Ein "Highlight" weniger bei der BuGa 2019 in Heilbronn
Der "Blitz" schlägt nicht ein

Brücke am Hauptbahnhof gestoppt

Verschiebung abgenickt

Zweifellos: Die parteiübergreifende Fraktion der "Ja"-Sager hat die absolute Mehrheit im Gemeinderat.

Dieser hat in seiner Sondersitzung am Dienstag, 25. April 2017, das Projekt einer Brücke über den Hauptbahnhof vorerst gestoppt.

In der Debatte gab es zwar Aufreger von FDP-Stadtrat Nico Weinmann und dem FWV-Mann Malte Höch über das Vorgehen der Verwaltung in der Sache, doch letzten Endes stimmmten sie dem Vorhaben der Verwaltung, das Brückenprojekt bis in die Zeit nach der Bundesgartenschau zu verschieben, trotz Anmerkungen, wie "ich bin doch kein Abnick-August", zu.

Daß die Fraktionen der CDU und SPD sich linientreu und kritiklos einmal mehr wie bereits abgesprochen dem Willen der Rathaus-Chefetage unterworfen haben, war keine Überraschung für die gut besetzten Zuschauerreihen.

Das Problem ist einmal mehr, daß in den Entscheidungsgremien Leute sitzen, die von der Materie keine Ahnung haben, sich aber damit profilieren wollen und so leicht zu lenken sind.

Einzig PRO-Heilbronn-Stadtrat Alfred Dagenbach enthielt sich der Stimme, nachdem er sehr zum Ärger von Oberbürgermeister Harry Mergel heftige Kritik am Verwaltungshandeln geübt hatte.
Dieser nahm einmal mehr kein Blatt vor den Mund und erklärte in seiner Stellungnahme:

Daß der Wille, die Bundesgartenschau 2019 nach Heilbronn zu holen, auch ein Mittel zum Zweck war, die damals herrschenden Zustände im Areal Fruchtschuppenweg zu beseitigen, war eine der Intentionen, die den Gemeinderat zu diesem Entschluß gebracht hat.
Das geht auch deutlich aus den Entscheidungen hervor, die der Gemeinderat zur Durchführung der Bundesgartenschau in der Vergangenheit gefällt hat.
Dabei lohnt es sich, einmal die alten Protokolle nachzulesen, insbesondere, wenn wir jetzt eine Entscheidung fällen sollen, die sich nachteilig auf die Bundesgartenschau auswirken wird, ob Sie das akzeptieren oder herunterspielen wollen, wie es Ihnen gefällt.

Bereits bei der ersten Sitzung zu diesem Thema am 17. Dezember 2012 brachte es der damalige Oberbürgermeister auf den Punkt und das Protokoll vermekt dazu, ich zitiere:
"Er macht ferner deutlich, ein Punkt, für den sich die BUGA Heilbronn 2019 GmbH sehr einsetze, sei die Überführung über das Bahnhofsgelände.
Diese Verbindung aus dem Neckarbogen zum Bahnhof halte er für die Zeit der Bundesgartenschau für elementar wichtig, aber insbesondere auch als Zeichen, wie ernst es die Stadt mit der Entwicklung des Neckarbogens meine. Wenn die Stadt diese Entwicklung

tatsächlich zukunftsorientiert in einer Vision 2040 sehe, müsse sie ein Zeichen setzen zur Verminderung des Verkehrs und zur Optimierung der Verbindungen für Fußgänger und Radfahrer. Dazu gehöre diese Brücke. Für die Brücke sei eine filigrane Lösung geplant. Es gehe allerdings nicht darum, ein architektonisches Highlight zu schaffen. Die Entwicklung des Neckarbogens in einer zukunftsorientierten Art sehe er als eine besondere Chance.
Für die Durchführung der BUGA sei die Brücke zwar nicht unbedingt notwendig, dennoch würde ein Wegfall schmerzen, da Umwege über die Kraneninsel entstehen würden."
Genau das ist nach wie vor - auch mit den jüngsten Aussagen von OB Mergel - der springende Punkt.

Deshalb ist nicht nachvollziehbar, weshalb nun mit allerlei für die meisten Gemeinderatsmitgliedern bis dahin nicht nachprüfbaren Begründungen diese Brücke in jedem Fall, aber nur nicht heute, gebaut werden soll.
Ohnehin ist es eine Zumutung, auf Grund einer solchen Drucksache, die nichts Konkretes enthält, keine Alternativen aufzeigt und nicht auf die anderen vorgelegten Angebote eingeht, die Zahlen zu nennen vermeidet, eine Terminologie zunächst unterläßt, sprich: mehr über das Verwaltungshandeln verschweigt als offenlegt, zu entscheiden.
Wir als nach der Gemeindeordnung oberstes Organ sind weniger informiert als die clever gefütterte Tagespresse und werden dann mit einem Horrorszenario konfrontiert.
Eigentlich müßte dazu ein Akteneinsichtsausschuß einberufen werden.

