Terrorismus


Rote Armee Fraktion (RAF)

Die Rote Armee Fraktion war eine linksextremistische Terrororganisation in der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde 1970 von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler, Ulrike Meinhof und weiteren Personen gegründet. In ihrem Selbstverständnis betrachtete sich die Gruppe als kommunistische, antiimperialistische Stadtguerilla nach südamerikanischem Vorbild ähnlich den Tupamaros in Uruguay. Sie war verantwortlich für 34 Morde, zahlreiche Banküberfälle und Sprengstoffattentate. 1998 erklärte sie ihre Selbstauflösung.

kostenlose counter

Hintergründe

In den 1960er Jahren wuchs in der Bundesrepublik Deutschland eine Generation heran, in denen Teile das angebliche Verhalten der Elterngeneration während des Nationalsozialismus teilweise nicht unberechtigt kritisch betrachteten. Dies war jedoch zumeist nur Vorwand für Linke, denen die verbale Gewalt gegen Andersdenkende zum Frustabbau nicht ausgereicht hat. Demzufolge wurde auch der Kapitalismus, das parlamentarische System und die bürgerlichen Lebensformen in Frage gestellt. Animiert durch die amerikanische Bürgerrechtsbewegung und der prokommunistisch gesteuerten Agitation gegen den Vietnamkrieg entstand in Teilen der Gesellschaft eine ablehnende Haltung gegenüber der Politik der USA. In den großen Universitätsstädten Westeuropas kam es zu großen antiamerikanischen Demonstrationen der Studenten. In der Bundesrepublik entstand die außerparlamentarische Opposition, die Einfluss auf den Sozialistischen Deutschen Studentenbund nahm.

Die RAF verstand sich als radikale Avantgarde dieser Opposition und als Wegbereiter einer kommunistischen Weltrevolution. Betrachtet man die Entwicklung der RAF, so lassen sich mehrere Generationen unterscheiden, zwischen denen jeweils keine oder nur geringe personelle Kontinuität vorhanden war. Die im wesentlichen drei Generationen unterscheiden sich zudem durch Organisationsstrukturen und Veränderungen in Theorie und Praxis.

Dem Selbstverständnis der RAF zufolge musste der Kampf gegen den so genannten „US-Imperialismus” auch in Westeuropa bewaffnet geführt werden. Nur die erste Generation konnte mit dieser Definition auf Verständnis einer Minderheit der Gesellschaft hoffen. Diese Haltung äußerte sich in Unterstützungsaktionen und einer weitverzweigten, halblegalen Unterstützer-Logistik, vor allem durch die Rote Hilfe. Auch die Liste prominenter Verteidiger der ersten Generation ist ein Indiz dafür. Die zweite Generation hatte aufgrund der Wahl ihrer Anschlagsziele diese Basis größtenteils verloren und operierte als militante Gruppierung noch ferner von der Gesellschaft.

Die RAF war eine relativ kleine, aber um so gefährlichere Gruppe. Die Anzahl der direkt im Untergrund aktiven Mitglieder des sogenannten Harten Kerns aller drei Generationen betrug zwischen den 1970er und 1990er Jahren zusammengefasst zwischen 60 und 80 Personen. Zu den aktiven Unterstützern wurden in dem gesamten Zeitraum etwa 300 Personen gezählt.

Die 1977 bis 1979 in Reaktion auf die RAF-Verbrechen im „Deutschen Herbst“ verabschiedeten Anti-Terror-Gesetze griffen in die Persönlichkeitsrechte aller Bundesbürger ein, wurden aber überwiegend als den rechtsstaatlichen Prinzipien genügend akzeptiert.

Bei terroristischen Anschlägen oder Geiselnahmen wurden 34 Menschen von RAF-Mitgliedern ermordet und es gab zahlreiche Verletzte. Außerdem starben 20 Mitglieder der RAF.

In den Medien wurde die RAF anfangs oft als „Baader-Meinhof-Bande“ oder als „Baader-Meinhof-Gruppe“ bezeichnet. Gebräuchlich ist seit etwa Mitte der 1970er Jahre jedoch ihr selbst gewählter, an die Rote Armee der Sowjetunion angelehnter Name „Rote Armee Fraktion“. Statt der phonetischen Aussprache der Abkürzung RAF als „Err-A-Eff“ hört man häufig auch die Sprechweise „Raff“.

