An das
Regierungspräsidium Stuttgart
* 19.027
Dienstaufsichtsbeschwerde
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beschweren wir uns über die
Begünstigung von im Heilbronner Gemeinderat vertretenen Parteien im
Vorfeld der Kommunalwahl vom 26. Mai 2019.
Während zumindest wir per Schreiben der
Pressestelle der Stadt Heilbronn (eMail vom 23.01.2019, 17:19) auf die
im Redaktionsstatut festgelegte Karenzzeit
hingewiesen wurden,
die
drei Monate vor der anstehenden Kommunalwahl am 26. Mai beginnt, werden
die im Gemeinderat vertretenen Parteien CDU, SPD und Bündnis90/Die
Grünen offensichtlich durch die Gestattung von Veröffentlichungen von
Beiträgen in den Amtsblättern der Stadtteile Biberach, Frankenbach,
Horkheim und Kirchhausen mehrfach durch die dafür verantwortlichen
Amtsträgern begünstigt.
Im
Redaktionsstatut der Stadt Heilbronn heißt es unter § 8 (6): „Drei
Monate vor allgemeinen Wahlen werden keine Beiträge von Parteien,
Wählervereinigungen oder sonstigen politischen Vereinigungen
veröffentlicht.“
Dies wurde
bereits in Ausgaben vom 28. Februar 2019 unterlaufen.
Hier
verweisen wir auf die die genannten Parteien begünstigenden Beiträge –
siehe Sceenshots [nur im Original]– in den Ausgaben der Amtsblätter von
-
Biberach vom 7.3.2019 (CDU)
-
Biberach vom 7.3.2019 (Bündnis90/Die Grünen)
-
Biberach vom 14.3.2019 (SPD)
-
Frankenbach vom 7.3.2019 (Bündnis90/Die Grünen)
-
Frankenbach vom 14.3.2019 (SPD)
-
Horkheim vom 7.3.2019 (Bündnis90/Die Grünen)
-
Horkheim vom 14.3.2019 (CDU)
-
Horkheim vom 14.3.2019 (SPD)
-
Kirchhausen vom 7.3.2019 (Bündnis90/Die Grünen)
-
Kirchhausen vom 14.3.2019 (SPD-Veranstaltung, wobei die Partei
selbst raffiniert unbenannt bleibt – siehe auch Biberach vom
14.3.2019 und Horkheim vom 14.3.2019)
Wir
erwarten, daß diese gegen das Redaktionsstatut der Stadt Heilbronn vom
19.12.2016 aufgrund von § 20 Abs. 3 der Gemeindeordnung für
Baden-Württemberg (GemO) verstoßende Praxis Ihrerseits unverzüglich
unterbunden wird und bitten um Mitteilung des Ergebnisses Ihrer
Bemühungen und den daraus sich ergebeben Konsequenzen und Maßnahmen.
Wir
behalten uns im Zusammenhang mit der Kommunalwahl weitere Schritte vor.
Mit freundlichen Grüßen
Am 18.03.2019 um 08:13 schrieb Wenger, Anika (RPS):
<*>
Sehr geehrter Herr Dagenbach,
Ihre E-Mail vom 16.03.2019 ist beim Regierungspräsidium
Stuttgart eingegangen. Nach Abschluss der Prüfung werden wir
wieder auf Sie zukommen.
Mit freundlichen Grüßen
Anika Wenger
Regierungspräsidium Stuttgart
Referat 14 - Kommunales, Stiftungen,
Sparkassenwesen und Tariftreue
Repliken vom 20.3.2019:
Sehr geehrte Frau Wenger,
sehr geehrte Damen und Herren,
im Nachgang zu unserem Schreiben vom 16.3.2019 teilen wir Ihnen
mit, daß nun ein weiterer Verstoß gegen das Redaktionsstatut der
Stadt Heilbronn vorliegt.
In der Anlage des "Mitteilungsblattes Horkheim" vom 21.3.2019
findet sich auf Seite 7 ein weiterer Beitrag der Partei
Bündnis90/Die Grünen.
