiterhin gab Lilli R.an, sie habe die Namen Zschäpe , Mundlos und Böhnhardt noch nie im Leben gehört.
Auch zur Buchstabenkombination „NSU“ falle ihr nichts ein.
In einem absc hließenden Bericht vom 28.Februar 2013 kommt das LKA Baden - Württemberg zu dem Ergebnis, dass die Krankenschwester, die mit Frau R.
über den Gesundheitszustand des verletzten Polizisten gesprochen habe, als unverdächtig eingeschätzt werde.
Sie scheine tatsächlich nicht zu wissen, dass es die NSU - Mordserie gegeben habe und habe ihren Äußerungen bei Gesprächen mit Frau R.
offenbar keinerlei Bedeutung beigeme ssen.
 

6. Bewertung des Sachverhaltes durch das LKA und das LfV Baden - Württemberg

Das LKA hat den Wahrheitsgehalt des behaupteten Sac hverhalts auch mit Blick auf die Interessenlage von Frau K. wie folgt bewertet: „Es stellt sich aber die Frage, welchen Grund das LfV BW und Frau K. hätten haben sollen, solche wichtigen Erkenntnisse für sich zu behalten bzw. diese bei der Vernehmung ab zustreiten.
Ein Motiv hierfür wäre weder für das LfV BW noch für Frau K. zu erkennen.
Für Frau K. als Privatperson wäre es dabei um im merhin 300 000 Euro Belohnung gegangen, von der ihr ein Teil zugestanden wäre, wenn die Tat aufgrund ihrer Erkenntnisse hä tte aufgeklärt werden können.
Schon deshalb ersche inen Herrn Gronbachs Behauptungen zur angebl ichen Tätigkeit der Krankenschwester für einen Kreis von Rechtsextremisten als unglaubwü rdig.“ .
Das LfV Baden - Württemberg hat zu den Behauptungen des Herrn Gronba ch erklärt, es hätte bei Erkenntnissen hinsichtlich des Anschlags in Heilbronn umgehend die Polizei informiert.
Das LfV sei eine rechtsstaatliche B ehörde und auch der Quellenschutz habe Grenzen, die bei einem Mord und einem Mordversuch längstens übe rschrit ten wären.
 

7.Glaubwürdigkeit des Herrn Gronbach

Xx xxx Xxxxxxxxxxxx xxx Xxxxx Xxxxxxxx xxxxxxxxx Xxxxxx xxxxx xxx XxX Xxxxx - Xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx : „ Xxx .
Xxxxxx xxxxx xxxx xx xxxxxx Xxxxxxxxx xxxx xxxxx xxxxxx xxxxxxxxx Xxxxxxxx xxx Xxxxxx xxx Xxxxxxxxxxx xxxxxxxx xxxxxxxx , xxxxxx xxx XX - Xxxxxx xxx xxxxx xxxxxx xxxxxxxxxxx , xxxx xxxxx xx xxx.Xxxxxxxxx Xxxxxxxxxxxx xx xxxxxx X - Xxxx xx xxx Xxxxxxxxxxxxxxxx xxxx xxx Xxxx xxxxxxxxxx , xxx Xxxx xxxxxxxxxx xxx xxx Xxxx xxxxxxxxx.Xx xxx Xxx.Xxxxxx xxxxx Xxxxxxxx xxxxx xxx Xxxxxxxxxxxxxx xxx XXX xx Xxxxxxxxx xxxxxx , xxxx xxxxx xxx xxx XxX xxx Xxxxxxxx xxxxxxxxx.[...] Xxxxxxxxx Xxxx xxx xxx Xxxx xxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx Xxxxxxxxxxxx xxx Xxxxxxxxxxxx xxx xxxxxx xxxxx xxxxxxxxx xxxxxx .“

 Zu der Person des Herrn Gronbach hat das LKA Baden - Württemberg ausgeführt, dieser habe nach einem Streit mit Frau K. die Familie R. nicht aufgesucht, um herausz ufinden, ob sie mit den Polizistenmördern zusammenarbe iteten, sondern um die vermeintliche Tätigkeit seiner Ex - Freundin für das L fV Baden - Württemberg an ihre ange blichen Zielpersonen zu verra ten.
Seit dem 24.Mai 2012 sei Frau K. wieder mit Herrn Gronbach zusammen.
Herr Gronbach habe eine Situation geschaffen, in der er Frau K. davon habe überzeugen können, dass sie gefährdet sei un d dieser Gefahr durch Flucht entgehen könne.
Beide seien unbekannten Aufenthalts, weshalb eine erneute Zeugenbefragung von Frau K. unterbleibe.
Als Erge bnis stellt der Bericht des LKA Baden - Württemberg fest: „Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Ermitt lu ngen ergaben, dass dem von Herrn Gronbach g eschilderten Sachverhalt ein harmloses Friseurg espräch zugrunde lag, als eine Krankenschwester vor ihrer Hochzeit aus ihrem Berufsleben bericht ete.“ .
Herr Gronbach ist bereits mehrfach polizeilich in E rscheinung getreten und mit 86 Fällen, u.a.
Eigentums - , Gewalt - und Betäubungsmitteldelikten, im Fahndungssystem POLAS erfasst.
Aus den Akten des GBA geht zudem hervor, dass Herr Gronbach als notorischer Hi nweisgeber bei verschiedenen Ermittlungsbehörden in Baden - Württemberg bekannt ist.
Sein Wissen sei größte nteils im Internet recherchierbar oder durch ihn nicht belegbar.