 

Chronik zur RAF

Vorgeschichte

Vorgeschichte und Geschichte der RAF reichen von den Studentenunruhen 1968 bis hin zur selbsterklärten Auflösung 1998. Als bei einer Demonstration in Berlin am 2. Juni 1967 der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen wurde, stellte dies einen Wendepunkt dar. Vertuschungsversuche der Behörden nach dem Vorfall trugen zur weiteren Eskalation der bereits angespannten Situation bei. In der Protestbewegung entwickelte sich in den Folgejahren ein militanter Teil, aus dem sich dann die erste Generation der RAF und später die Bewegung 2. Juni (1972), die Revolutionären Zellen (1973) und Rote Zora (spätestens 1977) entwickelten.

Nach den in der Studentenbewegung geführten Strategiediskussionen um die Legitimation von „Gewalt gegen Sachen“ hatten Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein am 2. April 1968 mit Hilfe von Zeitzündern Brände in zwei Frankfurter Kaufhäusern gelegt, um gegen den Krieg der USA in Vietnam zu protestieren. Die Brände verursachten einen Schaden von insgesamt 700.000 Mark. Die Brandstifter wurden schon am 4. April gefasst und in Folge zu je drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Prozess war schon damals umstritten und die Strafen ungewöhnlich hoch.

Nachdem die Revision des Urteils durch den Bundesgerichtshof beantragt worden war, kamen die Verurteilten zunächst auf freien Fuß. Nach Ablehnung des Antrags tauchten Baader und Ensslin unter und beschlossen zusammen mit ihrem Anwalt Horst Mahler die Gründung einer Stadtguerilla nach lateinamerikanischem Vorbild. Dieser Plan wurde jedoch durch die Verhaftung Andreas Baaders, des führenden Mitglieds der Gruppe, durchkreuzt. Er war nach einem Hinweis des V-Manns Peter Urbach bei einer fingierten Verkehrskontrolle verhaftet worden.

Die erste Generation

Ulrike MeinhofEine formelle Gründung der RAF gab es nicht. Als erste Aktion und damit Geburtsstunde der RAF gilt allgemein die Baader-Befreiung am 14. Mai 1970. Andreas Baader war in das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen in Berlin ausgeführt worden, weil die Journalistin Ulrike Meinhof als Vorwand angegeben hatte, mit ihm ein Buch über Heimzöglinge verfassen zu wollen. Bei dieser Gelegenheit wurde er unter Anwendung von Waffengewalt befreit. Dabei wurde der Institutsangestellte Georg Linke durch einen Schuss schwer verletzt.

Am 5. Juni 1970 erschien in der Zeitschrift Agit 883 als erste öffentliche programmatische Erklärung der RAF der Text Die Rote Armee aufbauen!

Von Juni bis August 1970 hielten Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof, Horst Mahler, Peter Homann, Brigitte Asdonk und etwa ein Dutzend weitere Personen sich in einem Camp der Al-Fatah in Jordanien auf und erhielten dort eine militärische Ausbildung.

In der Aufbauphase zog die Gruppe die Aufmerksamkeit des Staates zunächst durch mehrere Banküberfälle, Fahrzeug- und Dokumentendiebstähle auf sich, die vor allem das Ziel hatten, das Leben im Untergrund aufrecht zu halten. So wurden beispielsweise am 29. September 1970 beim angeblichen „Dreierschlag“ mit mindestens 16 Tatbeteiligten in Berlin drei Banken gleichzeitig überfallen und dabei über 209.000 DM erbeutet. Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL lagen nur zwei Überfälle in der Verantwortung der RAF, der dritte Überfall wurde von der anarchistischen "Bewegung 2. Juni" begangen. Am 9. Oktober 1970 wurden Horst Mahler, Irene Goergens, Ingrid Schubert, Brigitte Asdonk und Monika Berberich in der Knesebeckstraße 89 in Berlin in Folge der Überfälle verhaftet.

