Zum Heilbronner Siebenröhrenbrunnen Kriegsursachen
Ein Kommentar zu Wunsch und Wirklichkeit

Wunschdenken und Wirklichkeit klaffen in der Diskussion um die Ursachen für den 2. Weltkrieg oft himmelweit auseinander.

Liest man manche Ergüsse und Rechtfertigungen, die einem im Zeitalter technischen Fortschritts täglich auf den Tisch flattern, so wundert man sich über die Naivität und den kleinkariertem Wissensstand bei so manchem, der sich zur "Errettung des eigenen Volkes" berufen fühlt und damit aus Dummheit und Borniertheit mehr Schaden als Nutzen anrichtet.
Das Syndrom dieser Hobbyhistoriker unter den "nationalen" Helden dieses Genres, die sich oft damit auch schnell als "Nazionale" selbst entlarven, ist die Unmöglichkeit, die Historie so zu begreifen, wie sie wirklich abgelaufen ist.
Hier ist sie unter umgekehrten Vorzeichen auf demselben geistig-horizontalen Stand, wie ihre politischen Gegner auf der anderen Seite.
Beide - die Linken wie die Rechten - sind derart von sich und ihren Meinungen überzeugt, daß die historische Wahrheit schon gar nicht mehr hinterfragt werden darf.
Schon der Versuch, Quellen für manche zweifelhafte Aussage zu erbitten, setzt den Fragenden dem Verdacht aus, einer gegen sie gerichteten Verschwörung angehören zu müssen.
Schließlich haben sie das, was sie verbreiten, in ihrer ihnen genehmen Literatur schon tausendmal aufgewärmt zu lesen bekommen und muß deshalb "die Wahrheit" sein.
Und zum wiederholten Male kommen dabei die "Protokolle der Weisen von Zion" ins Spiel, in denen alles schon so vorhergesagt wird, wie es gekommen ist und weiterhin kommen muß...
Dann ist man über alles, was passiert ist und noch passiert, bestens aufgeklärt - was macht es, wenn dies gar nicht aus den Quellen stammt, denen man es zuordnen möchte, sondern einfach vom zaristischen Geheimdienst fabriziert wurde, um die Drahtzieher der im Lande gefährlich gewordenen Unzufriedenheit über das monarchistische Feudalsystem zu diskriminieren?
Wer den Dingen auf den Grund geht und darauf hinweist, gehört dann aus Sicht gewisser "Hardliner", die auf die unerschütterliche "Wahrheit" ihres "Wissens" schwören, einfach auch zu jenen, die diese vermeintliche "Verschwörung gegen die Menschheit" bis heute unterstützen.
Man liest selbstverständlich nur einschlägige Literatur, denn alles andere ist ja ohne Abstriche als "verlogene Geschichtsfälschung der Sieger" anzusehen.
Klar: das war schon immer so, daß die Sieger sich selbst als die Guten und die Verlierer als die Bösen darstellen lassen.
Es hilft diesen, das gegenüber den eigenen Völkern besser darstellen zu können oder gar nicht rechtfertigen zu müssen, was man selbst alles angestellt hat.
Es war und ist Teil der Kriegspropaganda, die zur Verhinderung von Gegenströmungen im eigenen Volk einerseits und zur Unterminierung des Verteidigungswillens des Gegners eingesetzt wurde.
Reproduziert auf die inzwischen auch nicht mehr jüngste Geschichte des 2. Weltkrieges haben diese Methode sowohl die Alliierten als auch die Achsenmächte unter deutscher Führung angewandt.
Die Völker waren selbst Jahre nach dem Krieg davon überzeugt, daß ihre Sache die richtige gewesen sei und die andere Seite nur lügt - so tief wurde die jeweilige Propaganda eingehämmert.
Der psychologische Unterschied war nur der, daß die Sieger damit gut leben konnten, die Verlierer indessen häufig nicht - und die daraus resultierenden Minderwertigkeitskomplexe schlagen dann bei geistig weniger stabilen Zeitgenossen in politische Aggressivität um.
Doch ändert das alles an den historischen Tatsachen eben nichts, diese bleiben so, wie sie gewesen sind, ob sie nun beschönigt oder unterschlagen werden.
Früher oder später kommen die Dinge dann doch an das Licht, was zu dem Effekt bei jenen führt, die sich mit der Schande eines verlorenen Krieges oder des eigenen Irrtums nicht abfinden können, alles "schon immer gewußt" zu haben.
Und da im Zuge neuer Erkenntnisse irgendwo wieder einmal "die Wahrheit" ans Licht gekommen ist, wird der Einfachheit geschlußfolgert, daß eben "alles verlogen" sei.
Schließlich stützt man seine Kenntnisse auf "wahre" Literatur, sogar von ausländischen - oft amerikanischen - Autoren geschrieben.
Daß es schon immer heftige Gegner jedes Krieges im eigenen Land gegeben hat, tritt bei den USA besonders deutlich hervor.
Die Beispiele derartiger "Nestbeschmutzung" lassen sich zeitnah vom Vietnam-Krieg über Watergate bis zum Irak-Konflikt verfolgen.
Da auch diese Autoren aber nur über das schreiben konnten, was ohnehin mindestens in informierten Kreisen bekannt war und der Rest als spekulative Vermutungen und Verdächtigungen hinzugefügt wurde, sind deren Werke historisch gesehen nur von geringem Wert und gehören eher in die Kategorie einschlägig unterhaltender Enthüllungsliteratur mit allen damit verbundenen Fehlern.
So findet man beispielsweise im Buch des oft zum Beweis der "Roosevelt'schen Kriegspolitik" zitierten Hamilton Fish "Der zerbrochene Mythos" ein Bild mit der Unterschrift "F.D. Roosevelt unterschreibt am 11. Dezember 1941 die Kriegserklärung an Deutschland" - ohne richtig zu kommentieren, daß an demselben Tag Deutschland den USA den Krieg erklärt hat.
So werden falsche Schlußfolgerungen in die Welt gesetzt, die natürlich von den Anhängern verlorener Träume ohne zu hinterfragen gerne weiterkolportiert werden.
Die Beispiele ließen sich beliebig erweitern, wie man oftmals irgendein Ereignis herausgreift, um damit die "Schuld" des Gegners zu "Beweisen".
Beliebt ist z.B. auch, England und Frankreich vorzuhalten, Deutschland den Krieg erklärt zu haben.
"Vergessen" wird, daß 3 Tage vorher Deutschland in Polen einmarschiert ist, wovor zuvor Frankreich und England nachdrücklich gewarnt haben, ja sogar nach dem Einmarsch nochmals versucht haben, per Ultimatum Deutschland zum Einlenken zu bewegen.
Erst nach dieser Ablehnung Deutschlands erfolgte dann bekanntlich die Kriegserklärung.
Zumal durch den wiederholten Bruch des dreimaligen Hitler'schen Versprechens "nun keine weitere Forderungen mehr zu haben"* nach der Zerschlagung der Tschechoslowakei die englischen "Falken" um Churchill gegenüber der deutschfreundlichen Chamberlain/Eden-Regierung schließlich die Oberhand gewannen.
In Sachen "USA" wird schließlich gerne "vergessen", daß diese Japan schon jahrelang aufgefordert hatten, sich aus den okkupierten Ländern wieder zurückzuziehen und - da man in Japan glaubte, die Warnungen in den Wind schlagen zu können - darauf die "Daumenschrauben" angezogen haben.
Um eines klarzustellen: Es geht nicht um die Reinwaschung der Sieger, die natürlich ihre ureigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt haben - wie die andere Seite auch - sondern um die verdrängten historischen Realitäten.
Genau hier beginnt aber das Problem, das gewisse Leute im "rechten Lager" (wie umgekehrt im "linken") mit der Wahrnehmung der Realitäten haben:
Sie kennen nur Schwarz-Weiß-Denken, nicht einmal die Graustufen dazwischen - und sind darüber hinaus politisch farbenblind.
Wer nicht 100%ig auf der Linie ist und ohne nachzudenken jeden Unsinn für bare Münze nimmt, muß dieser kruden Logik zufolge ganz einfach der "Freund meines Feindes" sein.