X.Mitgliedschaft des Gruppenführers von M.Kiesewetter im KKK

Der Ausschuss hat sich damit befasst, ob es Verbindu ngen der rechtsextremen Szene und insbesondere des Trios zu Angehörigen der Polizeieinheit gegeben haben könnte, in der Frau Kiesewetter Dienst tat.
Anlass dafür war die Angabe eines Polizis ten am 22.Dezember 2011, ihm sei 2005 oder 2006 zu Ohren gekommen, POM H ., der am Tattag als veran twortlicher Gruppenführer für Michè le Kiesewetter und Martin A.zuständig war, habe Verbi ndungen zum Ku - Klux - Klan (KKK) gehabt.
Aufgrund dieses Hinweises wurde H.am 14.März und 15.März 2012 von der Polizei vernommen.
Er räumte eine frühere Mitgliedschaf t bei den European White Knights of the Ku - Klux - Klan (EWK KKK) ein, betonte aber, dass diese lange zurückliege.
Während der Befragungen am 14.und 15.März 2012 wurde H. eingehend zu seiner Mitgliedschaft im EWK KKK befragt.
Er gab an, er habe sich bereits kurze Zeit nach seinem Eintritt innerlich distanziert und sich durch Nichtbeteiligung vom KKK getrennt.
Für seinen Austritt sei das Auftreten eines männlichen Besuchers maßgeblich gewesen, der der neonazistischen Skinhead - Szene zuz uordnen gewesen sei.
Sei t seinem Austritt im Sommer 2002 habe er keine Kontakte mehr zum KKK gehabt.
Der Zeuge Mögelin hat vor dem A usschuss ausgesagt, nach dem 4.November 2011 habe das LKA noch einmal das ganze Umfeld auf Bezüge zum Rechtsextremismus intensiv befragt.
Man sei dann darauf gestoßen, dass es disziplinarrechtliche Vorermittlungen wegen der Zugeh örigkeit zweier Angehöriger der Bereitschaftspolizei zum KKK gegeben habe.
In Abstimmung mit dem GBA und dem BKA sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine Tatrelevanz bezüglich des Polizis ten mordes in Heilbronn gegeben habe.
Ein Bewertungskriterium seien die Zeitabläufe gewesen.
Die Kollegen seien 2002 aus dem KKK ausgetreten und der KKK habe sich 2002/2003 aufgelöst.
Michèle Kiesewetter sei aber erst 2003 in die Poliz ei Baden - Württemberg eingetreten.
Der Kollege H. sei nur an diesem Einsatztag der zuständige Gruppenfü hrer gewesen.
Er habe keinen Einfluss auf die Einsatzpl anung am Tattag gehabt.
Michèle Kiesewetter und Martin A. hätten selber entschieden, zusammen zu fa hren.
Auch darauf, wohin die beiden gefahren seien, habe H. in seiner Funktion nicht einwirken können.
Zudem habe Michèle Kiesewetter die Theresienwiese erstmals im April 2007 aufgesucht, so dass auch nicht überall bekannt gewesen sei, dass Frau Kiesewetter an diesem Platz Pause m ache.
Der Zeuge Meyer - Manoras hat ausgesagt, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass zwei Polizisten aus dem Umfeld von Michèle Kiesewetter Mitglieder des KKK gewesen seien.
Der Zeuge Schmalzl, der vom 1.August 2005 bis zum 31.Dez ember 2007 Präsident des LfV Baden - Württemberg gewesen war, hat erklärt, er habe damals nicht gewusst, dass Polizeibeamte Mitglieder des KKK gewesen seien.
In seiner Amtszeit sei die Gruppe aber auch nicht mehr präsent gewesen.
 

XI. Spekulationen zum Tathergang und hierauf veranlasste Ermittlungen

1. Anfrage des stern vom 28.November 2011 und Antworten

In einer Anfrage des s tern vom 28.November 2011 an die Pressestelle des Innenministeriums Baden - Württemberg wurde die Behauptung aufgestellt, dass sich an dem Tag , als Michèle Kiesewetter ermordet und ihr Kollege schwer verletzt wurde, ein oder mehrere baden - württembergische Verfassungsschützer in der Nähe des Tatorts aufgehalten hätten.
Nach dem s tern vorliegenden Unterlagen seien in Heilbronn vor den Schüssen auf der Theresienwiese der Deutsch - Türke M.K. und eine Begleitperson von Verfa ssungsschützern observiert worden.
Bei de seien auch am Morgen des 25.April 2007 von Verfassungsschützern observiert worden, als sie bei der Santander Bank in Heilbronn Geld deponiert oder transferiert hätten.
(Punkt S)
Zudem gehe aus Unterlagen hervor, dass Personen mit rechtsex tremem Hintergrund in die Schießerei auf der Theresienwiese involviert gewesen seien.
Der s tern fragte konkret nach, ob es sich bei diesen Personen um Uwe Böhnhardt u nd Uwe Mundlos gehandelt habe.
Aufgrund der Anfrage des s tern wurde innerhalb des LfV Baden - Württemberg eine Prüfung durchgeführt.
In behö rdeninternen Vermerken wurde festgehalten, dass zu einer Observation von M.K. und zu einer Schießerei von Pe rsonen mit rechtsextremistischem Hintergrund keinerlei Erkenntnisse vorlägen.
 Tatsächlich fuhr ein Mitarbe iter des LfV Baden - Württemberg an diesem Tag nach Heilbronn, die Abfahrt in Stuttgart erfolgte ausweislich seines Fahr tenbuches aber erst um 15 Uhr.
Zudem wurde ein Kontakt zur Pressestelle des LfV Bayern hergestellt, der ergab, dass das LfV Bayern die Behauptungen, auch bayerische Verfassungsschützer seien vor Ort gew esen, zurückweisen werde.
Zu der Presseanfrage nahm das LfV Baden - Württemberg am 28.
Novem ber 2011 gegenüber dem Innenministerium Baden - Württemberg Stellung.
Es legte dar, dass sich am 25.April 2007 ein Mitarbeiter aus dem Arbeitsbereich Werbung zu einem dienstlichen Einsatz im Raum Heil bronn befunden habe.
Es sei vorgesehen gewesen, dass dies er eine Zielperson aus dem Phänomenbereich des Islamismus treffe.
Zielperson sei aber nicht M.K. gew esen.
Der Mitarbeiter sei sich sehr sicher, dass es zu di esem Treffen nicht gekommen sei.
Eine detaillierte Reko nstruktion des Einsatzes über etwaig gefert igte Aktenve rmerke sei nicht mehr möglich, da die entsprechende Akte zwischenzeitlich vernichtet worden sei.
Nach der Erinn erung des Mitarbeiters habe dieser bereits auf der Anfahrt nach Heilbronn Einsatzkräfte der Polizei wahrgenommen.
Er gehe daher davon aus, dass die Anfahrt zum Einsatzort erst nach dem Tatzeitpunkt erfolgt sei.
Zu den weiteren Fragen des stern lägen keine Erkenntnisse vor.
Das Innenministerium antwortete dem s tern mit E - Mail vom 28. November 2011, dass zu operativen Einsätzen des bade n - württembergischen LfV grundsätzlich keine Medienauskünfte erteilt würden.
Es verwies in diesem Zusammenhang auf die inzwischen zuständige Bunde sanwaltschaft.
 