Im April 1971 trat die RAF mit dem Strategiepapier Das Konzept Stadtguerilla an die Öffentlichkeit. Kurz darauf wurde eine bundesweite Fahndung nach den mittlerweile etwa fünfzig Gruppenmitgliedern gestartet. Der harte Kern der ersten Generation bestand aus Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Holger Meins, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe.

Die verschärften Fahndungsmaßnahmen der Polizei und der bereits in den Strategiepapieren angekündigte bewaffnete Widerstand der RAF-Mitglieder gegen Festnahmen forderten bald Todesopfer. Am 15. Juli 1971 wurde Petra Schelm erschossen, am 22. Oktober und 22. Dezember des Jahres die Polizisten Norbert Schmid und Herbert Schoner. Am 1. März 1972 kam in diesem Zusammenhang erstmals eine Person durch die Polizei ums Leben, die mit der RAF nichts zu tun hatte, der siebzehnjährige Lehrling Richard Epple.

1972 ging die Gruppe dazu über, auch Bombenanschläge gegen US-Militäreinrichtungen oder staatlichen Einrichtungen zu verüben. Bei fünf Sprengstoffanschlägen wurden 1972 insgesamt vier Menschen getötet und über 30 verletzt. Am 11. Mai 1972 verübte das Kommando Petra Schelm auf das Foyer des Terrace Clubs (ehemals I.G.-Farben-Haus) ein Bombenattentat, bei dem der amerikanische Oberstleutnant Paul A. Bloomquist getötet und weitere dreizehn Personen verletzt wurden. Im Juni 1972 wurden die wesentlichen Protagonisten der ersten Generation verhaftet.

Im Gefängnis bezeichneten die Terroristen ihre Haftbedingungen als „Isolationsfolter“ und forderten unter anderem deren Aufhebung und den Status von Kriegsgefangenen. Zur Untermauerung ihrer Forderungen traten sie insgesamt zehn Mal in den Hungerstreik, an dessen Folgen Holger Meins am 9. November 1974 in der Haftanstalt Wittlich starb. amnesty international kritisierte die Haftbedingungen als Isolationshaft und beschwerte sich offiziell bei Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel (SPD), der die Vorwürfe jedoch Startseitewies.

1978 vertrat der RAF-Aussteiger Horst Mahler die Ansicht, dass der Vorwurf der Folter durch Isolation zwar von 1971–1974 berechtigt war, danach jedoch nur noch der Propaganda gedient habe.

Die Aktivitäten der Inhaftierten bewirkten, mit Hilfe ihrer Verteidiger wie beispielsweise der später selbst angeklagten Rechtsanwälte Klaus Croissant und Siegfried Haag auch breitere Resonanz in der linken Szene. Zu den renommierten Anwälten der ersten RAF-Generation gehörten die späteren Politiker Otto Schily, Hans-Christian Ströbele und Rupert von Plottnitz sowie der angesehene Jurist Hans Heinz Heldmann.

Es kam auch zur öffentlichkeitswirksamen Intervention des französischen Philosophen Jean-Paul Sartre, der in der Auseinandersetzung um die RAF-Gefangenen zu vermitteln versuchte. Am 4. Dezember 1974 besuchte Sartre Baader in der JVA Stuttgart in Stammheim. Allerdings bezeichnete er nach dem Treffen in einer privaten Äußerung Baader als „Arschloch“.

