Die Spitze des Eisbergs

Fragen an Innenminister Birzele

Ein halbes Jahr vor Veröffentlichung des baden-württembergischen Verfassungsschutzberichtes stellte ich in meiner Eigenschaft als Stadtrat der Republikaner am 5.1.1994 folgende Fragen an den baden-württembergischen Innenminister:

"1. a) Können Sie bestätigen, daß Sie auch Fraktionen der Republikaner in Gemeinderäten überwachen lassen?

b) Lassen Sie auch die Fraktion der Republikaner im Heilbronner Gemeinderat überwachen?

c) Welche Einschränkungen sind die Folge für deren kommunalparlamentarische Tätigkeiten?

d) Sehen Sie ggf.
darin Behinderungen in deren freier Entfaltung und ist dies politisch gewollt?

3. Vor über einem Jahr ließen Sie beginnen, 'Die Republikaner' zu überwachen.

a) Weshalb haben Sie bis heute kein Ergebnis der Überwachung vorliegen, sondern nur vage Behauptungen vorgelegt, die sich z.T.
auf Fakten aus einem Zeitraum stützen, in dem den Republikanern ausdrücklich Verfassungstreue bescheinigt wurde (z.B.
Verfassungsschutzbericht Bayern v.
26.6.91)?

b) Wann werden Sie den Verfassungsschutzbericht 1993 vorlegen? Kann ich davon ausgehen, daß Sie dies publikumswirksam unmittelbar vor der Europawahl eingeplant haben ?

c) Kann ich davon ausgehen, daß 'Die Republikaner' auf jeden Fall negativ darin erwähnt werden, auch wenn Sie in Beweisnot sind und dafür nichts anderes als die bekannten vagen Behauptungen gegen die Partei vorführen, nur um politisch nicht Ihr Gesicht zu verlieren?

d) Kann ich davon ausgehen, daß Ihr Verfassungsschutzbericht 1993 ebenso schwach sein wird, wie der von 1992? Daß Sie wieder Ihrer Fasson gemäß den Schwerpunkt auf Rechts legen und die Veröffentlichung linker Gewalt nur als notwendiges Übel kurz erwähnt wird? Daß prokommunistische Vereinigungen wieder ebensowenig Platz haben werden, wie 1992, dafür das Thema "Republikaner" in epischer Breite behandelt wird?

4. Zur Zeit überarbeite und erweitere ich meine Broschüre "Die Spitze des Eisbergs", Ihnen sicherlich auch inhaltlich bekannt.
Das mir vorliegende Material enthält u.a folgende Fakten:

a) Der Landtag von Baden-Württemberg hat sich bereits im März 1987 mit den Grünen befaßt.
Dabei kamen unglaubliche Dinge zum Vorschein, wie

- Grüne Funktionsträger aus kommunistischen Organisationen (Teufel)

- Grüne sind in einer Seilschaft mit Extremisten und Kommunisten (Teufel)

- Grüne wollen im Grunde chaotische Zustände herbeiführen, die am Rechtsstaat nagen (Späth)

- Grüne vermeiden eine eindeutige Distanz von der Gewalt (Späth)

- Grüne haben ein ungeklärtes Verhältnis zur Gewalt (Maurer)

- Grüne stufen Gesetzesverstöße als legitim ein (Enderlein)

- Grüne befinden sich in Gemeinschaft mit einer Vielzahl von Verbrechern und Terroristen (Schaufler)

- Grüne erklären den zivilen Ungehorsam für legitim (Kuhn)

- Grüne brüsten sich selbst, Kommunist zu sein (Ebermann) usw.

b) Der ehemalige Bundesinnenminister Seiters, der bekanntlich mit Ihnen zusammen die Überwachung der Republikaner beschlossen hatte, gab noch zu Zeiten, als er "nur" MdB war, ein Heft mit heraus: "Argumente - Die Kader der Grünen".
Dies enthält unglaubliche Vorwürfe gegen eine Masse von Funktionären und Abgeordneten der Grünen vom Terrorismusvorwurf (RAF) über Handgranatenbeschaffung und Mitgliedschaft in verfassungsfeindlichen Organisationen bis zu Gewalt jeder Art.

c) Der CSU-Landesgruppenvorsitzende Glos, äußerte am 7.12.93 die Ansicht, die linksradikale PDS und die Grünen seien eine größere Gefahr für unser Land, als 'Die Republikaner' und die Rechten.

d) Laut "Handbuch des Landtags von Baden-Württemberg 1992" war der Abgeordnete Bütikofer (Grüne) von 1973 bis 1980 aktiv in der Gesellschaft für Deutsch-chinesische Freundschaft.
Seit 1974 ist er Mitglied in der maoistischen KHG und offensichtlich immer noch beim verfassungsfeindlichen Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW).