2. Behauptungen des s tern - Artikels „Mord unter den Augen des Gesetzes“

Am 1. Dezember 2011 erschie n im s tern ein Artikel „Mord unter den Augen des Gesetzes?“, in dem berichtet wurde, dass ein U S - amerikanischer Geheimdienstbericht nahe lege, dass deutsche Verfassungsschützer Zeugen des Heilbronner Polizistenmordes gewesen seien.
In dem Artikel wurde aus geführt: „Ein Observationsprotokoll des amerikanischen Militärgeheimdienstes Defense Intelligence Age ncy (DIA) legt nahe, dass Beamte deutscher Verfa ssungsschutzbehörden Zeugen d er Schüsse auf Michèle Kiesewetter und ihren Kollegen, wenn nicht sogar in den Vorfall verwickelt waren.
Eine Kopie des Papiers liegt dem stern vor.
Der ‚ Co ntact Report ‘ protokolliert eine Observation am 25.April 2007 in Heilbronn.
Neben dem Beric hterstatter und einem Kollegen der DIA - Spezialeinheit ‚ SIT Stuttgart ‘ (Special Investi gat ion Team), das sich vor allem in Süddeutschland um islamistische Bedrohungen gegen amerikan ische Streitkräfte kümmert und engen Kontakt zu deutschen Sicherheitsbehörden hält, weist das P apier als Teilnehmer auch zwei Beamte des Land esamts für Verfassung sschutz Baden - Württemberg oder Bayern aus: ‚ 2 (two) OPS Ofc.
LfV BW OR BAVARIA ‘ , wie es wörtlich heißt.
Sie observierten zunächst einen ‚ CONTACT ‘ n amens ‚ M.K. ‘ und einen nicht identifizierten Ve rdächtigen ( ‚ UNIDENTIFIED SUSPECT), wie dieser ‚ 2,3 MIL. EURO (S) ‘ in einer Filiale der Sa ntander Bank in Heilbronn vermutlich einzahlte ( ‚ DEPOSI - TED ‘ ) und sich dann Richtung Theresienwiese bewegte, die der Mann um 13.50 Uhr erreichte.
Dort endete die Observation durch einen Zwischenfall mit Schusswaffen, in den o ffe nbar auch ein Beamter aus Baden - Württemberg verwickelt war: ein – wie es wörtlich heißt – ‚ SHOOTING INCIDENT INVOLVING BW OPS OFFICER WITH RIGHT WING OPERATIVES AND REGULAR POLICE PATROL ON THE SCENE ‘ ( ‚ Schießerei, in die ein BW OPS Offizier mit Rechtsextr emen und eine reguläre Polizeistre ife vor Ort verwickelt waren ‘ ).
[...] Bei M.K., dem Mann, den die Agenten am Mit tag des 25.April 2007 in Heilbronn observierten, ha ndelt es sich um Mevlüt K., einen Deutschtürken aus Ludwigshafen, der als fünfter Mann der Sauerland - Gruppe gilt, die wenige Monate später von der P olizei ausgehoben wurde, bevor sie islamistisch m otivierte Bombenanschläge in Deutschland verüben konnte.
[...] Zufällig oder nicht kreuzten sich in Heilbronn o ffenbar die Wege der ‚ Zwickauer ‘ und der ‚ Saue rland - Zelle ‘. Die offenen Fragen dazu sind: Waren die Neonazis mit Mevlüt K.oder seinem Mittel smann zu einem Waffendeal verabredet? Gerieten ihnen die junge Polizistin und ihr Kollege dabei in die Quere? Etwa bei einer Personenkontrolle, für die sie im Rahmen des damaligen Einsatzkonzepts ‚ Sichere City ‘ Streife fuhren? Wollten oder mussten die Verfassungsschützer i hre Beobachtungen für sich behalten, weil sie die laufenden verdeckten Ermittlungen zum Saue rland - Umfeld nicht gefährden durften? [...
] Alle anderen Spuren wurden nur mit minderer Pr iorität behandelt.
So wurden in der Nähe des T atorts an der Theresienwiese zwei Araber kontro lliert, von denen nach stern - Informationen minde stens einer Bezüge zu Mevlüt K.hatte.“