Im Mai 1975 wurden die Festgenommenen angeklagt und im April 1977 nach 192 Prozesstagen im Stammheimer Prozess unter anderem wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Ulrike Meinhof war bereits am 29. November 1974 zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Führende Mitglieder der ersten Generation starben zwischen 1976 und 1977 im Hochsicherheitstrakt der JVA Stuttgart nach offizieller Darstellung durch Suizid. Am 9. Mai 1976 starb Ulrike Meinhof. Laut offiziellen Berichten hatte sie sich mit einem in Streifen gerissenen Handtuch selbst am Zellenfenster erhängt. Nach dem Scheitern des Versuchs der zweiten RAF-Generation, die verbliebenen Gefangenen im sogenannten Deutschen Herbst freizupressen, begingen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der sogenannten Todesnacht von Stammheim am 18. Oktober 1977 laut Gutachten Selbstmord. Raspe und Baader erschossen sich danach mit Waffen, die von Rechtsanwalt Arndt Müller eingeschmuggelt worden wären. Ensslin erhängte sich danach mittels eines Kabels. Irmgard Möller fügte sich laut Gutachten mit dem anstaltseigenen Besteckmesser vier Stichverletzungen in der Herzgegend zu, die jedoch nicht tödlich waren. Wenige Wochen später, am 12. November 1977, erhängte sich auch RAF-Gründungsmitglied Ingrid Schubert in ihrer Zelle in der JVA München. Die These von den Selbstmorden wurde jedoch angezweifelt. Angebliche Ungereimtheiten werden von interessierten linken Kreisen zur Mythosbildung als nicht entkräftet behauptet.

Demnach sollen Veröffentlichungen aus dem Jahr 2007 zeigen, dass die RAF-Gefangenen in der JVA Stuttgart auch während des Deutschen Herbstes 1977 und unmittelbar vor und unter Umständen sogar während der Todesnacht von Stammheim durch Mikrofone in den Zellen und auch durch Abhörvorrichtungen an der von den Gefangenen hergestellten Wechselsprechanlage abgehört wurden. Bisher wird bestritten, dass die Behörden von den Schusswaffen im Hochsicherheitstrakt wussten. Es scheine jedoch erwiesen, dass die Behörden zahlreiche Hinweise auf einen geplanten Suizid der Gefangenen ignorierten. Bis heute sei nicht klar, warum die Gefangenen nicht an ihren Vorhaben gehindert wurden, so die kolportierte Grundlage für den Mythos RAF.

Die zweite Generation

Die zweite Generation bildete sich nach der Festnahme des größten Teils der ersten Generation, die vom Gefängnis aus eine große propagandistische Wirkung erzielte. Viele der Mitglieder der zweiten Generation entstammten dem am 12. Februar 1970 gegründeten Sozialistischen Patientenkollektiv (SPK) oder wurden von den Rechtsanwälten der ersten Generation Siegfried Haag und Klaus Croissant, die später selbst in den Untergrund gingen, rekrutiert. Die Gruppe um Siegfried Haag wurde in den Medien als „Haag-Mayer-Bande“ bezeichnet.

Am 27. Februar 1975, drei Tage vor der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses, wurde der Spitzenkandidat der Berliner CDU Peter Lorenz von Mitgliedern der Bewegung 2. Juni entführt. Die Entführer forderten die Freilassung inhaftierter Terroristen. Die Bundesregierung ging zum einzigen Mal auf einen derartigen Freipressungsversuch ein. Verena Becker, Gabriele Kröcher-Tiedemann, Ingrid Siepmann, Rolf Heißler und Rolf Pohle wurden nach Aden im Jemen ausgeflogen, im Gegenzug wurde Lorenz am 4. März 1975 freigelassen. Die Tatsache, dass einige der freigelassenen Gefangenen später wieder terroristisch aktiv wurden, bestärkte die Bundesregierungen, sich nicht wieder auf Verhandlungen mit Terroristen einzulassen.

Nach dieser Erfahrung wurde für die zweite Generation der Rote Armee Fraktion die Befreiung der inhaftierten ersten Generation zum wichtigsten Ziel. Am 24. April 1975 kam es zur Geiselnahme von Stockholm. Sechs RAF-Terroristen besetzten Teile der westdeutschen Botschaft in Stockholm und forderten die Freilassung der inhaftierten RAF-Spitze. Nach der Ermordung zweier Diplomaten endete die Geiselnahme blutig, weil ein Sprengsatz, den die Terroristen zur Drohung im Gebäude anbringen wollten, versehentlich detonierte und das gesamte Gebäude in Brand setzte. Die Terroristen Ulrich Wessel und Siegfried Hausner starben infolge der Explosion. Während des Brandes konnten die übrigen Geiseln entkommen, die Täter wurden verhaftet. Beteiligt waren Hanna Krabbe, Karl-Heinz Dellwo, Lutz Taufer und Bernhard Rössner, die von Siegfried Haag angeworben waren, der selbst nicht an der Aktion teilnahm. Wegen seiner Mitarbeit an der Planung des Verbrechens wurde Haag aber später als Mittäter verurteilt.