Wir bitten nochmals darum, Sorge dafür zu tragen, daß diese
Praxis der Begünstigung umgehend abgestellt wird.
<*>
Sehr geehrte Frau Wenger,
sehr geehrte Damen und Herren,
im Nachgang zu unserem Schreiben vom 16.3.2019 teilen wir
Ihnen mit, daß uns inzwischen ein weiterer Verstoß gegen das
Redaktionsstatut der Stadt Heilbronn vorliegt.
Neben dem Ihnen soeben mitgeteilten Beitrag in der Anlage
des "Mitteilungsblattes Horkheim" vom 21.3.2019 der Partei
Bündnis90/Die Grünen liegt uns nun das "Mitteilungsblatt
Frankenbach" vom 21.3.2019 vor mit weiteren Beiträgen der
Parteien Bündnis90/Die Grünen und SPD auf dessen Seite 8,
siehe Anlage.
Wir bitten nochmals darum, Sorge dafür zu tragen, daß diese
Praxis der Begünstigung umgehend abgestellt wird.
<*>
Antwort der Stadtverwaltung vom 2.4.2019:
<*>
... der Gemeinderat der Stadt Heilbronn hat am 19.12.2016
ein Redaktionsstatut für die "Heilbronner Stadtzeitung" und
die Mitteilungsblätter in den Stadtteilen, Kirchhausen,
Biberach, Frankenbach und Horkheim beschlossen (s. Anlage).
Dabei gelten in den drei Monaten vor der Wahl
Einschränkungen.
Die
Pressestelle hat Sie mit Mail vom 23.01.2019 bereits
hinsichtlich der Stadtzeitung darüber informiert, dass das
Forum Gemeinderat in diesen drei Monaten ausgesetzt und erst
wieder am 06.06.2019 erscheinen wird.
Bei den
Mitteilungsblättern gilt für den redaktionellen Teil
ebenfalls eine dreimonatige Karenzzeit (vgl. § 8 Abs. 6 des
Redaktionsstatuts). Zugelassen sind in dieser Zeit lediglich
einfache Veranstaltungshinweise in der sonst im
redaktionellen Teil üblichen Form (z. B. Farbe schwarz-weiß,
ohne Bild, maximal zehn Zeilen einschließlich der
Überschrift, Fließtext). Nachdem die unterschiedlichen
Layouts der Mitteilungsblätter bei gleichen Texten teilweise
zu verschiedenen Zeilenlängen führen, orientieren Sie sich
bitte als Richtschnur an einer Zeichenlänge von maximal
580 Zeichen pro Veranstaltung (incl. der Text-Überschrift
und Leerzeichen). In Word finden Sie diese Zählfunktion
z. B. unter „Überprüfen --> Wörter zählen“.
Wahlaufrufe und
Wahlwerbung, tages- und parteipolitische Beiträge ohne
konkreten örtlichen kommunalpolitischen Bezug werden auch
außerhalb von Wahlzeiten nicht veröffentlicht (§ 8 Abs. 5
des Redaktionsstatuts).
Wir bitten Sie um
Verständnis, dass unsere Bürgeramtsleitungen als
Verantwortliche für den redaktionellen Inhalt aus
Gleichbehandlungsgründen hier konsequent sein müssen. Falls
Kürzungen bzw. Änderungen erforderlich sind, werden wir
stets versuchen, dies mit Ihnen abzustimmen und sind Ihnen
deshalb für die rechtzeitige Einreichung der
Veranstaltungshinweise dankbar.
Bei Fragen können
Sie jederzeit gerne auf mich zukommen.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Baumann
Amtsleiterin
Bürgeramt
Replik vom 2.4.2019:
<*> ...
Ihre unten angefügte Mitteilung ist nicht korrekt.
Offensichtlich sollen damit bereits begangene
Verstöße geheilt werden.
§ 8 (6) lautet ganz klar: "Drei Monate vor
allgemeinen Wahlen werden keine Beiträge von Parteien,
Wählervereinigungen oder sonstigen politischen
Vereinigungen veröffentlicht."
