Politische
Subkultur
Und wie steht es mit der politischen Kultur?
"Ein bislang unbekanntes parteiinternes
Diskussionspapier über die Taktik gegenüber
rechtsextremen Parteien hat die SPD-Spitze unter Druck
gebracht", schreibt die "Jüdische Allgemeine
Wochenzeitung" am 21.7.89 über eine Analyse von
wissenschaftlichen Mitarbeitern der SPD-Zentrale. Darin
gehen diese von der Überlegung aus, "daß der
Zuwachs äußerst rechter Parteien die Union in
Schwierigkeiten bringe. Die SPD könne durch ihre eigene
Taktik die Union in der Zwickmühle halten", denn
die CDU/CSU müsse sich nach rechts ab-grenzen,
andererseits sei sie gezwungen, einen Teil der
Rechtswähler zurückzuholen. Dies steigere zwar die
Chancen für "Rechtsextreme", die SPD könnte
aber davon als Partei der Mitte profitieren. [08.02] Mit
Überlegungen solcher Art befaßten sich die
Sozialdemokraten in der Tat zur Vorbereitung der
Bundestagswahl 1990, bis das Papier ruchbar wurde. Eifrig
wurde nun auch dementiert und abgewiegelt, denn es konnte
schließlich nicht sein, was nicht sein durfte. Dabei
sind die Sozialdemokraten garnicht alle so links, wie sie
sich immer öffentlich geben. Schrieb doch Jochen Welt
bereits 1990 im SPD-Parteiorgan "Vorwärts" in
einer Lobrede auf Oskar Lafontaines persönlichen Schwenk
in der Asylpolitik, daß dieser dafür Unterstützung
verdiene. "Das Boot ist wirklich voll, wir lenzen
bereits mit aller Kraft", schrieb er und meinte,
beispielsweise sei eine wasserdichte Definition der
"politischen Verfolgung", gerade "in Bezug auf
Sinti und Roma" unabdingbar. [118.01] Doch auch ohne
diese SPD-Strategie, wurde sie nun heimlich durchgeführt
oder nicht, merkte man bei der Union sehr bald, was die
Stunde geschla-gen hatte. Spätestens bei der
Wiedervereinigung wurde jedem Vertriebenen klar, daß er
für die CDU/CSU über Jahre hinweg nur als
Transmissionsriemen mißbraucht wurde. Jedem Bauern wurde
klar, daß ihn die Union über Jahre hingehalten hat und
er letztlich nur totsubventioniert wurde. Und immer mehr
CDU/CSU-Wählern wurde klar, daß sie über Jahre hinweg
nur noch belogen und als Melkkuh mißbraucht wurden. Nur
die Union selbst meinte immer noch, wie alle anderen
"staatstragenden" Parteien auch, daß die
Bundesrepublik samt Volk und Staatsapparat ihr
persönliches Eigentum sei. Das helle Erwachen kam am
5.April 1992, als 'Die Republikaner' mit 15 Abgeordneten in
den Landtag von Baden-Württemberg einzogen und einiges
erheblich durcheinander wirbelten. Die sich zuvor
spinne-feind gebärdenden Herren Teufel und Spöri waren
plötzlich sehr zahm bei einer großen Koalition
angelangt, die beim Wähler überhaupt nicht akzeptiert
wurde. Verlangte die SPD-Anhängerschaft die Einlösung
des Spöri´schen Wahlversprechens, auf keinen Fall eine
Große Koalition einzugehen, so machte sich auf dem
Mitte-Rechts-Flügel der CDU ganz ordentlich und teils
laut polternd die Meinung Luft, man müsse auch mit den
Republikanern reden. Eine Meinung, die bis heute nicht
verstummt ist, sogar parteiintern die CDU bis zum
Zerreißen beschäftigt hat und die die Chefetagen der
Union zum Verzweifeln brachte. Gab und gibt es doch an
der Basis heftige Kontakte und Gespräche mit den
Republikanern, die bis zu vermehrten Übertritten gingen,
wobei bereits erste Mandatsträger zum Sprung ansetzten.
Dem mußte natürlich entgegengetreten werden.
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