Am 30. November 1976 wurde ein Führungsmitglied der zweiten Generation, Andreas Baaders Anwalt Siegfried Haag, verhaftet. Die sogenannten „Haag-Mayer-Papiere“ wurden gefunden. Die Papiere enthielten Planungen für die Anschlagsserie des Jahres 1977. Den Ermittlern gelang es jedoch nicht, die kodierten Papiere rechtzeitig zu entschlüsseln. Nach Haags Verhaftung übernahm die gerade aus der Haft entlassene Brigitte Mohnhaupt die Führung der zweiten Generation der RAF.

Am 7. April 1977 wurden Generalbundesanwalt Siegfried Buback, sein Fahrer Wolfgang Göbel und der Leiter der Fahrbereitschaft der Bundesanwaltschaft Georg Wurster ermordet. Auf dem Weg zur Arbeit war sein Mercedes von einem Motorrad aus mit fünfzehn Schüssen aus einer Maschinenpistole angegriffen worden. Wer auf dem Motorrad saß und wer die Todesschüsse abgab, ist bis heute ungeklärt.

Am 30. Juli 1977 wurde der Vorstandssprecher der Dresdner Bank AG Jürgen Ponto ermordet. Das RAF-Mitglied Susanne Albrecht war mit dem Bankier persönlich bekannt, so dass dieser sie in seinem Privathaus in der Oberhöchstädter Straße in Oberursel empfing. Susanne Albrecht, Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar erschienen in Pontos Villa, um ihn zu entführen. Als dieser sich wehrte, schoss Klar. Daraufhin feuerte auch Mohnhaupt fünf Mal auf Ponto und traf ihn tödlich. Danach flohen Mohnhaupt, Klar und Albrecht mit dem von Peter-Jürgen Boock gesteuerten Auto.

Am 25. August 1977 scheiterte ein Anschlag auf das Gebäude der Bundesanwaltschaft.

Im sogenannten Deutschen Herbst erreichte der deutsche Terrorismus im September und Oktober 1977 seinen Höhepunkt. Am 5. September 1977 kam es zur Schleyer-Entführung, der Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer wurde in Köln entführt und bis zum 18. Oktober 1977 gefangen gehalten. Die vier Begleiter Schleyers wurden erschossen. Die Entführer forderten die Freilassung der ersten Generation der RAF. Der Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) berief daraufhin den sogenannten Großen Krisenstab ein, dem Mitglieder aller Fraktionen des Bundestages angehörten und der faktisch bis zum Ende der Krise die Regierung übernahm. Im Oktober 1977 passierte das Kontaktsperregesetz den Bundestag, das die Möglichkeit zum Verbot von Gesprächen zwischen Inhaftierten und ihren Anwälten ermöglicht. Außerdem wurde im Schnellverfahren die Strafprozessordnung dahingehend geändert, dass ein Angeklagter in einem Strafverfahren höchstens drei Rechtsanwälte benennen darf. Baader und andere hatten sich zuvor von bis zu 15 Wahlverteidigern gleichzeitig vertreten lassen. Beide Gesetze wurden bereits im Oktober 1977 gegen die RAF-Häftlinge angewandt.

Die Bundesregierung entschied sich, nicht auf die Forderungen der Entführer einzugehen. Am 13. Oktober 1977 kam es zur Landshut-Flugzeugentführung. Um den Druck auf die Bundesregierung zu verstärken, entführte eine Gruppe palästinensischer Terroristen das Lufthansa-Passagierflugzeug Landshut nach Mogadischu in Somalia und nahm insgesamt 87 Personen als Geiseln. Die Geiselnahme wurde am 18. Oktober 1977 gegen 1 Uhr durch die GSG 9 gewaltsam beendet. 86 Geiseln wurden befreit, Kapitän Schumann war zuvor bei einem Zwischenstopp erschossen worden.