Zugelassen sind somit in dieser Zeit auch keine
einfachen Veranstaltungshinweise im redaktionellen Teil.
Zugelassen
sind nach § 12 (2) drei Monate vor allgemeinen Wahlen
lediglich Anzeigen von Parteien, Wählervereinigungen
oder sonstigen politischen Vereinigungen, aber nur als
einfache Veranstaltungshinweise nach Freigabe durch die
Leitung des jeweiligen Bürgeramts veröffentlicht.
Nachdem man
ja in Bezug auf die Veröffentlichungen mit einschlägigem
Mehrheitsbeschluß vom 19.12.2016 in der Stadtzeitung
alles nutzt, was den Fraktionen zum Vorteil gegenüber
kleineren Gruppierungen verhilft, werden wir
insbesondere nach den Erfahrungen der letzten
Gemeinderatswahl (u.a. Verweigerung des Nachzählens von
Stimmen) diese Begünstigungen nicht akzeptieren und
behalten uns entsprechende Reaktionen bis hin zur
Erstattung von Strafanzeigen vor.
<*>
Am 18.03.2019 um 08:13 schrieb Wenger, Anika (RPS):
<*> ...
mit Ihrem Schreiben vom 16.03.2019 beschweren Sie sich über
die Begünstigung von im Heilbronner Gemeinderat vertretenen
Parteien im Vorfeld der Kommunalwahl vom 26.05.2019.
Sie bringen vor, dass die im Gemeinderat vertretenen
Parteien CDU, SPD und Bündnis90/Die Grünen durch die
Veröffentlichung von Beiträgen in den Amtsblättern
verschiedener Stadtteile mehrfach begünstigt worden seien.
Herr Oberbürgermeister Mergel hat
uns dazu mitgeteilt, dass die Verwaltung auf der Basis des
vom Gemeinderat am 19.12.2016 beschlossenen
Redaktionsstatuts gehandelt habe.
Unerklärlicherweise sei es bei der Veröffentlichung des
Redaktionsstatuts im Amtsblatt vom 22.12.2016 zur
Veröffentlichung einer früheren Fassung gekommen. Es wurde
also nicht die im Gemeinderat am 19.12.2016 beschlossene und
von Herrn Oberbürgermeister Mergel ausgefertigte Fassung des
Redaktionsstatuts, sondern eine veraltete Fassung
veröffentlicht.
[redaktionell rot markiert]
In § 8 Abs. 6 des Redaktionsstatuts
vom 19.12.2016 ist geregelt, dass ab drei Monaten vor
allgemeinen Wahlen keine Beiträge von Parteien,
Wählervereinigung oder sonstigen politischen Vereinigungen
oder einzelnen Wahlbewerbern veröffentlicht werden.
Zugelassen sind lediglich einfache Veranstaltungshinweise in
der sonst im redaktionellen Teil üblichen Form (z.B. Farbe
schwarz-weiß, ohne Bild, maximal zehn Zeilen einschließlich
der Überschrift, Fließtext).
Wir teilen die Auffassung von Herrn Oberbürgermeister
Mergel, dass es sich bei den von Ihnen gerügten
Veröffentlichungen um Veranstaltungshinweise der o.g.
Parteien handelt. Diese sind gemäß dem am 19.12.2016 vom
Gemeinderat beschlossenen Redaktionsstatut auch zulässig.
Bei einem Redaktionsstatut handelt es sich nicht um eine
Satzung, welche bei einer fehlerhaften Veröffentlichung
unwirksam wäre, sondern um Innenrecht, welches nicht
zwingend veröffentlicht werden muss. Die Verwaltung hat
stets nach den Vorgaben des am 19.12.2016 beschlossenen
Redaktionsstatuts gehandelt, somit fand weder eine
Begünstigung noch eine Benachteiligung statt. Herr
Oberbürgermeister Mergel hat unabhängig hiervon Ihre
Beschwerde zum Anlass genommen die richtige Fassung des
Redaktionsstatuts veröffentlichen zu lassen.