Gegen obige Fakten, die Ihnen mit Sicherheit bekannt sind, wehrten sich die Grünen mit Äußerungen, wie: die Vorwürfe seien ein Versuch, sie in antidemokratischer Weise auszugrenzen.
Trotz der Tatsache, daß selbst Ihre Vorwürfe gegen 'Die Republikaner' bei weitem nicht der Tragweite obiger Fakten entsprechen, sind diese Grünen mehrfach Koalitionspartner Ihrer SPD.
Ich frage Sie: Weshalb lassen Sie aufgrund der bekannten obigen Fakten, gegenüber denen Ihre Vorwürfe gegen 'Die Republikaner' geradezu harmlos sind, die Grünen nicht vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachten und stufen diese Linksextremisten mit z.T.
terroristischem und kriminellem Vorlauf nicht so ein, wie Sie nach Ihren Richtlinien gegen unbescholtene Patrioten verfahren?

5. Nochmals: Der CSU-Landesgruppenvorsitzende Glos, äußerte am 7.12.93 die Ansicht, die linksradikale PDS und die Grünen seien eine größere Gefahr für unser Land, als die Republikaner und die Rechten.
Die Linken seien aber hoffähig gemacht worden.
Im Bundestag spielten Bündnis 90/Die Grünen und die PDS, die in Wahrheit "Neokommunisten" heißen müßten, ein gemeinsames Spiel.
Die SPD solle sich klar von der PDS abgrenzen.
Der CDU-Generalsekretär Hintze verlangte von Scharping, sich eindeutig von Bündnissen, stillschweigender gegenseitiger Unterstützung und Tolerierungsabkommen mit der PDS zu distanzieren.
Ich frage Sie:

a) Stimmt es, daß die SPD im Bundestag immer wieder mit der SED-Nachfolgepartei gemeinsam abstimmt?

b) Stimmt es, daß Sie die Nachfolgepartei der Mauermörder, die neben zigtausenden unbescholtenen Bürgern auch tausende Sozialdemokraten auf ihrem Gewissen hat, nicht vom Landesamt für Verfassungsschutz überwachen lassen?

c) Erscheinen die Aktivitäten dieser Partei und ihres kriminellen Umfeldes erneut nicht in Ihrem Verfassungsschutzbericht 1993?

d) Weshalb ließen Sie diese Verbrecher-Nachfolgepartei im Verfassungsschutz- bericht 1992 unerwähnt?

6. Wie bereits erwähnt, gehe ich davon aus, daß Sie meine Broschüre "Die Spitze des Eisbergs" kennen.
Dann wissen Sie auch, daß ich darin eine Unmenge Fakten zusammengetragen habe über Äußerungen von Vertretern "etablierter" Parteien, die weit über das hinausgehen, was jemals Republikaner von sich gaben.
Weitere brisante Äußerungen kommen in Kürze hinzu.
Exemplarisch für viele andere verweise ich auf zwei Vorgänge:

- Heinrich Basilius Streithofen, CDU, Pater: Die Osnabrücker Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Bonner CDU-Intimus und Geißler-Freund wegen Volksverhetzung.
Vor Gästen der Volksbank Meppen bezeichnete der Pater Polen und Juden als "die größten Ausbeuter des deutschen Steuerzahlers".
Bereits 1990 meinte er: "Die Bundesrepublik läuft auf dramatische Weise über von Asylanten...Für die christlichen Kirchen ist es leicht, rigorose Forderungen aufzustellen.
Kein Pfarrer braucht sich einer Wahl zu stellen.
Vielleicht sollten die Behörden einmal Asylbewerber auch in katholischen und evangelischen Pfarrhäusern und Klöstern unterbringen."

- Friedhelm Farthmann, SPD, Minister in Nordrhein-Westfalen, meinte zur Lösung der Asylfrage: "Kurzen Prozeß, an Kopf und Kragen packen und raus damit !" Später bekräftigt er: "Ich wünsche erstens keine multikulturelle Gesellschaft, weil die nur zu gesellschaftlichen Disharmonien, zu Egoismus bis hin zu Gruppenhaß führt.
Wir erleben dieses Phänomen überall in der Welt, wo multikulturelle Gesellschaften zu beobachten sind.
Da lernen Menschen nicht mehr Toleranz, sondern sie schließen sich zu Gruppen zusammen, die sich bekämpfen."

Ich betone nochmals, daß obige beiden Aussagen, wie Sie wissen, nur exemplarisch für eine Vielzahl weiterer Vorgänge bei der SPD und CDU/CSU sind und frage Sie:

a) Weshalb lassen Sie aufgrund der Ihnen bekannten obigen u.a.
Fakten, gegenüber denen Ihre Vorwürfe gegen 'Die Republikaner' geradezu harmlos sind, die SPD und CDU nicht vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachten?

b) Gelten die von Ihnen bei den Republikanern angelegten Maßstäbe nicht für "etablierte" Parteien?

c) Gibt es für Sie daher zweierlei Recht?

