Die Spitze des Eisbergs

Die Verfassungsschutzkeule

Nachdem also trotz aller Versuche, 'Die Republikaner' mundtot zu kriegen, genau das Gegenteil eintritt, greift man zum letzten Mittel der Verzweiflung, der Verfassungsschutzkeule.
Man kann über Sinn und Unsinn dieser Einrichtungen von Bundes- und Landesämtern für den Verfassungsschutz, 17 an der Zahl, streiten oder nicht (die Grünen fordern immer wieder deren Abschaffung und wissen wohl, warum) : Der "Spiegel" 53/92 brachte es jedoch auf den Punkt.
Er schreibt unter dem Titel "Das Lied vom Tod": "Auch Unionspolitiker wollen 'Die Republikaner' künftig vom Geheimdienst ausspähen las-sen - nicht zuletzt aus wahltaktischen Gründen". [02.24]
Resümierte der Innenminister Bayerns, Edmund Stoiber (CSU) noch im Sommer 1992 bei der Vorlage seines bayerischen Verfassungsschutzberichtes, 'Die Republikaner' seien eine ver-fassungstreue Partei, so wollte er schon am 15.Dezember 1992 nichts mehr davon wissen und ließ die Republikaner, wie andere Bundesländer auch, ab sofort von seinem Verfassungsschutz überwachen.
An den Haaren herbeigezogene Unterstellungen sol-len den Beweis in Form eines amtlichen Prüfungsergebnisses für deren Verfassungsfeindichkeit liefern, um noch rechtzeitig vor den nächsten Wahlen den Republikanern den Knockout zu verpassen.
U.a.
wurden Äußerungen in Flugblättern der Partei über die "italienische Mafia und große Gangs, polnische Autodiebe, Schmuggler und Hehler, jugoslawische Zuhälter, türkische Drogenhändler und Jugendbanden, arabische Terrorkommandos usw.", die schlimmere Pendants in Stoibers eigenen Partei CSU haben, in einer Presseerklärung zur Begründung herangezogen. [119.01]
Eine Masche übrigens, die schon seit Jahren vor Wahlen in ähnlicher Form angewandt wurde.
Siehe letzter Absatz, letzter Halbsatz.
Unterdessen schien es den beobachtenden Verfassungsschützern große Mühe zu machen, für die offensichtlich politische Vorverurteilung auch die notwendigen Beweise zu erbringen.
Immerhin nutzte man in Baden-Württemberg noch eineinhalb Jahre die Zeit, um immer wieder Behauptungen, Vermutungen und Verdächtigungen mit Spekulationen über ein gar bevorstehendes Verbot der unangenehmen Konkurrenz von Rechts in der öffentlichen Meinung kursieren zu lassen, so daß 'Die Republikaner' selbst in einer Presseerklärung die Verbotsdiskussion langweilig und unglaubwürdig bezeichneten.
'Die Republikaner' schrieben, daß sie die regelmäßig vor Wahlen besonders hoch gespielten Diskussionen um ein Verbot der Partei für unglaubwürdig und langweilig hielten, "schon seit Jahren versucht man vergeblich, auf diese Weise unter Mißbrauch auch des Verfassungsschutzes, unangenehme politische Konkurrenten wie 'Die Republikaner' auszulinken." Würde man die Maßstäbe, die die Herren Maurer von der SPD und Eylmann von der CDU der Einstufung der Republikaner zugrundelegen wollen, bei den etablierten Parteien anlegen, müßten mindestens die CDU und SPD bei einem objektiv arbeitenden Verfassungsschutz längst verboten sein.
Weiter: "Daß dem nicht so ist und der Verfassungsschutz parteipolitisch über die jeweiligen Ministeriumsinhaber gesteuert ist, beweist die Tatsache, daß viele antisemitische und ausländerfeindlichen Aussagen, wie beispielsweise von Pater Streithofen (CDU) oder Friedhelm Farthmann (SPD) dort keinerlei entsprechende Reaktion hervorgerufen hat.
Entsprechenden Anfragen wich Innenminister Birzele (SPD) bisher aus." Vorgeworfen wurde in der Presseerklärung auch, daß man nicht über ein Parteiverbot bei den Parteien diskutiere, die wesentlich weiter rechts stehen, als die nationalkonservativen Republikaner, "weil diese den etablierten Altparteien...nicht gefährlich werden können." Kritisiert wurde ferner die Absicht des Innenminister Birzele, möglichst wahlwirksam unmittelbar vor der Europa- und Kommunalwahl in Baden-Württemberg den Verfassungsschutzbericht 1993 vorzulegen.
"Birzele soll das ruhig tun, draußen weiß eh´ jeder aufmerksam die Filzparteien beobachtende Bürger, welches Spiel mit den Republikanern getrieben wird, daß es nur um den Machterhalt des politischen Establishments geht." [120.01]