Wenige Stunden nach der Befreiungsaktion begingen Baader, Ensslin und Raspe in der sogenannten Todesnacht von Stammheim kollektiven Selbstmord. Sie wurden am Morgen in ihren Zellen tot aufgefunden. Hanns-Martin Schleyer wurde erschossen, als seine Entführer vom Tod der RAF-Spitze erfuhren. Seine Leiche wurde am 19. Oktober 1977 in Mülhausen (Frankreich) aufgefunden. Die Identität des Mörders wird von den Beteiligten der Entführung bis heute geheim gehalten.

1978 gab es ein Ereignis, das nachweislich von staatlicher Seite inszeniert worden war: Das so genannte Celler Loch. Der niedersächsische Verfassungsschutz sprengte am 25. Juli 1978 ein Loch in die Außenmauer der JVA Celle, was einen Befreiungsversuch vortäuschen sollte, und schob dem einsitzenden, mutmaßlichen RAF-Mitglied Sigurd Debus Ausbruchswerkzeug unter. Angeblich sollten so V-Männer in die RAF eingeschleust werden. Die Aktion war von der Bundesregierung genehmigt.

Am Morgen des 25. Juni 1979 verübte die RAF einen Anschlag auf den NATO-Oberbefehlshaber in Europa Alexander Haig, als er auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz im NATO-Hauptquartier in Casteau, Belgien war. Die Terroristen hatten ein unter der Straße verlaufendes Rohr mit Sprengstoff gefüllt und die Ladung gezündet, als Haigs Wagenkolonne die Stelle passierte. Sein Mercedes wurde zwar getroffen und zerstört, jedoch konnten sich Haig und sein Fahrer unverletzt in Sicherheit bringen.

Die Bilanz der RAF der Jahre 1978 bis 1982 ist geprägt vom Leben im Untergrund und vom Fahndungsdruck. Viele Gruppenmitglieder hielten sich zwischenzeitlich im Nahen Osten auf. Die ständig konspirativ im Untergrund lebenden Mitglieder fanden kaum noch Quartiere in der Bundesrepublik und wurden bis 1982 nach und nach verhaftet. Nach der Verhaftung von Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar im November 1982 konstatierte BKA-Chef Horst Herold: „Die alte RAF ist zu Ende gegangen“ und ging in den Ruhestand.

Mitglieder der zweiten Generation erfuhren in dieser Zeit organisatorische und finanzielle Hilfe aus der DDR. Zehn sogenannte RAF-Aussteiger tauchten mit Hilfe der Staatssicherheit in der DDR unter. Noch vor der Wiedervereinigung wurden sie im Juni 1990 enttarnt, festgenommen und an die Bundesrepublik ausgeliefert.

Die dritte Generation

Die Mitglieder der so genannte dritten Generation der RAF sind kaum bekannt. Nicht einmal die Hälfte der bis zu 20 Mitglieder der dritten RAF-Generation kennt die Bundesanwaltschaft mit Namen. Nur Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld werden dezidiert der Kommandoebene zugerechnet. Von den zehn Morden zwischen 1985 und 1993 ist lediglich bei einem der Täter bekannt.

Anders als in den 1970er Jahren war die RAF auch innerhalb der radikalen Linken isoliert und konnte auf kein Sympathisantennetz zugreifen. Durch die Enttarnung der zehn DDR-Aussteiger im Juni 1990 geriet auch die noch verbliebene RAF in eine Krise. 1990 bot Bundesjustizminister Klaus Kinkel (FDP) den RAF-Häftlingen Haftentlassung an, wenn die Illegalen von weiteren Aktionen absähen. Die RAF ging indirekt darauf ein und erklärte 1992 "die Eskalation Startseitenehmen" zu wollen. Heute ist bekannt, dass die so genannte Kinkel-Initiative einen Bruch unter den RAF-Häftlingen auslöste. Während Brigitte Mohnhaupt und andere das Angebot Startseitewiesen, wollten Karl-Heinz Dellwo, Lutz Taufer und andere darauf eingehen. Im selben Jahr gelang es dem Verfassungsschutz, einen V-Mann in das direkte Umfeld der Gruppe einzuschleusen. Am 27. Juni 1993 sollten auf dem Bahnhof von Bad Kleinen Grams und Hogefeld gestellt werden. Der V-Mann Klaus Steinmetz hatte das Treffen mit den beiden Gesuchten arrangiert. Obwohl über 100 Polizisten, darunter 39 GSG-9-Beamte und der V-Mann anwesend waren, gelang es nicht, Grams und Hogefeld geordnet festzunehmen. Es kam zu einem Schusswechsel, bei dem ein Polizist und Grams starben. Die Aktion hatte den Rücktritt von Bundesinnenministers Rudolf Seiters zur Folge. Innerhalb der RAF-Mitglieder verschärften sich die Auseinandersetzungen. Im April 1998 verkündete die RAF ihre Selbstauflösung.