Schlimmer noch:

Man pickt sich aus Abhandlungen und Dokumentationen das heraus, was einem gerade gefällt und erhebt dies zum "Beweis" für seinen verbreiteten Unsinn, ohne den Gesamtzusammenhang zu beachten.

Beispielsweise wird von solchen selbsternannten "Experten" gerne aus Gerd Schultze-Rhonhofs Buch "1939 - Der Krieg, der viele Väter hatte" zitiert - aber nur jene Passagen, die in das krude Geschichtsbild passen. 

Und weil die "andere Seite" in ihm genauso hirnlos den bösen Revisionisten sieht, bestätigt dies natürlich deren Ansichten.

Doch Gerd Schultze-Rhonhof schreibt selbst:

"Adolf Hitler ist entschlossen, die offene Danzig-Frage, das Problem der Verkehrsanbindung Ostpreußens an das Reich und den Minderheitenschutz für die Deutschen in Polen noch vor dem Winter auf dem Verhandlungswege oder - wenn das nicht möglich ist - mit einem Krieg zu lösen."

Solche und andere Passagen werden geflissentlich "übersehen" und betreibt somit selbst Geschichtsklitterung, wie man sie gerne den vermeintlichen Gegnern, die nur noch in deren verworrenen Köpfen existieren, vorhalten zu müssen glaubt.
So einfach gestrickt ist das, wie die ganze heile Welt, die man sich dort bis in Führungsebenen hinein zusammengeschustert hat.
Man sollte daher sehr pragmatisch und skeptisch Behauptungen beurteilen, die Leute aufstellen, deren Flunkereien man schon lange genug kennt.
Besonders sollte man solchen einfach aus dem Ärmel geschüttelten Behauptungen auf den Grund gehen, bevor man sie sich zu eigen macht.
Darüber nachzudenken, wäre dringend zu empfehlen, denn derartiger Wissensstand ist offensichtlich nicht wie bei den Etablierten auf die berühmten 12 Jahre, sondern auf die "1000 Jahre" desselben Zeitraums beschränkt.
Nur wer beide Seiten einer Medaille gut kennt, kann auf Dauer auch glaubhaft damit bestehen.

* 1. nach dem Einmarsch in das Ruhrgebiet, 2. nach dem Anschluß Österreichs, 3. nach dem "Münchner Abkommen" zum Anschluß des Sudetenlandes

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