3.Erste Reaktionen auf die s tern - Ve röffentlichung

Durch Pressemitteilung vom 30.November 2011 gab das Innenministerium Baden - Württemberg bekannt, Mitarbe iter des LfV Baden - Württemberg seien nicht Teilnehmer einer vom US - Militärgeheimdienst „DIA“ am 25.April 2007 in Heilbronn durchgeführten Observation und auch nicht Zeugen des Mordes an der Polizistin Michèle Ki sewetter auf der Theresienwiese geworden.
 Auch das BfV veröffentlichte an diesem Tag eine Pressemitteilung, aus der hervorging, dass zum Zeitpunkt des Mordes am 25.April 2007 auf der Theresienwiese in Heilbronn keine Observation des BfV stattgefunden habe.
 Auf eine Anfrage des Generalbundesanwaltes an da s LfV Baden - Württemberg vom 30.November 2011, in der vor dem Hintergrund des s tern - Artikels um Benennung etwaiger Augenzeugen g ebeten wurde, antwortete das LfV Baden - Wü rttemberg mit Schreiben vom 30.November 2011, dass Mitarbeiter des LfV nicht Teilnehmer einer ange blich vom US - Militärgeheimdienst „DIA“ am 25.April 2007 in Heilbronn durchgeführten Observation und auch nicht Zeug en des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter auf der Theresienwiese gewesen seien.
Eine Benennung von Zeugen sei daher nicht möglich.
Aufgrund des Artikels im s tern bat das BMI die Vertreter der US - Dienste bei der US - Botschaft um eine Stellungnahm  zu dem angeblichen US -Observations protokoll.
In der dem BMI am 5.Dezember 2011 zugegangenen Stellungnahme teilte ein Vertreter der US - Dienste bei der US - Botschaft mit: „regarding the 1 December 2011 Stern article claiming to cite a DIA report, we (CIA, DIA and MLO) have not been able to locate any such report.
Several anomalies – among them the use of the term ‘contact report’ for what would be a su rveillance report and the rendering of the time of day as 13:50 hrs (US convention would be 1350 hrs or 1:50 p.m.) – lead us to believe this is likely a forgery.
We continue to look into the matter and will advise you if we uncover anything new.”
(offen); Die Passage wurde vom Sprachendienst des Deutschen Bu ndestages wie folgt übersetzt: „ [ ...] was den am 1.Dezember 2011 erschienenen Artikels im Stern anbelangt, in dem behauptet wird, aus einem DIA - Bericht zu zitieren: Wir (CIA, DIA und MLO) waren nicht in der Lage, einen derartigen Bericht zu finden.
Einige Ungereimtheiten – darunter der Gebrauch des Begriffs ‚ contact report‘ für das, was wir ‚surveillance report‘ nennen würden, und die Angabe der Zeit in dem Format 13:50 hrs (üblich wären in den USA 1350 hrs oder 1:50 p.m.) bringen uns zu der Überzeugung, dass es sich wahrscheinlich um eine Fälschung handelt. Wir prüfen die Sache weiter und werden Sie unterrichten, wenn sich etwas Neues ergibt.

 

4.Bericht des Staatssekretär s Klaus - Dieter Fritsche vom 25.Mai 2012

Am 30.April 2012 erschien ein Artikel im Spiege l , in dem ausgeführt wurde, der Hinweisgeber habe zwei W ochen vor dem s tern - Bericht mit dem BKA und dem BMI Kontakt aufgenommen.
Aufgrund einer parlamentar ischen Nachfrage zu diesem Sachverhalt hat Staatssekretär Klaus - Dieter Fritsche de m Untersuchungsaus schuss am 25.
Mai 2011 mitgeteilt, der Hin weisgeber habe sich am 12.November 2011 per E - Mail an den Bundesinnenm inister und am 15.November 2011 an ein Hinweistelefon des BKA gewandt.
Die E - Mails seien unverzüglich nach Eingang im Ministerbüro im üblichen Verfahren an das zuständige BKA weitergeleitet worden.
Bei dem Hi nweisgeber handele es sich um einen deutschen Staatsa ngehörigen, der als Ermittler eines militärischen US - Nachrichtendienstes gearbeitet habe.
Eine Zeugenve rnehmung der vom Hinweisgeber bena nnten US - Militärangehörigen habe weitere Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Behauptungen des Hinweisgebers u nglaubhaft seien.
In diesem Zusammenhang verwies Staatssekretär Fritsche au f einen Bericht des BKA vom 15.Mai 2012, in dem die Maßnahmen des BKA zur Überprüfung des Sachverhaltes zusammenfassend darg estellt wurden.

 

5.Aussagen der Zeugen Mögelin und Schmalzl

Der Zeuge Mögelin hat ausgesagt, dem Verdacht sei nach Erscheinen des s tern - Artikels umfassend nachgegangen worden.
Es hätten sich jedoch keine objektiven Hinweise dafür finden lassen, dass die Behauptungen zuträfen.
Mit diesem Sachstand, bei dem allerdings noch ein paar Pun kte offen gewesen seien, habe man die Spur an das BKA abgegeben.
Die Ermittlungen hätten auch nicht erg eben, dass Mitarbeit er des LfV Baden - Württemberg am Tattag in Heilbronn im Einsatz gewesen seien.
Der Zeuge Schmalzl, Präsident des LfV Baden - Württemberg von August 2005 bis Ende 2007, hat ausg esagt, seine Nachfolgerin habe den Sachverhalt gewissenhaft geprüft und ausgeschlossen, dass im Großraum Heilbronn eine Observationsgruppe des LfV im Einsatz gewesen sei.
In der Hochphase der Sauerland - Gruppe habe es aber das ganze Jahr über Einsätze gegeben.
Festgestellt worden sei, dass sich ein Werber an diesem Tag auf den Weg gemac ht habe, der eine Verabredung in Heilbronn mit jemandem aus dem Bereich Islamismus gehabt habe.
Es habe sich aber nicht um die von der s tern - Anfrage umfassten Personen gehandelt.
Seine Nachfolg erin habe sehr gewissenhaft versucht, die Sache aufzuklären.
Ma n habe Fahrtenbücher, die Arbeitszeiterfassung und Telefonabrechnungen kontrolliert.
Zudem habe eine Einvernahme des Mitarbeiters stattgefunden.
Es habe sich herausgestellt, dass der Mitarbeiter erst um 15 Uhr, also eine Stunde nach der Tat, nach Heilbronn auf dem Weg gewesen sei.
Von daher habe man ausschließen können, dass eine Observationsgruppe im Einsatz gewesen ist.