Im Rahmen der Rechtsaufsicht ist der
Vorrang der kommunalen Selbstverwaltung zu beachten. Eine
rechtsaufsichtliche Prüfung ist auf die Frage beschränkt, ob
konkrete Gesetzesverstöße zu erkennen sind und wenn ja, ob
diese so erheblich sind, dass ein Einschreiten der
Rechtsaufsicht erforderlich und angemessen ist. Vorliegend
sind keine Gesetzesverstöße zu erkennen. Somit kommt ein
Einschreiten der Rechtsaufsicht nicht in Betracht.
Beiliegend übersenden wir Ihnen noch die Drucksache und die
öffentliche Niederschrift der betroffenen
Gemeinderatssitzung vom 19.12.2016.
Mit freundlichen Grüßen
Anika Wenger
Regierungspräsidium Stuttgart
Referat 14 - Kommunales, Stiftungen,
Replik vom 6.4.2019:
<*> ...
wir bestätigen den Eingang Ihrer Nachricht.
Leider können wir mit Ihrer freundlichen Interpretation des
irreführenden Heilbronner Verwaltungshandelns nicht restlos
übereinstimmen.
Noch weniger als ein Bundesminister und seine Beamten das
Grundgesetz tragen Kommunalpolitiker die Gesetzesblätter
unter dem Arm herum, müssen sich aber auf die in
Amtsblättern gemachten amtlichen Veröffentlichungen
verlassen können:
Amtliche Auskünfte müssen vollständig, richtig und
unmißverständlich sein (BGH III ZR 114/68 u.a.)
Da es sich nicht um einen Aprilscherz, sondern um eine
Veröffentlichung des Statuts im Amtsblatt handelt, mit der
ja auch eindeutig Bezug auf die Bestimmungen der
Gemeindeordnung genommen wird, ist dennoch eine nach außen
satzungsgleich wirkende Darstellung erfolgt.
Unverständlich bleibt, warum auf unsere Beschwerde nicht
umgehend durch Hinweis auf die Falschveröffentlichung
reagiert wurde, denn im Glauben, daß es sich um die
verlässlich vollständige, richtige und unmißverständlich
korrekte Wiedergabe des am 19.12.2016 vom Gemeinderat
beschlossenen Redaktionsstatuts handelt, haben wir
unsererseits - wie möglicherweise auch andere, insbesondere
im Gemeinderat vertretene Gruppierungen - mindestens 4
Wochen keine Veranstaltungshinweise in den
Mitteilungsblättern platziert.
Man hat dies von Amts wegen nach dem Motto "selber schuld,
wer sich auf diese falsche Veröffentlichung verläßt" ruhig
weiter so hingenommen und den Hinweis auf die irrtümliche
Falschveröffentlichung auch im Schreiben des Bürgeramts der
Stadt Heilbronn [Tue, 2 Apr 2019 12:22:50 +0000]
unterlassen.
Ob dies parteipolitisch motiviert so veranlaßt wurde, sei
dahingestellt, reagiert wurde jedenfalls nur von Ihrer Seite
mit der Klarstellung der Fakten erst, nachdem unsererseits
eine mögliche Strafanzeige in den Raum gestellt wurde.
Einmal mehr erfüllt das auch von Bürgern zunehmend in Frage
gestellte Verwaltungshandeln nicht mehr den Anspruch, den
diese als den Lebensunterhalt der Amtsträger zu gewährende
Steuerzahler als Gegenleistung zu erwarten haben.
Unsere im Schreiben vom 16.3.2019 gemachten Vorbehalte
bleiben bestehen, zumal Sie ein Einschreiten der
Rechtsaufsicht nicht in Betracht ziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Bürgerbewegung PRO Heilbronn e.V.
LeserFORUM: Ihre Meinung dazu
(bitte mit angeben, auf welchen Beitrag sich Ihre Meinung bezieht)
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