Erzählen Sie mir bitte nicht, als IM in Baden-Württemberg seien Sie dafür nicht zuständig.
Immerhin führen Sie gegen 'Die Republikaner' im Ländle aus Beweisnot vergleichsweise harmlose Vorgänge ebenfalls aus anderen Bundesländern heran!

7. In einer Entgegnung Ihres LfV wird als Beweis ein "Zeuge vom Hörensagen" angeboten.
In einer Sendung von SDR 1 zur Verfolgung von als Kommunisten verdächtigen Personen in der Nachkriegsära unter Adenauer wurde zu "Zeugen vom Hörensagen" interessantes gesagt.
So z.B., daß diese soviel lügen konnten, wie sie wollten, ohne jegliche Folgen für sie.
Es sei eine ganz üble Beweismethode, die beispielsweise in der amerikanischen Justiz durch einen Verfassungszusatz verboten ist.
Betont wird, daß damit seit 1951 Dinge in Kraft gesetzt wurden, die dem McCarthismus in Amerika gleichkamen.
Der Mitverfasser des damaligen Gesetzes, Thomas Dehler, schrieb später dazu einen Aufsatz mit dem Titel: "Mein Gewissen schlägt schwer." Hauptverfasser sei aber ein bereits im Dritten Reich tätiger Mann namens Scharfreute gewesen.
Herta Däubler-Gmelin räumte in diesem Fall ein, die politischen Urteile der Adenauer-Ära glichen einem "dunklen Tatbestand in der heutigen Strafjustiz." Klaus Kinkel vertritt immerhin die Auffassung, es habe "Ungerechtigkeiten" gegeben.
Werner Maihofer meinte, es hätte "einem ausgewachsenen Polizeistaat alle Ehre gemacht." Und der Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Günter Posser, meinte gar u.a.: "Das alles betraf Menschen, die keine politischen Morde, keine Aufstandsversuche und keinerlei Gewalttaten" begangen hatten und untadelig durchs Leben gingen. [125.01]

Meine Fragen dazu an Sie:

a) Handelt es sich bei diesem "Zeugen vom Hörensagen" um einen eingeschleusten V-Mann?

b) Haben Sie V-Leute bei den Republikanern eingeschleust, die Straftaten begangen haben oder noch begehen werden (Provokateure), um dann vor den Wahlen öffentlichkeitswirksam als "Republikaner" beweisträchtig für die "Gefährlichkeit der Partei" verwandt zu werden? Ich verweise auf die bekannten Methoden des Verfassungsschutzes, z.B.
auf den Vorgang um das "Celler Loch".

c) Halten Sie Ihre Methoden für vergleichbar denen eines McCarthy, der sich bei seiner Tätigkeit wie Sie auf gesetzliche Grundlagen berief, aber in Wahrheit nichts anderes im Sinne hatte, als unliebsame Andersdenkende mit Hilfe politischen Gesetzesmißbrauchs auszuschalten?

8. Erstaunlich ist für mich, wie pikiert Erling Olsen, Justizminister von Dänemark, reagierte, als aus Deutschland Forderungen laut wurden, in Dänemark gegen von dort vertriebene wirklich rechtsextreme Schriften wie den "Einblick" vorzugehen.
Olsen dazu: "Wir haben hier Meinungsfreiheit und wollen keine Polizeistaatsmethoden einführen." Meine Frage an Sie:

a) Halten Sie 'Die Republikaner' für extremistischer als jene Leute in Dänemark, die dort vor unserer Justiz sogar Asyl bekommen, wenn Sie diese hier verfolgen, während der dänische Justizminister für diese Asylanten und deren verqueren Ansichten ("Auschwitzlüge" etc.) die Meinungsfreiheit verteidigt?

b) Sind Ihre Methoden gegen 'Die Republikaner' Polizeistaatsmethoden im Vergleich zum Umgang mit solch abstrus Andersdenkenden in Dänemark?

c) Wie sehen Sie Ihre Vorgehensweise gegen 'Die Republikaner' unter den Prämissen der UN-Charta für Menschenrechte oder den Ergebnissen der KSZE-Konferenz im Hinblick auf obige Umsetzung in Dänemark? "

Soweit die Fragen an den Innenminister.
Selbstverständlich wurden die Fragen mit der üblichen Verzögerung von 4 Wochen nur in den Punkten mit bereits bekannten Allgemeinplätzen beantwortet, "die einen konkreten Bezug" zu den Republikanern haben.
Eine Antwort auf alle anderen Fragen wurden - den politischen Gegebenheiten entsprechend verständlich - nicht beantwortet. [123.02]
Heute, nach dem Superwahljahr 1994, stelle ich fest, daß viele meiner Fragen durchaus ihre Berechtigung hatten und noch immer haben.

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Stand der Seite: 03. Januar 2002