 

 6.Maßnahmen des BKA zur Überprüfung des Sachverhalts

Am 15.November 2011 meldete sich der Hinweisgeber R.K. telefonisch bei der Polizei und gab an, dass sich der als Terrorist gesuchte M.K. am 25.
April 2007 in Heilbronn aufgehalten habe.
Dort sei er von US - amerikanischen Stellen observiert worden.
Am 1.Dezember 2011 sagte er im Rahmen seiner Zeugenvernehmung aus, er sei ab 2011 als Erm ittler bei der Spionageabwehr der 66.Military Intelligence in Hanau tätig gwesen.
Einen Tag nach dem Poli zistenmord in Heil bronn, am 26.April 2007, habe er ein Gespräch von zwei US - amerikanischen Soldaten mitgehört, die sich über eine beinahe missglückte Observation der Military Intelligence am Tage des Schusswechsels in Heilbronn unterhalten hätten.
Zielperson der Observation sei M.K. gewesen.
Mögliche Auskunftspersonen zu der Observatio n seien die leitenden Mitarbeiter der Military Intelligence, T.R. und T.H.
Aufgrund des stern - Artikels fragte das BKA am 5.Dezember 2011 bei der stern - Redaktion an, um wen es sich bei den zwei Arabern handele, die sich nach Inform ationen des stern in der Nähe der Theresienwiese aufgeha lten hätten.
Hierauf teilte die Rechtsabteilung der Gr uner + Jahr AG & Co KG mit Schrei ben vom 30.Januar 2012 die Namen von R.H. und J.C. mit.
Bei einer Zeugenbefragung von R.H. gab dieser an, sich an dem Tag, als Michèle Kiesewetter ermordet wurde, in Frankfurt aufgehalten zu haben.
J.C. hatte sich bereits am 26.April 2007 beim Polizeirevier Heilbronn als Zeuge gemeldet.
Seine Angaben waren durch die Soko „ Parkplatz “ überprüft worden, ohne hierdurch weitere Ermittlungsansätze zu erlangen.Der Bericht des BKA vom 15.
Mai 2012 st ellte fest, es hätten sich keine Anhalt spunkte dafür ergeben, dass ein Kontakt zwischen den beiden Zeugen und M.K.bestanden haben könnte.
 Am 13.März 2012 wurde der Mitarbeiter der Military Intelligence, T.R ., vom BKA als Zeuge vernommen.
Während der V ernehmung gab er an, dass Observationen in Deutschland immer nur durch Deutsche durchgeführt worden seien.
Seines Erachtens wolle sich der Hinweisgeber H.K. an ihnen rächen.
Gegen diesen sei 2006 ein internes Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, weil es Unstimmigkeiten bei den Dienstzeiten gegeben habe.
Zudem erklärte er, die Formulierung in dem angeblichen Observationsbericht könne nur von einem Deutschen geschrieben worden sein.
Auch sei die Angabe von Datum und Uhrzeit untypisch für Formulierungen beim US - amerikanischen Militär.
Von einer Einheit namens „SIT Stuttgart“ habe er nie gehört.
Der zweite zeugenschaftlich vernommene US - Militärangehörige, T.H ., sagte aus, dass Observationen nicht Aufgabe seiner Einheit seien.
Das Observationsprotokoll sei voller formaler und grammatikalischer Fehler.
Er sei am 25.April 2007 nicht in Heilbronn gewesen und habe auch nicht an einer Observation teilgenommen.
Ermittlungen wurden auch bei der Santander Consumer Bank AG durc hgeführt.
Mit Schreiben vom 29.Februar 2012 teilte die Bank auf Anfrage mit, dass im April, Mai und Juni 2007 bundesweit keine Bareinzahlungen größer als 1 Mio.
Euro in einer ihrer Bankfilialen stattgefunden hätten.
Auch seien keine Auffälligkeiten bei Depot - Kunden im fraglichen Zeitraum fes tgestellt worden und es seien im fraglichen Zeitraum bundesweit keine Geldwäscheverdachtsanzeigen zu Umsätzen in entsprechenden Höhen festgestellt worden.
Mit Schreiben vom 21.März 2012 bat das BKA die US - Botschaft um eine offizielle Stellungnahme, ob da s O bservationsprotokoll als echt oder als Fälschung einzustufen sei.
Hieraufhin teilte di e US - Botschaft in Berlin am 26.März 2012 mit, dass das vom s tern zur Verfügung gestellte Dokument als nicht authentisch einzustufen sei.
Obgleich der Verfasser über zumindest rudimentäre Kenntnisse hinsichtlich des Aufbaus derartiger Schreiben verfügt haben müsse, weise es zahlreiche Widersprüche in Bezug auf das Format, die Terminologie und den Inhalt auf.
Zudem habe es im April 2007 keine Observationen durch US - Einh eiten in Heilbronn gegeben und es habe auch niemals ein SIT in Stuttgart existiert.
Ein SIT habe es lediglich in Augsburg gegeben.
Dieses sei jedoch 1997 aufgelöst worden.
Bei einer zweiten Zeugenvernehmung von R.K. am 11.September 2012 gab dieser an, d er im s tern veröffen tlichte Artikel sei ihm von zwei Journalisten vorgelegt worden, die sich als Journalisten der Berliner Ze itung“ ausgegeben hätten.
Sie hätten keine Angaben dazu gemacht, woher die Informationen stammten.
Er habe ihnen von seinem persönli chen Werdegang erzählt.
Als diese versucht hätten, Querverbindungen zwischen dem Polizistenmord und M.K. herzustellen, habe er darauf hingewiesen, dass dies nicht sein könne, da sich M.K. seines Wissens nach nicht in Deutschland aufgehalten habe.
 