Die dritte Generation, nach Informationen des Verfassungsschutzes ein Zusammenschluss von bis zu 20 Personen und 250 Unterstützern, wird für die Ausführung von Sabotageakten und für mehrere Mordanschläge verantwortlich gemacht, denen Persönlichkeiten der bundesdeutschen Politik und Wirtschaft zum Opfer fielen. Der harte Kern soll etwa 15–20 Personen umfasst haben. In einer im Mai 1982 veröffentlichten Schrift (Mai-Papier) hatte die RAF eine Änderung ihrer Zielsetzung angekündigt. Dabei stand nicht mehr der Begriff „Big Raushole“ im Vordergrund, also die Befreiung der inhaftierten Mitglieder der ersten Generation, sondern präzise geplante Angriffe und Kooperationen mit anderen westeuropäischen Terrorgruppen des linken Spektrums, wie der Action Directe in Frankreich, den Brigate Rosse in Italien und den Cellules Communistes Combattantes in Belgien.

Am Morgen des 1. Februar 1985 wurde Dr. Ernst Zimmermann, Chef des Rüstungskonzerns MTU in seinem Haus erschossen. Die Täter sind bis heute unbekannt.

Am 8. August 1985 wurde der US-Soldat Edward Pimental von Birgit Hogefeld oder Eva Haule mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet, um seiner Identification Card beraubt zu werden. Daraufhin kam es am 9. August 1985 zum Sprengstoffanschlag auf die Rhein-Main Air Base. Bei dem Anschlag kamen zwei Menschen ums Leben und elf wurden verletzt. Die Bekennerschreiben trugen die Embleme der RAF und der Action Directe. Der Mord an Pimental wurde in der linken Szene heftig kritisiert, weil er als einfacher Soldat, der lediglich wegen seiner Zutrittsberechtigung zur Luftwaffenbasis ins Visier der Terroristen geraten war, nicht dem herkömmlichen Feindbild entsprach. Später bezeichnete die RAF den Mord als politischen Fehler.

Am 9. Juli 1986 wurde der Siemens-Manager Karl Heinz Beckurts zusammen mit seinem Chauffeur Eckhard Groppler in Straßlach durch einen Bombenanschlag des „Kommandos Mara Cagol“ der RAF getötet. Der einzige Verdächtige für diese Tat war der 1999 von der Polizei in Wien erschossene Horst Ludwig Meyer.

Am 10. Oktober 1986 wurde der Diplomat im Auswärtigen Amt Gerold von Braunmühl vor seinem Wohnsitz in Bonn-Ippendorf von zwei Personen erschossen. Die Täter konnten bis dato nicht identifiziert werden.

Am 30. November 1989 wurde der Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, in Bad Homburg durch eine Bombe, die sich auf einem präparierten Fahrrad am Straßenrand befand, getötet. Sein Chauffeur wurde nur leicht verletzt. Die Täter sind bis heute unbekannt.

Am 1. April 1991 wurde Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder ermordet. Seine Ehefrau wurde verletzt. Der oder die Täter konnten bis heute nicht ermittelt werden. Zehn Jahre später meldete das Bundeskriminalamt, dass durch DNA-Analyse von am Tatort gefundenen Haaren Wolfgang Grams als Beteiligter in Frage komme. Der Wert der Analyse geriet allerdings in die Kritik.