Im Sommer 1994 wurden schließlich die Verfassungsschutzberichte verschiedener Länder vorgelegt, in denen 'Die Republikaner' dann als "rechtsextremistisch" eingestuft wurden.
Nicht so im Verfassungsschutzbericht des Bundesinnenministers. Wegen Mangel an Hinweisen, die zu einer Aufnahme als "rechtsextremistisch" ausreichen, werden lediglich "Anhaltspunkte" festgestellt. [100.01]
Hier muß die Frage dann doch erlaubt sein, wer eigentlich wo die Maßstäbe anlegt.
Erlaubt sein muß auch die Frage, welche Aufgabe die Verfassungsschützer eigentlich haben.
Haben sie die Aufgabe, die Verfassung und diejenigen, die lt.
Verfassung an der politischen Willensbildung beteiligt sind, nämlich auch die Republikaner als Partei, durch ihre Erkenntnisse zu schützen? Zum Beispiel dadurch, daß sie Erkenntnisse über Personen, die sich als Extremisten in eine Partei einklinken, warnend der betroffenen Partei zur Kenntnis geben? Oder sind sie Objekt der jeweiligen Amtsinhaber, um sich "aus wahltaktischen Gründen" ("Spiegel") unliebsame Konkurrenz vom Halse zu halten, wobei man von der beobachteten Partei nicht erkannte Extremisten ruhig gewähren läßt, ja vielleicht sogar V-Leute mit Provokationsauftrag einschleust? Und: welchen Wert hat eigentlich so ein Verfassungsschutzbericht? Wenn es z.B.
im baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht 1992 unter "Straftaten mit linksextremistischem Hintergrund" heißt, daß am 24.9.92 unter dem Wagen des stellvertretenden Landesvorsitzenden der Republikaner ein Sprengsatz deponiert wurde, aber das Verfahren längst von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde? [Anm.: Es war das Fahrzeug des Autors]
[122.01]
Innenminister Birzele mußte sich deshalb von den Republikanern fragen lassen: "Wurde das Verfahren nun trotz der offenbar vorliegenden Erkenntnisse des Verfassungsschutzes auf Weisung eingestellt und wer trägt dafür ggf.
die Verantwortung? Wurden Ermittlungen dadurch erschwert, daß der derzeitige Innenminister V-Leute aus der linken Szene abberufen hat?" Weiter wurde um Auskunft gebeten, ob es einen Zusammenhang zwischen einem Säure-Anschlag 1989 auf ein Versammlungslokal in Heilbronn, diesem versuchten Anschlag und dem Anschlag auf den Landtagsabgeordneten der Republikaner, Karl-August Schaal, gibt.
Natürlich gab es auch eine Antwort.
Sie war - typisch für unsere etablierten Politiker - mehr als gewunden und führte natürlich auch nicht weiter.
Einen Zusammenhang konnte der Innenminister so wenig wie die Staatsanwaltschaft erkennen, aber man wußte nicht einmal den richtigen derzeitigen Wohnort eines in Sachen des Säureanschlags vor Gericht gestandenen Verdächtigen. [124.01]
Eine nochmalige Anfrage ergab substantiell im Antwortbrief auch nicht mehr, als den kernigen Satz: "Der Herr Minister Birzele ist zur Zeit leider zu sehr mit der Inneren Sicherheit beschäftigt, um sich um die Korrespondenz mit Vertretern der ´Republikaner´ zu kümmern." Der Rest des Briefes befaßte sich mit dem daraus zu folgernden Eingeständnis, daß keineswegs nur feststehende Tatsachen, sondern auch Vermutungen, im Verfassungsschutzbericht aufgenommen sind. [123.01]
Hierzu paßt auch die Bewertung einer als "rechtsextremistisch" eingestuften Straftat im baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht 1993, als einem gewiß nicht "links" stehenden Wachmann einer Neckarsulmer Asylbewerberunterkunft "Lauge" ins Gesicht geschüttet wurde. Wochenlang wurde damals die Meldung in der örtlichen Presse unterdrückt, bis 'Die Republikaner' seinerzeit die Sache ans Licht der Öffentlichkeit brachten. [121.01]
[122.02]
Es ist schon erstaunlich, daß bei Anschlägen, die sich gegen vermeintliche "Rechte" richten, nie ein Ergebnis das Licht der Welt erblickt, im umgekehrten Fall aber sehr schnell die Täter ausgemacht sind, ja, man sogar sofort weiß, wer zumindest als "geistige Brandstifter" in Frage zu kommen hat.
Und wenn alles, was in den Verfassungsschutzberichten steht, dieselbe Qualität hat, wie die beiden obengenannten Fälle zeigen, so weiß man auch, was man vom Gesamtwerk zu halten hat.
Es ist offensichtlich einfach oft nichts anderes, als eine Aneinanderreihung von Vermutungen.

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Stand der Seite: 03. Januar 2002