7. Ermitt lungen zu einem US - amerikanischen Militärfahrzeug

Durch eine mobile Geschwindigkeitsüberwachungsanlage auf der Bundesautobahn A6 wurde am 25.April 2007 um 13.05 Uhr ein BMW, Modellreihe 3 im Bereich Heilbronn festgestellt.
Im Zuge der Ermittlungen wurde b ekannt, dass dieses Kennzeichen für die US - amerikanische Zulassungstelle ausgegeben wurde.
Auf eine Anfrage des BKA vom 3.Januar 2012 teilte die US - Amerikanische Botschaft/Military Liaison Office in Berlin mit, dass das o.g. Kennzeichen auf eine Person registriert war, die am 31.August 2009 aus der US - Armee ausgeschieden und derzeit in Dunedin/Florida wohnhaft sei.
Weitere Maßnahmen von Seiten der US - amerikanischen Behörden erfolgten nicht.
Im Ergebnis konnte nicht festgestellt werden, woher das Fahrzeug kam.
 

8. Prüfvorgang des Generalbundesanwaltes – „Angeblicher Aufenthalt des M.K.“ zur Tatzeit in Deutschland

Am 1.Dezember 2012 wurde zum angeblichen Aufen thalt des M.K. im Februar/März sowie am 25.April 2007 in Deutschland ein Prüfvorgang beim GBA ang elegt.
Aus den zu diesem Prüfvorgang übermittelten Unterlagen geht hervor, dass sich ein Kriminalhauptkommissar an einen Artikel erinnerte, der am 13.September 2010 im s tern erschienen war und ähnliche Beha uptungen wie der Artikel vom 1.Dezember 2011 en thielt.
In dem stern - Artikel vom 13.September 2010 wurde berichtet, in zei tlicher Nähe zum Polizistenmord hätten arabische Pers onen einen zweistelligen Millionenbetrag in bar zu einer Bank im Raum Heilbronn gebracht, um ihn überweisen zu lassen.
Auch in d iesem Artikel war von zwei Personen aus dem Nahen Osten die Rede, die nahe des Tatorts Theresienwiese angetroffen worden seien.
Einer gehöre der radikalen Hamas an.
Zudem wurden schon damals Verbindungen zwischen dem Polizistenmord und M.K.hergestellt.
Am 8.Oktober 2012 schloss der GBA den Prüfvorgang, mit der Feststellung, ein Aufenthalt von M.K. im Febr uar/März sowie am 25.April 2007 in Deutschland habe sich nicht belegen lassen.
Die Herkunft des vom Verlag Gruner + Jahr AG & Co KG vorgelegten Obse rvation sprotokolls sei nicht zu klären gewesen.
Angehörige des US - amerikanischen Militärs hätten jedoch angegeben, dass das Papier sowohl in der Aufmachung als auch vom Inhalt sowie der Schreib - und Ausdrucksweise nicht den US - amerikanischen Vorschriften i m militärischen Bereich entspräche.
Der Zeuge R.K. habe die beiden GIs, deren Gespräch er mitgehört habe, nicht näher benennen kö nnen.
Das vom s tern zitierte Observationsprotokoll halte auch der ursprüngliche Hinweisgeber R.K. für eine Fälschung.
Tatsäch lich sei das Verhältnis zwischen R.K. und den von ihm benannten Angehörigen US - amerikanischer Dienststellen in Deutschland durch arbeitsrechtliche Au seinandersetzungen belastet, in deren Verlauf R.K.aus dem Dienst der US - Armee entlassen worden sei.
Es s ei daher nicht auszuschließen, dass dieser Umstand zu Au ssagen geführt habe, welche die jeweils andere Seite bela sten solle.
Keiner der Beteiligten habe die Anwesenheit von M.K.in Deutschland bestätigen können.
 

 9.Welche Rolle spielte der MAD bei der Aufkl ärung?