Aber einige im Gemeinderat, die die Strippen ziehen, scheint das nicht zu stören, lehnten sie doch schon am 17. Dezember 2012 mit ihrer Mehrheit diese Brücke ab und folgten danach im Jahr 2013 nur aus Opportunismus wegen dem aufkeimenden Unmut der Bürger gegen ihre praxisferne Entscheidung dem danach folgenden Beschluß zu einem städtebaulichen Wettbewerb.
Als Hauptargument wird jetzt die Teuerung herangezogen, als ob man trotz langjähriger Erfahrungen mit Vergaben nicht genau wüßte, daß mit Baupreissteigerungen stets gerechnet werden muß.

Und es dürfte ein Trugschluß sein, zu glauben, daß die Kosten nach der Bundesgartenschau günstiger werden, das glauben Sie doch selber nicht.
Es wird also nichts eingespart, sondern noch mehr Belastung für die Bürger der Stadt in Kauf genommen, vielleicht ist man dann als OB auch nicht mehr in Verantwortung.
Offensichtlich blickt hierbei aber auch niemand mehr über den Tellerrand hinaus und verwechselt diese Bundesgartenschau mit einen Prestigeobjekt zur städtebaulichen Entwicklung.
Sie stellen die Experimenta, die mit der BuGa garnix zu tun hat oder das „höchste Holzhaus Deutschlands“ als Highlight in den Mittelpunkt und vergessen völlig, daß für die Besucher noch immer die Blumenschau das Highlight ist, wegen dem sie schon immer zu einer Bundesgartenschau gekommen sind.
Wen interessierte denn bei der IGS in Hamburg die Randgeschichte mit den Energiesparhäusern?

Doch nur die, die dort gezielt hingeführt wurden, wie den Heilbronner Gemeinderat.
Nein, entscheidend ist der Eindruck, den eine Bundesgartenschau bei den Besuchern hinterläßt.
Kommt der Besucher nur über Staus auf der Autobahn oder der B 293 dank fehlender Saarlandsteraße oder über einen Hauptbahnhof, an der kein gescheiter Zug hält und der bis hahin hoffentlich nicht mehr jeder Beschreibung spottet und wo die Stadtverwaltung bisher nicht einmal eine Toilettenanlage hinbekommt, zur BuGa?
Und wer also dennoch nach Heilbronn kommt, soll dann auch noch einen Umweg von Hunderten von Metern bis zum Kern der Schau laufen?
Damit hat dann hat diese BuGa ruckzucki ihren guten Ruf weg und die Leute bleiben fort.

Ohnehin ist das Projekt "BuGa 2019" inzwischen zum Schrumpfobjekt geworden:
Die großartigen Pläne einer Bundesgartenschau bis zum Böckinger Segelfluggelände, Umgestaltung der Sportanlagen, Einbindung des Eisenbahnmuseums mit Dampfzugfahrten und Verlegung des Rollsportstadions als einige Beispiele, konnte man sich bereits abschminken.
Das letztere soll nun mit einer billigen "Aufhübschung" zum Glanz gebracht werden, weil es sich ja nicht ganz verbergen läßt.
Der „Marine-See“ war ursprünglich als Hafen für den Motorsportclub gedacht, jetzt können Sie fast per Fuß durch den Teich spazieren.
Und die großartigen Pläne mit den Anbindungen der Stadtteile sind ebenso vergessen.
Sie werden nun mit knausrigen Stadtteilbegrünungen abgespeist.

Heilbronn hatte nach Stuttgart 1977 und der nicht vergleichbaren IGA 1993 ebenfalls in Stuttgart nach über 40 Jahren der baden-württembergischen Abstinenz eine Riesenchance zum Aufbruch, die Stück für Stück dezimiert wird.
Vergleiche ich Stuttgart 1977 mit dem, was Sie uns hier vorführen, so erinnere ich mich als damals sehr erfolgreicher Teilnehmer noch gut daran, welche interessanten Brückenprojekte dort umgesetzt wurden.
Es gab auch eine begeistert in Anspruch genommene Schwebebahn.
In der Stadt der Krämerseelen wird es ganz zu deren "Ruhm und Ehre" nicht einmal eine Seilbahn geben, die einmal angedachten Aussichtsplattformen auf den benachbarten Silos sowieso nicht.

Verglichen mit Koblenz und nun Berlin ist der Absturz in die Mittelmäßigkeit vorprogrammiert, entscheidend ist für den Erfolg nämlich nicht, was wir uns hier vor Ort medial geschönt in die Tasche lügen, sondern was draußen im Land ungeschönt von den Besuchern darüber berichtet wird und dazu würde auch das Erlebnis, über eine tolle Brücke mitten in die Schau zu kommen, eine der wenigen verbliebenen positiven Eindrücke hinterlassen.
Verwässern Sie das bitte nicht noch weiter, als schon geschehen.