In der Nacht vom 26. auf den 27. März 1993 kam es zu dem Sprengstoffanschlag gegen die JVA Weiterstadt. Über 200 Kilogramm Sprengstoff wurden verwendet. Drei Unterkunftsgebäude und der Verwaltungstrakt wurden zerstört, der Rest der über drei Quadratkilometer großen Anlage schwer beschädigt. Der materielle Schaden betrug 100 bis 120 Millionen DM. Die JVA konnte erst 1997 in Betrieb genommen werden. Der Tatbeteiligung verdächtigt wurden Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld.

Am 27. Juni 1993 fand der GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen statt, um Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld festzunehmen. Bei der Aktion starben der 26-jährige GSG-9-Beamte Michael Newrzella und Grams, wobei die Umstände des Todes von Grams umstritten sind. Als Folge der Aktion trat Innenminister Rudolf Seiters von seinem Amt Startseite.

Am 15. September 1999 wurden Andrea Klump und Horst Ludwig Meyer von der österreichischen Polizei aufgegriffen. Bei einem Schusswechsel kam Meyer ums Leben. Ihm wurde vorgeworfen, an der Ermordung Beckurts' teilgenommen zu haben – aufgrund seines Todes kam es jedoch nicht zu einem Prozess.

1992 und 1997 präsentierten die Journalisten Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgraeber und Ekkehard Sieker – unter anderem in einem Fernsehbeitrag der ARD-Sendung Monitor – die kontroverse These vom RAF-Phantom. Demnach habe die dritte Generation der RAF nicht existiert und die ihr zugeschriebenen Morde seien von Geheimdiensten durchgeführt worden.

Auflösung der RAF

Am 20. April 1998 ging bei Reuters in Köln ein achtseitiges, als authentisch eingestuftes Schreiben ein, in dem die RAF ihre Selbstauflösung verkündete. Darin heißt es:

„Vor fast 28 Jahren, am 14. Mai 1970, entstand in einer Befreiungsaktion die RAF. Heute beenden wir dieses Projekt. Die Stadtguerilla in Form der RAF ist nun Geschichte.“

Die Erklärung endet mit dem Gedenken an die Toten aus den eigenen Reihen, einer Liste von 26 Namen aus der Bewegung 2. Juni, der Revolutionären Zellen und der RAF selbst. Die 34 Opfer der RAF werden nicht erwähnt. Den Schlusspunkt bildet ein Zitat von Rosa Luxemburg:

„Die Revolution sagt:
ich war
ich bin
ich werde sein“

Die angebliche vierte Generation

Im Jahr 2001 kam das Gerücht auf, die RAF habe sich neu gegründet und neue Täter würden auf die immer noch vorhandene Logistik der alten RAF zugreifen. Dieses gilt jedoch weithin als Übertreibung. Nach Ermittlungsstand der Behörden ist lediglich bewiesen, dass zwei noch nicht gefasste Mitglieder der RAF, die der dritten Generation zugerechnet wurden, ein Jahr nach der Selbstauflösung einen Geldtransporter überfielen.

Im November 2000 wurde der Haftbefehl gegen Ernst Volker Staub und Daniela Klette vom Bundesgerichtshof wegen des Verdachts der Bildung einer neuen terroristischen Vereinigung und schweren Raubes erweitert. Beide hatten am 20. Juli 1999 einen Geldtransport in Duisburg mit einer Panzerfaust und einem Schnellfeuergewehr überfallen und dabei mindestens 1 Million D-Mark erbeutet. Am 6. Februar 2001 leitete die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen der erneuten Gründung einer terroristischen Vereinigung gegen Staub und Klette ein. Es bestünden Anhaltspunkte für die Gründung dieser Gruppe im Jahre 1999. Diese Gruppe könne noch auf Infrastrukturen der alten RAF, insbesondere Waffenverstecke und konspirative Wohnungen Startseitegreifen.

Seit der Mitteilung über die Eröffnung des Strafverfahrens wegen der Neugründung einer terroristischen Vereinigung 2001 wurde in der Öffentlichkeit nichts über den weiteren Verlauf oder weitere Hinweise auf das Bestehen dieser neuen Organisation bekannt. Eine vierte Generation hat es somit wahrscheinlich nie gegeben.


Nach der freien Enzyclopädia Wikipedia - Der Text steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation.

kostenlose counter
.