Für den Ausschuss war von Interesse, inwieweit der MAD mit diesem Vorgang befasst war und wer der Initi ator einer Kontaktaufnahme zwischen MAD und BND gewesen ist.
 Mit Schreiben vom 8.Dezember 2011 informierte der seinerzeitige Präsident des BND, Ernst Uhrlau , den damaligen Präsidenten des MAD, Karl - Heinz Brüsselbach , darüber, dass er am 6.Dezember 2011 g egenüber den Spitzen der Sicherheitsbehörden im Bu ndeskanzleramt einen Sachverhalt angesprochen habe, der mit der Veröffentlichung im stern über angebliche Ve rstrickungen des US - Militärdienstes in Ereignisse um den Heilbronner Polizistenmord im Zusammenhang gestanden habe.
Der Verbindungsbeamte der Koordinierungsstelle der US - Geheimdienste in Süddeutschland habe sich am 2.Dezember 2011 telefonisc h an die Vertretung des MAD in Stuttgart gewandt und um einen Kontakt geb eten, mit dem er den stern - Bericht besprechen könne.
Der Anruf sei daraufhin aus nicht bekannten Gründen durch einen Vertreter des Amtes an die BND - Verbindungsstelle weitergeleitet wo rden, deren Vertreter den Anruf weite rgeleitet habe.
Hieraufhin antwortete der Präsident des MAD, Karl - Heinz Brüsselbach , die von ihm veranlasste Prüfung habe ergeben, dass ein Verbindungsbeamter des BND die MAD - Stelle 51 gebeten habe, ihm die Erreic hbark eit eines Verbindungsbeamten beim U.S.Military Intelligence Detachment Heidelberg mitzuteilen.
Wegen der Abwesenheit des zuständigen Mitarbeiters der MAD - Stelle sei er gebeten worden, sich zu einem späteren Zei tpunkt erneut zu melden.
Bei seinem erneuten Anruf sei ihm der US - amerikanische Verbindungsbeamte namen tlich benannt worden.
Weitere Erkenntnisse zum Thema lägen dem MAD nicht vor.
Ein Aktenvermerk vom 20.Dezember 2011 sowie drei dienstliche Erklärungen von Mitarbeitern des MAD bestätigten diesen S achve rhalt.
Demnach habe ein Mitarbeiter des BND die MAD - Stelle 51 telefonisch um Amtshilfe gebeten.
Der Mitarbe iter des BND habe mitgeteilt, vom K anzleramt beauftragt worden zu sein, die US - amerikanische Spezialeinheit zu ermitteln, die mutmaßlich zusamme n mit dem Verfa ssungsschutz den Polizistenmord in Heilbronn beobachtet haben solle.
Hieraufhin habe der MAD den Kontakt zum Military Intelligence Detachment Heidelberg vermi ttelt.
Dementsprechend unterrichtete der MAD den GBA auf seine entsprechende Anfra ge.
Das Bunde skanzleramt hat nach Rücksprache mit dem BND mitg eteilt, dass es zum fraglichen Zeitpunkt keinen Auftrag des Bundeskanzleramtes an den BND gegeben habe und ve rmutet eine Verwechslung auf Grund der phonetischen Nähe zwischen Bundeskanzleramt ( „BKAmt“) und BKA.
Der Zeuge Brüsselbach hat in seiner Vernehmung vor dem Ausschuss den vom MAD dargelegten Sachverhalt noch einmal bestätigt.
Er sei sehr überrascht gewesen, den Brief eines Kollegen zu erhalten, in dem dieser ihn g efragt habe, warum der M AD einen anderen Dienst um Herstellung einer Verbindung zu den Amerikanern geb eten habe.
Nach einer Prüfung habe sich der Sachverhalt für ihn genau umgekehrt dargestellt.
Ein Mitarbeiter einer anderen deutschen Sicherheitsbehörde habe beim MAD angerufen un d diesen um Kontaktherstellung zu einer US - amerikanischen Dienststelle gebeten.
Auch könne er au sschließen, dass bereits zuvor ein weiterer telefonischer Kontakt bestanden habe, der für Verwirrung gesorgt habe, denn er habe sehr umfänglich in seiner Behörd e reche rchiert.
Auch der Zeuge Christmann , der seit 2010 Abteilungsleiter II ! Extremismus - und Terrorismusa bwehr ! im Amt für Militärischen Abschirmdienst ist, hat ausgesagt, dass in diesem Fall Ausgangspunkt der Nac hfrage eine deutsche Behörde gewesen sei.

 

<Bl. 889>

II. Polizistenmord

Der Ausschuss hat keinen Zweifel, dass die Ermittlungen zum Mord an Michele Kiesewetter und zum Mordversuch an ihrem Kollegen Martin A.aufwändig und mit großem Engagement g eführt wurden.
Mehr als in jedem anderen Fall hat der Ausschuss hier aber den Eindruck gewonnen, dass die bisherigen Ermit tlungsergebnisse entscheidende Fragen offen lassen.
Eine wesentliche Ursache dafür sieht der Ausschuss darin, dass wichtigen Spuren e rst mit Verzögerung nachgegangen wurde.
Beispielhaft seien aufgeführt: – Bei der sofort nach der Tat eingeleiteten Ringalar mfahndung wurde an einer rund 20 km vom Tatort en tfernten Kontrollstelle das Kennzeichen eines Woh nmobils aus Chemnitz registriert.
Mi t der Auswertung der Kontrolllisten wurde aber erst drei Jahre nach der Tat im Sommer 2010 begonnen.
– Eine Reihe von Videoaufzeichnungen waren im we iteren Umfeld des Tatorts (Gaststätten, Tankstellen, Bahnhof) und bei der Trauerfeier gesichert worden.
Dies e Aufzeichnungen wurden aber erst ab Deze mber 2009 katalogisiert und gesichtet.
– Am Dienst - Kfz wurde eine Reihe von DNA - Spuren gesichert und dem LKA Baden - Württemberg zur B egutachtung übersandt.
Das letzte schriftliche Erge bnis erging offenbar erst mit Ber icht vom Juni 2009, obwohl der späteste Untersuchungsantrag an das LKA auf den August 2007 datiert.
– Ein ehemaliger Gerichtsmediziner der Universität Tübingen erstellte ein Gutachten zum Schussverlauf, aus dem unter anderem (grobe) Informationen zur Körperg röße der Täter folgten.
Dieses Gutachten wurde jedoch erst über ein Jahr nach der Tat erstellt.
– Zeugen, deren Personalien am Tattag erfasst worden waren, wurden erst Monate später vernommen.
– Ein E - Mail - Postfach von Frau Kiesewetter wurde nicht tatnah ausge wertet – mit der Begründung, dass die betreffende Adresse im Umfeld der Polizistin nicht bekannt gewesen sei.
Als dieses schwere E rmittlungsversäumnis behoben werden sollte, waren die Daten längst beim Provider gelöscht.
Nach Auffassung des Ausschusses wä re es sachgerecht gewesen, wenn von Beginn an das LKA Baden - Württemberg die Ermittlungen geführt hätte.
Eine wesentliche Ursache für diese Ermittlungsverzög erungen ist auch nach Einschätzung des Ausschusses die anfängliche Konzentration auf die später als Trugspur entlarvte, auch an vielen anderen Tatorten im In - und Ausland festgestellte DNA - Spur einer „ unbekannten weiblichen Person “.Im Zusammenhang mit dieser Trugspur, durch später als falsch aufgeklärte Hinweise und aufgrund ihrer Anwesenheit am Tatort gerieten A ngehörige der Minderheit von Sinti und Roma rasch in den Fokus der Ermittlungen.
Die sogenannte „ Spur Landfa hrer “ blieb auch dann noch eine zentrale, sich auch in der Presse niederschlagende Ermittlungsrichtung, als längst klar war, dass keine ve rwertbaren Erkenntnisse vorlagen und gewonnen werden konnten.
Die Fehlleitung durch die DNA - Trugspur vermag alle rdings nach Einschätzung des Ausschusses nicht alle Ve rzögerungen und Fehlleistungen zu erklären.
Für beso nders kritikwürdig hält der Ausschuss den Umstand, dass eine Reihe von Spuren – darunter Funkzellendaten – bei den anfänglichen Ermittlungen als „ bearbeitet “ bezi ehungsweise „ erledigt “ gekennzeichnet wurde, obwohl dies nicht der Fall war.
Die Nachbearbeitung geraume Zeit später bereitete dann erhebliche, bei rechtzeitiger Bearbeitung vermeidbare Schwierigkeiten.
Außerdem hat der Ausschuss den Eindruck gewonnen, dass beim Mord an Frau Kiesewetter und dem Mordversuch an ihrem Kollegen weniger gründlich als in anderen Fällen im beruflichen und pe rsönlichen Umfeld der Opfer ermittelt wurde.
Nur so ist zu erklären, dass die frühere KKK - Mitgliedschaft des unmittelbaren Vorgesetzten von Frau Kiesewetter nicht schon im Jahr 2007, sondern erst 2012 bekannt wurde.
Die Ermittlungen haben vor dem Zufallsfu nd der Tatwa ffen und der Dienstwaffen der beiden Polizisten im Unte rschlupf der Terrorgruppe „ Nationalsozialistischer Unte rgrund “ niemals einen Hinweis gewonnen oder auch nur die Möglichkeit erwogen, es könne sich bei den Tätern um Rechtsterroristen handeln.
Während die BAO Bosp orus – letztlich erfolglos – zumindest einen Abgleich ihrer Spurenlage mit den Erkenntnissen zu Heilbronn vera nlasste, finden sich entsprechende Überlegungen oder Empfehlungen in den Akten zum Polizistenmord nicht, insbesondere nicht in den beiden Operativen Fallanalysen des LKA Baden - Württemberg.
Diese Operativen Fallan alysen gelangten zu dem Ergebnis, ein politischer An-

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schlag gegen Staatsorgane sei deswegen eher ausz uschließen, weil es an einem Bekennerschreiben fehle – dieser Fehls chluss zieht sich wie ein roter Faden durch die Ermittlungen zu den dem NSU zugeschriebenen Straft aten.
Das LfV Baden - Württemberg erhob noch im Jahr 2012 Einwände gegen die polizeiliche Vernehmung eines pensionierten Mitarbeiters zu angeblichen Hinweisen a uf Ausspähversuche von Rechtsextremisten gegen die Kl inik, in der der schwer verletzte Kollege von Frau Kies ewetter behandelt wurde.
Das stieß im Ausschuss auf U nverständniS. Akten und Zeugenaussagen haben dem Ausschuss in diesem Fall das Bild einer ungewö hnlich problembelad enen Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei vermittelt.
Maßnahmen abzulehnen, welche die Polizei für sachgerecht hält, gehört selbstverständlich zur Sac hle i tungsbefugnis der Staatsanwaltschaft – wenn dies aber durch den zuständ igen Staatsanwalt in persönlich hera bsetzender Form geschieht, bedeutet das eine vermeidbare Behinderung der Ermittlungsarbeit.
Zudem war die Frist, innerhalb derer sich die Staatsanwaltschaft zu Anregu ngen der Polizei äußerte, nach Auffassung des Ausschus ses teilweise unvertretbar lang.
Auch kann der Ausschuss die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft nicht alle nac hvollziehen: So konnten Wahrnehmungen mehrerer Ze ugen zu blutverschmierten Personen nach damaliger Au ffassung der Polizei in ihrer Gesamtbewert ung einen mö glichen Fluchtweg aufzeichnen.
Die Zeugen zum Spure nkomplex „ Blut “ wären in diesem Fall die wichtigsten und „ tatnächsten “ Zeugen gewesen, was umfangreiche weitere Ermittlungen hätte nach sich ziehen müssen.
Die Staat sanwaltschaft teilte diese B ewertung nicht, weil ihr unter anderem angesichts der vermuteten „ gezielten und g epla n ten Tat die wahrgenommenen Fluchtwege wenig schlüssig “ erschienen.
Nach Auffassung des Ausschusses wäre eine gründlichere Auseinandersetzung mit dem „ Spurenkomplex Blut “ damals sachgerecht gewesen – zumal die Chancen, auf diesem Weg weiterführende Hinweise zu gewinnen, mit dem Zeitabstand zur Tat sa nken.